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Brigade Dirlewanger

Brigade Dirlewanger

Titel: Brigade Dirlewanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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wurden registriert, seine Identität von der Rotkreuzschwester, die er in Kiew überfallen hat, und einem Dutzend anderer Zeugen bestätigt.
    Aumeier ist, ebenso wie der Kronzeuge Kleinschmidt, in hauseigenen Zellen des Kellers untergebracht. Kleinschmidts Aussagen sind geschickt redigiert: ihr Eifer gebremst, ihr Überschwang reduziert.
    Gute Arbeit, denkt der Oberst und findet in den Akten noch Vermerke über den Gesundheitszustand Aumeiers, über die Dauer der Vernehmung, über die Sonderverpflegung der Sachbearbeiter. Nichts ist ausgelassen, nicht die doppelte Zigarettenration. Meine Schule, stellt Prinz fest …
    Um achtzehn Uhr ist noch eine letzte Besprechung mit den Mitarbeitern angesetzt. Heute können die Akten geschlossen werden. Die Luftwaffe hat ohne weitere Rückfrage für den nächsten Tag ein Sonderflugzeug für Oberst Prinz zur Verfügung gestellt.
    »Melden Sie mich zum Rapport beim Reichsführer SS an«, befiehlt Prinz jetzt seinem Adjutanten.
    »Wann?« fragt der Leutnant zurück.
    »So bald wie möglich«, erwidert Prinz barsch. Dann schließt er sich wieder mit seinen Sachbearbeitern ein, um den Schlußbericht noch einmal Punkt für Punkt durchzugehen …
    Des Abends erste Dunkelheit fällt wie ein riesiger lautloser Schatten über das Waldlager, legt sich dann schwer als unheimlicher Trauerflor auf die weißen Schneehauben der Hütten und Baracken. Die Kommandos der Bewährungssoldaten sind bereits vom Außendienst eingerückt und in die Unterkünfte weggetreten. Die Schornsteine fauchen Löcher in die grimmige Kälte. Stoßweise erfaßt der Ostwind den Rauch, schlägt ihn wie mit der Faust zu Boden, bläst ihn durch die leeren Lagergassen, die nach Asche und Angst riechen. Langsam treiben die Schwaden weiter, in Richtung Westen, wohin der SS-Standartenführer Dirlewanger vor zwei Tagen flog … oder flüchtete.
    Die Revolte wurde übersehen; die Bestrafung fand nicht statt. Vom Appellplatz kommt kein Geheul der Geschlagenen. Die Stehbunker sind verwaist. Und kein B-Soldat berichtet flüsternd seinem Kumpel, wie viele heute gehängt wurden. Nicht einmal eine Schauexekution, zwecks öffentlicher Abschreckung, wurde angesetzt. Und selbst die Verpflegung, die sich während der Besichtigung durch Oberst Prinz schlagartig verbessert hatte, nahm nicht wieder den alten Pegelstand der Wassersuppe an.
    Sie rückten aus. Sie machten Holz. Sie führten Befehle aus, die nicht lauter als nötig und leiser als üblich gegeben wurden. Die Gesichter des Stammpersonals blieben starr, undurchdringlich, gewaltsam beherrscht. Sie wirkten wie Dampfkessel, die den Überdruck nicht erkennen ließen, der sie zum Platzen bringen mußte. Sie zeigten selbst dann noch wenig Interesse, als die Anzeigen und Denunziationen eine selbst bei Dirlewanger noch nie gehabte Blüte erreichten. Wer Dreck am Stecken hatte – und das waren fast alle B-Soldaten, mit Ausnahme des von Paul Vonwegh geführten Zugs –, wollte vorsorglich sich schon heute ein Alibi schaffen, indem er den Nebenmann für morgen der Rache auslieferte.
    Der erste Zug war heute noch einmal zur Außensicherung eingeteilt worden, dem begehrtesten Kommando. Keine Arbeit, kein Soll, nur schläfrige Wache gegen Partisanen, die in diesem Bezirk längst ausgerottet waren. Daß man diesen Druckposten einer Einheit der Brigade schon zum zweiten Mal in den faulen Schoß warf, wurde mit Recht im ganzen Lager als ein klares Zeichen der Gunst gedeutet.
    Auf einmal wußten die B-Soldaten, was sie Vonwegh verdankten. Er hatte sie im letzten Moment gebremst, mit der Faust. Und er duldet jetzt noch keine Unterschiede zwischen seinen Helfern und den Männern, die sich gegen ihn gestellt hatten. Plötzlich wünscht sich jeder ›Dirlewanger‹, im ersten Zug zu sein.
    Ohne sein Zutun hat der mittelgroße Mann, an dem alles abprallt, der nicht müde wird, vor dem sich jeder duckt, hat dieser Ausnahmemensch die Ausstrahlung stählerner Autorität. Sein Zug ist in diesen Tagen beinahe schon Stammpersonal.
    So gibt es, während die Panik durch das Lager schleicht, in Baracke VIII eine Art Freizeitgestaltung: Kirchwein, der rundliche Müller und Kordt, der Junge, klopfen Skat. Gruhnke fehlt noch. Er ist mit dem LKW nach Lahuisk gefahren, um die Post zu holen und dabei Schnaps zu organisieren. Kortetzky ist rasch genesen. Ohne dazu aufgefordert zu sein, folgt der Gorilla jetzt auf Schritt und Tritt seinem Zugführer, äußerliches Symbol primitiver Dankbarkeit. Wer den Bullen des

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