Bridget Jones 03 - Verrückt nach ihm
tragen, Madam?« Und hinten rief jemand: »Bridget!« Es war Farzia Seth, Bikrams Mum. »Komm doch her und setz dich zu uns.«
Fürs Erste war ich gerettet, denn die Ehemänner hatten sich sozusagen in ihre Hälfte zurückgezogen, damit die Weiber quatschen und den herumtollenden Nachwuchs mit kleinen Häppchen füttern konnten.
Vor Beginn des eigentlichen Konzerts stellte sich Nicolette, die natürlich auch Vorsitzende des Musik-Komitees war, auf die Bühne und hielt eine megapeinliche Lobrede auf Mr Wallaker: »Denn ohne ihn, wo wären wir, was hätten wir ohne ihn …?«
»Ohne ihn hätten wir vor allem kein nasses Höschen, meine Süße«, murmelte Farzia. »Jaja, wie man doch seine Ansichten ändern kann vor so einem idyllischen Landsitz.«
»Glaubst du, das Haus gehört ihm ?«, fragte ich.
»Keine Ahnung. Auf jeden Fall hat er es organisiert. Und Nicolette kriecht ihm so was von in den Arsch. Frage mich, was die orangefarbene Gattin dazu sagt.«
Endlich war Nicolette fertig. Mr Wallaker betrat die Bühne, stellte sich vor sein Orchester und besänftigte den aufbrandenden Applaus.
»Danke schön«, sagte er mit einem süffisanten Lächeln. »Besser hätte ich das selber nicht ausdrücken können. Doch deswegen sind Sie nicht gekommen. Sie sind hier, um Ihre außergewöhnlichen Kinder zu hören.«
Unmittelbar darauf hob er den Dirigentenstab, und mit einer mächtigen, wenn auch leicht schiefen Fanfare legte die Big Band los. Doch im sanften Abendlicht verbreitete die Musik trotzdem einen einzigartigen Zauber.
Zwar war die Flötengruppe einem Stück wie Age of Aquarius nicht wirklich gewachsen, und an mehreren Stellen wurde im Publikum gelacht. Aber das war mir recht, ich lachte gerne mit, da ich wusste, dass ich bei Billys Auftritt vor Angst sterben würde. Er trat erst gegen Ende auf und war einer der Jüngsten. Geradezu zitternd verfolgte ich, wie er mit seinem Notenblatt auf die Bühne trat und sich neben den Flügel stellte. Er sah so klein und verängstigt aus, dass ich ihn am liebsten geschnappt und in Sicherheit gebracht hätte. Nach ihm kam Mr Wallaker, flüsterte Billy etwas zu und setzte sich ans Klavier.
Ich wusste gar nicht, dass Mr Wallaker Klavier spielte, und schon gar nicht, wie gut. Wie durch Magie erklang unter seinen Händen ein professionelles Jazz-Intro, das er mit einem Nicken in Billys Richtung abschloss: sein Einsatz. Obwohl das Lied nicht gesungen wurde, hatte ich plötzlich jedes einzelne Wort von I’d Do Anything im Ohr. Es war Schwerstarbeit für ein Fagott, das von so einem kleinen Kerl bedient wurde, aber Mr Wallaker spielte sanft und wie selbstverständlich um kleine Patzer herum, sodass sie kaum auffielen.
I’d Do Anything , das galt auch für mich. Ich würde alles für dich tun, Billy! Tränen stiegen mir in die Augen. Mein kleiner Junge, der es so schwer hatte!
Dann brach der Applaus los. Wieder flüsterte Mr Wallaker meinem Sohn etwas zu und blickte dann zu mir. Billy platzte beinahe vor Stolz.
Zum Glück waren dann Eros und Atticus mit einer Blockflöten-Adaption des Forellenquintetts dran, reichlich prätentiös vorgetragen übrigens, wenn man sah, mit welchen Verrenkungen sie spielten. Aber zumindest kam ich von dem Mix aus Stolz und Angst wieder herunter. Und dann war alles vorbei, und Billy rannte strahlend auf mich zu, um sich die verdiente Umarmung abzuholen, ehe er wieder zu seinen Freunden verschwand.
Es war eine warme, samtene Nacht, die Luft wie Balsam, eigentlich also die Zeit für Romantik. Die anderen Eltern schlenderten Hand in Hand ans Seeufer, nur ich setzte mich allein wieder auf meine Decke und fragte mich, was ich jetzt machen sollte. Ich lechzte nach einem Drink, aber ich musste ja fahren, und so blieb mir nur der Korb mit der Cola Light und den Haferplätzchen. Ich sah zu Billy hinüber. Er tobte noch immer mit den anderen herum. Ich ging zu dem Gebüsch, wo der Korb stand, und ließ die Szenerie auf mich wirken.
Über dem Wald ging langsam ein roter Vollmond auf. Paare in Abendgarderobe lachten und herzten ihren Nachwuchs. Es war einer jener Momente, in denen Menschen auf den gemeinsamen Weg zurückblicken.
Nur ich zog mich wieder ins Gebüsch zurück, wo mich niemand sehen konnte, und wischte mir eine Träne ab. Ich trank eine halbe Flasche Cola light leer und wünschte, es wäre Wodka. Die Kinder wuchsen schneller auf, als ich gedacht hatte. Sie waren schon längst aus dem Kleinkindalter heraus. Alles ging so furchtbar schnell. Und
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