Bridget Jones 03 - Verrückt nach ihm
ich, ich war nicht einfach nur traurig, sondern hatte Angst. Ich hatte schon Angst davor, mich auf dem Rückweg zu verfahren. Angst vor den Jahren, die vor mir lagen und in denen ich vollkommen auf mich allein gestellt war. Alles musste ich allein überstehen: Konzerte, Preisverleihungen, Weihnachten, pubertierende Kinder mit ihren Problemen …
»Dumm, wenn man sich nicht einmal betrinken darf, oder?«
Mr Wallakers weißes Hemd schimmerte hell im Mondlicht. Sein halb verschattetes Profil wirkte beinahe aristokratisch.
»Alles in Ordnung mit Ihnen?«
»Ja, warum denn nicht?«, entgegnete ich und wischte mir schnell die Augen trocken. »Warum laufen Sie mir dauernd hinterher? Warum fragen Sie mich permanent, ob alles in Ordnung ist? Geht Sie das irgendetwas an?«
»Ich merke eben, wenn eine Frau zugrunde geht und dabei so tut, als ginge es ihr prima.«
Er kam einen Schritt näher. Schwer lag der Duft von Jasmin und Rosen in der Luft.
Ich hielt den Atem an. Es war, als würde der Mond uns einander näherbringen. Er streckte die Hand aus wie nach einem Kind oder einem verletzten Reh und berührte meine Haare.
»Die Nissen sind aber weg, oder?«, sagte er.
Ich hob mein Gesicht und tauchte ein in seinen Geruch, spürte seine raue Wange an meiner, seine Lippen an meiner Haut … bevor mir all die geilen Böcke auf den Kontaktseiten wieder einfielen.
»Was machen Sie da?«, schrie ich ihn an. »Nur weil ich zufällig allein bin, heißt das noch nicht, dass ich alles mit mir machen lasse. Außerdem sind Sie verheiratet. Oh, ich bin der große Mr Wallaker, ich bin zwar verheiratet, aber unwiderstehlich! Und was verstehen Sie eigentlich unter zugrunde gehen? Ich weiß, dass ich nicht die beste Mutter bin, aber Sie müssen es mir nicht noch unter die Nase reiben.«
»Billy! Deine Mum hat Mr Wallaker geküsst!«
Billy, Bikram und Jeremiah kamen aus den Büschen.
»Ah, Billy!«, sagte Mr Wallaker. »Deine Mutter hat sich nur wehgetan und …«
»Am Mund?«, fragte Billy konsterniert, worauf die anderen sich wegschmissen vor Lachen.
»Ah, Mr Wallaker, Sie habe ich gesucht!«
O Gott, jetzt kam auch noch Nicolette.
»Ich dachte, wir könnten zum Abschluss noch ein paar Worte an die Eltern richten … Bridget? Was machst du denn hier?«
»Ich suche die Haferkekse«, sagte ich locker.
»Im Gebüsch? Tut auch nicht jeder.«
»Kann ich auch einen haben? Kann ich auch einen haben?«, riefen die Jungs zum Glück und durchwühlten den Korb, was mir Gelegenheit gab, mich zu bücken und meine Verwirrung zu kaschieren.
»Ich dachte, es wäre schön, wenn wir den Abend auf diese Weise ausklingen lassen könnten. Die Leute würden Sie gerne noch einmal sehen – und hören. Sie haben ja solches Talent … meine ehrliche Meinung.«
»Weiß nicht, ob die Leute noch eine weitere Rede ertragen. Besser, Sie verabschieden sie einfach ohne großes Tamtam. Würden Sie das für mich tun, Mrs Martinez?«
»Natürlich, sofort«, sagte Nicolette kühl und sah mich giftig an, gerade als Atticus angerannt kam. »Maaamii, ich will zu meinem Therapeuten!«
»Na gut«, sagte Mr Wallaker, als sich Nicolette und die Jungs verzogen hatten. »Sie haben sich klar ausgedrückt, und ich entschuldige mich ebenso klar. Und jetzt muss ich los, um keine Rede mehr zu halten.«
Im Weggehen drehte er sich aber noch einmal um und sagte: »Nur der Vollständigkeit halber: Auch bei anderen Leuten läuft das Leben nicht immer so rund, wie es nach außen hin den Anschein hat – wenn man mal hinter die Fassade schaut.«
MACKER
Freitag, 5. Juli 2013
Dating-Seiten nachgeguckt: 5; zwinkernde Smileys: 0; Nachrichten: 0; Likes: 0; Online-Shopping-Seiten besucht: 12; Wörter in neuer Drehbuchversion: 0.
9.30 Uhr. O. Mein. Gott! Was jetzt? Ich gehe also zugrunde. Dieses Arschloch, dieser lüsterne sexistische Schweinehund. Trotzdem, muss mich jetzt darauf konzentrieren, mehr Schub in die Hedda zu kriegen. Soll heißen, sämtliche von dieser Saffron versauten Hedda-Stellen wieder in ihre ursprüngliche Form zu bringen. Was eigentlich Spaß machen sollte.
9.31 Uhr. Der Vorteil dieser Dating-Seiten ist: Sobald man sich einsam fühlt, kommt man mit einem Klick in eine Art Süßwarenladen für Erwachsene. Auf einen Schlag gibt es Millionen Möglichkeiten, neue Leute kennenzulernen, zumindest theoretisch. Ich sehe förmlich vor mir, wie in Tausenden von Büros landauf, landab heimlich auf Match.com oder OkCupid nachgeguckt wird, wodurch wieder Schwung in den
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