bright darkness - strahlende Dunkelheit (German Edition)
den ganzen Tag auf mich ein, lobte mich in höchsten Tönen und befragte mich auch zu privaten Dingen, was mir nicht ganz recht war. Privates erzählte ich nicht gerne, wenn ich jemanden erst so kurz kannte, und Anna sah ich erst zum zweiten Mal in meinem Leben. Sie merkte das relativ rasch und wechselte dann auch ohne Umschweife das Thema. Das Arbeiten machte irgendwie sogar richtig Spaß. Das konnte natürlich auch an meinem überschwänglichen Gemütszustand liegen. Die ausgeschütteten Endorphine verhinderten erfolgreich jegliche Trübsinnigkeit, und die Vorfreude auf den Abend im Silver und das bevorstehende Treffen mit William zauberte ein nicht abreißen wollendes Grinsen in mein Gesicht. Während ich einige Sweatshirts auspackte und der Größe und Farbe nach an den Kleiderstangen sortierte, überkam mich das Gefühl, nicht allein zu sein. Ich machte eine halbe Drehung, um zu sehen, ob ein Kunde hinter mir stand und auf meine Aufmerksamkeit wartete, doch da war niemand. Als ich mich wieder den Sweatshirts zuwandte, blieb mein Blick an einem Mann draußen vor dem Schaufenster hängen, der mit mürrischem Ausdruck durch das Fenster gaffte und eindeutig etwas beobachtete. Er hatte denselben Ausdruck in den Augen wie der grimmige Mann im Bus. Er war bestimmt jemand anderer, denn er sah jünger aus. Eine Weile stand er wie angewurzelt da und vermittelte mir ein mulmiges Gefühl, was mich veranlasste, ohne einen weiteren Gedanken an ihn zu verschwenden, den Arbeitsplatz zu wechseln. Ich packte die restlichen Sweater wieder in den Karton, trug ihn nach hinten und säuberte die Umkleidekabinen. In jeder Umkleidekabine war ein Schild angebracht, dass darauf hinwies, nicht mehr als drei Kleidungsstücke mitzunehmen. Dem Chaos nach zu urteilen, das alle paar Stunden da drinnen herrschte, verstanden die wenigsten die Bedeutung dieser wenigen Wörter. Ärgerlich nahm ich zum fünften oder sechsten Mal mehrere Shirts, Sweater, Röcke und Hosen vom Haken, ordnete sie und brachte sie möglichst knitterfrei wieder an ihren Platz um wieder durcheinander gebracht zu werden. Es war keine befriedigende Tätigkeit, ständig fremden Leuten hinterher zu räumen, aber ich erledigte es mit meinem aufgebrannten Lächeln. Und schließlich wurde ich ja dafür bezahlt.
Nach Ladenschluss hastete ich beflügelt nach Hause, nicht einmal das Grau in Grau und die drückende Wolkendecke, die aufgezogen war, beeinträchtigen meine sommerliche Laune.
Zu Hause warf ich meine Jacke achtlos auf die Kleiderablage, schleuderte die Schuhe in die nächste Ecke und huschte ins Bad. Nachdem ich den Schmutz und Schweiß des Tages abgewaschen hatte, kramte ich gedankenlos im Kleiderschrank nach passenden Klamotten. Ich durchwühlte alles Alte und Neue darin bis ich das richtige Outfit gefunden hatte, in dem ich mich wohl fühlte. Es war meine Lieblingshose, eine alte verwaschene Blue-Jeans, dazu ein kurzärmeliges schwarzes Shirt mit V-Ausschnitt, darüber eine blaue taillierte ärmellose Jeansweste und die neuen schwarzen Schuhe. Die Haare föhnte ich nur wild durch, eine hübsche Frisur konnte ich sowieso nicht hochstecken, darum trug ich sie offen. Zwei Haarsträhnen band ich mit kleinen Haarspangen rechts und links seitlich zurück. Die Augen bekamen ein bisschen Lidschatten und Wimperntusche ab, die Wangen etwas Puder und die Lippen ein wenig Farbe. Mit den Schminkutensilien ging ich wie immer sparsam um.
Pünktlich wie vereinbart stand Velisa mit Jason und Alex im Auto bereit um mich abzuholen. Alex hatte sich von der Aufregung erholt und alberte herum. Wir lachten und scherzten hemmungslos, sangen die eigenartigsten Songs aus dem Radio lautstark mit und machten uns über unsere schlechten Gesangsqualitäten lustig. Es war eine ausgelassene fröhliche Fahrt und ich fühlte mich inmitten meiner Freunde pudel wohl.
Vor dem Silver begann die Suche nach William, ich war immer noch gut gelaunt, aber etwas abwesend, weil meine Gedanken sich fast ausschließlich nur noch um ihn drehten. Es waren bereits einige Leute da und wir platzierten uns am nächstbesten freien Tisch in der Nähe der Tanzfläche. Es war gleich neben dem Tisch wo wir letztes Mal saßen, nur ein Stück weiter hinten, wo die Musik nicht ganz so stark in den Ohren dröhnte. Jason und Velisa holten uns die ersten Getränke von der Bar, während Alex und ich betreten schweigend dasaßen und durch den Raum schauten. William war noch nicht hier, ich hatte schon vom Eingang aus das ganze
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