Bride 02 - Tempel Der Liebe
vertraute Duft gab ihr das Gefühl von Geborgenheit.
Er wiegte sie hin und her. Eine Weile lang sprach keiner von ihnen ein Wort. Das einzige Geräusch war das Trommeln des Regens auf dem Schieferdach. Sie vermutete, dass Kyle sich wie sie allmählich von dem Schrecken des Erlebten und der ausgestandenen Todesangst erholte.
Er war nicht so unterkühlt wie sie. Sein Körper wärmte sie langsam auf. Flüsternd sagte sie: »Ich kann kaum glauben, was geschehen ist. Dass zwei Männer draußen tot im Regen liegen.«
»Bei Gott, ich wünschte, es wäre nicht passiert«, sagte er ernst. »Wenn ich bedenke, dass meine Worte in Kanton Erschütterungen auslösten, die sich um die halbe Welt ausbreiteten und dich beinahe getötet hätten ...« Seine Arme legten sich fester um sie.
Sie öffnete die Augen, um das Bild von Logan loszuwerden, wie er mit blutendem Oberkörper nach hinten kippte. »Wir haben überlebt, und ich bedauere nicht, dass Logan tot ist. Wenn er die falsche Nachricht nicht geschickt hätte, wäre mein Vater vielleicht noch am Leben.«
Vorsichtig strich er über ihren Nacken und Rücken, knetete beides, damit das taube Fleisch wieder durchblutet wurde. »Mir tut keiner von beiden Leid«, sagte er. »Ich bin sicher, dass Scouse mehr Sünden als genug begangen hat. Und was Logan angeht, so war er nicht nur indirekt für den Tod deines Vaters verantwortlich, sondern er hat dich in China durch seine Handlungsweise an den Rand der Sklaverei gebracht und dir hier ein Leben in Liebe und Geborgenheit vorenthalten.«
Sie dachte darüber nach, wie es gewesen wäre, wenn sie in der Familie ihres Vaters aufgewachsen wäre. Frisches Buttergebäck und Graupensuppe, Cousins und Cousinen, die ihr wie Geschwister nahe gestanden hätten. Aufnahme und Anerkennung. »Mit ihnen zu leben wäre traumhaft gewesen, und bei weitem leichter als mein Leben in China«, sagte sie langsam. »Und trotzdem bedauere ich nicht, dass mein Weg mich stattdessen nach Kanton geführt hat. Wenn ich dort nicht so viele Jahre gelebt hätte, wäre das Chinesische in mir verloren gegangen. Jetzt bin ich wahrhaft beides. Chinesin und Schottin.«
Er lachte ein wenig. »Und dafür sei Gott gedankt. Auf der ganzen Welt gibt es keine Frau wie dich, Troth Mei-Lian Montgomery.«
»Wahrscheinlich nicht.« Und es gab keinen zweiten Mann auf der Welt, der ihre beiden Seiten so annehmen würde wie Kyle. Die Montgomerys betrachteten sie in erster Linie als Schottin, mit einem fremden, aber harmlosen Einschlag. In Chenquas Augen war sie ein seltener Vogel, aber nützlich. Sie hatte seinen Schutz und seine Achtung auf Grund ihrer ungewöhnlichen Fähigkeiten und der Tatsache verdient, dass sie Hugh Montgomerys Tochter war.
Aber Kyle hatte ihr als Gleichgestellter vertraut, sie in den Kampf gegen den Feind geschickt, da sie erfolgreicher angreifen konnte als er. Und als sie dem sicheren Tod ins Auge gesehen hatte, hatte er Logans todbringende Schüsse auf sich gelenkt. Er hätte getötet werden können ...
Er spürte, wie sie zitterte. »Frierst du immer noch?«
»Nein. Es ist alles gut.« Mehr als gut. Sie war in Kyles Armen.
Ihr Haarband war längst verloren gegangen. Er strich ihr die feuchten Strähnen aus dem Gesicht. »Gefahr schärft die Gedanken. Als ich dachte, du würdest sterben, wurde mir bewusst, wie sehr ich dich liebe. Willst du mich heiraten, dieses Mal mit allen erforderlichen Formalitäten?«
Sie zog den Kopf zurück, damit sie sein Gesicht sehen konnte. »Ich dachte, du könntest nie wieder lieben.«
»Das habe ich auch gedacht«, sagte er ironisch. »Manchmal bin ich eben schwer von Begriff. Ich wusste, dass ich für dich Leidenschaft und Zuneigung empfand, wie ich es all die Jahre nicht gekannt hatte, und dass ich mich nach deiner Nähe sehnte. Aber da sich meine Gefühle für dich nicht mit meiner Liebe zu Constancia vergleichen ließen, war ich überzeugt, dass es nicht die Liebe sein konnte, die du verdienst.«
Wahrscheinlich war es unvermeidlich, dass Constancias Geist immer zwischen ihnen stand, dachte sie. »Ich kann die Zweitbeste sein, so lange Sie mich lieben, Mylord.«
»Du bist nicht die Zweitbeste!« Er nahm ihr Gesicht in die Hände. »Liebe kann nicht gemessen und gewogen werden und niemals sollte man sie vergleichen. Constancia war mein Herz und du, mein Geliebtes, bist meine Seele.« Sein Mund schloss sich über dem ihren. Wahr und süß mit einem Versprechen, das sich nicht in Worte fassen ließ.
Der Atem stockte
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