Bridget Jones 03 - Verrückt nach ihm
gemäßigten Zonen zu halten, nach außen hin waren wir nur gute Freunde. Aber genau das machte es erst so richtig erotisch. Kurz vor dem Aufbruch ging ich auf die Toilette und rief Talitha an.
»Trau deinem Instinkt, Schätzchen. Wenn du meinst, es ist okay, dann los. Sollte es irgendein Problem geben, ruf an, ich bin da.«
Dann standen wir draußen im Gedränge von Soho, doch diesmal war Freitag und die Aussicht auf ein Taxi völlig illusorisch. Er sagte: »Und wie kommst du jetzt nach Hause? Die U-Bahn fährt nicht mehr.«
Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Nach all den Vorbereitungen (Daumen-Massage inklusive), nach tausend Telefonaten, dem ganzen Hin und Her sollten wir tatsächlich nicht mehr sein als gute Freunde? Schöne Pleite.
»Jonesey«, sagte er, »bist du schon einmal mit einem Nachtbus gefahren? Ich wüsste nämlich nicht, wie ich dich anders nach Hause kriegen soll.«
Im Nachtbus fühlte ich mich auf eigenartige Weise mit den anderen Fahrgästen verschmolzen. Die Menschen dort bildeten eine Gemeinschaft, wie sie im normalen Leben praktisch nie vorkommt. Roxster hingegen wirkte besorgt, so, als sei dieses Transportmittel seine Schuld.
»Alles in Ordnung?«, flüsterte er.
Ich nickte froh und wünschte nur, ich wäre Roxster so nah wie dieser komischen Frau neben mir. Die Tuchfühlung war nämlich latina-lesbenmäßig eng.
Der Bus hielt, Leute stiegen aus, und Roxster erkämpfte sich einen freien Platz, aber auf eine rüde Art, die ich von ihm gar nicht kannte. Dann, als alle ringsum Platz genommen hatten, stand er auf und setzte mich dorthin. Ich lächelte zu ihm hoch, stolz über meinen ebenso schönen wie energischen jungen Freund. Er jedoch sah mich erschrocken an. Kein Wunder, denn eine Frau erbrach sich soeben lautlos auf meinen Stiefel. Roxster schaffte es nur mit Mühe, nicht laut loszulachen.
Dann kam unsere Haltestelle, und er legte beim Aussteigen den Arm um mich.
»Ein Abend ohne Kotzen ist kein Abend mit Jonesey«, sagte er. »Warte mal kurz.« Er ging in einen Nacht-Supermarkt und kam mit einer Flasche Evian und einer Handvoll Papierservietten zurück.
»Es empfiehlt sich, glaube ich, so etwas stets bei sich zu haben. Steh still.«
Er goss Wasser über meinen Stiefel, kniete vor mir nieder und wischte die Kotze weg. Es war unglaublich romantisch.
»Jetzt rieche ich nach Kotze«, bemerkte er.
»Wir waschen es zu Hause ab«, sagte ich, und mein Herz raste, denn Kotze hin oder her, jetzt hatte er einen Grund, mit hereinzukommen.
Je länger wir gingen, desto aufmerksamer musterte Roxster die Gegend. Als wir vor meiner Tür standen, war ich so nervös, dass mir die Hände zitterten und ich den Schlüssel nicht mehr ins Schloss bekam.
»Lass mich das machen«, sagte er.
»Tritt doch ein«, sagte ich vollkommen idiotisch, als wären wir noch in den Siebzigern und ich die vorbildliche Gastgeberin einer Cocktail-Party.
»Soll ich mich irgendwo verdrücken, bis der Babysitter weg ist?«, flüsterte er.
»Sie sind nicht da«, flüsterte ich zurück.
»Wie, hast du etwa zwei Babysitter? Oder lässt du die Kinder ganz allein?«
»Aber nicht doch«, kicherte ich. »Sie übernachten bei ihren Pateneltern«, antwortete ich strategisch, um Roxster nicht unter die Nase zu reiben, dass da ein Nebenbuhler namens Daniel existierte – zumindest bis er Näheres über ihn wusste.
»Das heißt, wir haben das Haus für uns!« Roxster war begeistert. »Dann möchte ich mir als Erstes die Kotze abwaschen.«
Ich führte ihn zum Gästeklo und rannte schnell nach unten ins Souterrain, wo ich mir die Haare durchkämmte, Rouge nachlegte und das Licht dimmte. Bei dieser Gelegenheit fiel mir auf, dass Roxster mich noch nie bei Tageslicht gesehen hatte.
Plötzlich sah ich mich selbst wie in einem dieser alten Schwarzweißfilme: Ich war eine dieser tragisch verlebten Frauen, Gespenster eher, die ihr Dasein nur noch im Haus und bei geschlossenen Gardinen zubringen. An ihre Haut lassen sie nur Kerzenlicht oder den Schein des Kaminfeuers, und wenn Besuch kommt, werden sie so hektisch, dass sie sich nicht einmal die Lippen nachziehen können, ohne alles zu verschmieren – und aussehen wie verwundet.
Und auch Mark gegenüber fühlte ich mich schuldig. Ich war ihm nämlich nicht nur untreu, ich war weit, weit entfernt von allem, das ich kannte. Ich war dabei, von einer Klippe zu springen, und das ist bekanntermaßen eine riskante Sache. In mir zog sich alles zusammen, und ich beugte mich über
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