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Bring mich heim

Bring mich heim

Titel: Bring mich heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Wagner
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abzuwenden.
    Mit verschlafenem Ton sagte ich stotternd: »Ähm ... ja ... ja. Geht gleich wieder.« Ich sammelte sämtliche Kraft in mir, versuchte mich dann diesem Blick zu entziehen. Doch ich war wie gefesselt. Es war unmöglich, nicht dieses Gesicht anzustarren. Diese Augen ... sie waren hypnotisierend, dunkel, dass man so gut wie keine Iris sah, umkreist mit diesem grauen Schimmer.
    Ich fixierte ihn, bis mir schließlich einfiel, wer er war.
    Ohne ein weiteres Wort zu sagen, drehte ich mich um und setzte mich hin.

Kapitel 9
    Samuel – Ein neuer Start
    Wien, Juni 2012
    Gehetzt rannte ich die letzten Stufen zum Bahnsteig herauf, die Rolltreppen gingen mir zu langsam. Und auf einen Aufzug hätte ich ewig gewartet. An meinem Rücken baumelte der schwere Rucksack hin und her.
    Ich schwang mich durch die Tür hinein, bevor sie sich hinter mir schloss. Das war knapp. Womöglich wäre ich etwas früher angekommen, wenn ich am Vortag nicht so lange aus gewesen wäre. Das Bett sah mich am Abend nicht mehr. In der Früh fiel mir natürlich noch ein, dass ich meine Kleidung nicht eingepackt hatte.
    Tja ... aber meine Freunde wollten ein letztes Mal mit mir ausgehen, mich gebührend verabschieden. Wie konnte ich da Nein sagen. Es gab immer einen Grund, mit ihnen zu feiern. Dieses Mal war es mein Abschied. Der Start in mein Leben, wie sie es sagten.
    Der Zug rollte an, als ich noch im Foyer angelehnt an der Wand stand, um mich wieder nach diesem Sprint zu fassen. Langsam normalisierten sich mein Puls und der Atem. Mit der rechten Hand fuhr ich mir über mein Haar, atmete ein weiteres Mal tief ein und ich ging durch die Tür zu den Sitzen. Ich war froh, dass der Zug nicht voll war. Es gab genügend ganze freie Reihen. Ich schlenderte gemächlich die Mitte entlang, als mir eine junge Frau auffiel. Eine Zeit lang stand ich da und sah sie an.
    Ich warf mein schweres Gepäck auf den Boden zwischen den Sitzen und ließ mich in die Reihe gegenüber ihrer plumpsen.
    Neugierig blickte ich abermals zu ihr herüber. Sie schlief gerade und sah dabei enorm friedlich aus. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen. Ein mehr als zufriedener Gesichtsausdruck spiegelte sich im Gesicht wider. Eins mit der Welt.
    Ich beobachtete sie intensiv, wie sich ihr Brustkorb langsam auf- und absenkte. Sah sie mir genau an. Mit ihren Händen hielt sie ein kleines schwarzes Buch fest umklammert. Ihre Finger waren schlank. Sie wirkten fast zu dünn. Die Fingernägel blutig gebissen. Wenn mich jemand so starren sah, musste es für die aussehen, als ob ich ein Stalker wäre. Das war ich nicht. Und bis dato fand ich keine Frau interessant genug, um sie mir so exakt anzusehen. Irgendetwas ließ mich jedoch nicht woandershin blicken. Meine Augen wanderten ihren Köper entlang. Sie sah ziemlich mager aus. Oder es hatte nur den Anschein, da sie eine recht lockere, fliederfarbene Langarmbluse anhatte. Ihre Beine waren im Gegensatz dazu nackt. Mein Blick blieb an ihnen kleben. Sie zeigte sehr viel. Diese grauen Shorts bedeckten gerade mal ihren Hintern. Dann kamen ewig lange Beine. Meine Gedanken versuchten auf der Stelle weiterzuwandern. Ich schüttelte meinen Kopf, damit ich wegsehen konnte. Auf ihrem Kopf trug sie eine graue Mütze. Ich verstand diese Mode mit diesen Mützen nicht. Das konnte nur unnötig heiß im Sommer sein. Zumindest wäre es nichts für mich. Ihr stand dieses Ding dennoch. Kurze blonde Haare blitzen darunter hervor.
    Was auch immer es war, das mich nicht wegsehen ließ. Ihr Gesicht war wunderschön. Mit diesen weichen Konturen. Sie hatte diese süße Stupsnase. Zartrosa Lippen. Aber da war noch mehr. Es war nicht nur das Aussehen. Es war etwas, das sie ausstrahlte. Ich konnte mich schlichtweg nicht abwenden.
    »Verdammt!«, schrie sie extrem laut. Wenn ich nicht ohnehin schon gestarrt hätte, würde ich es auf alle Fälle nach diesem Aufschrei. Es war nun nicht nur ich, der hinsah. Ebenso andere Leute stoppten ihre Unterhaltung, um sich ihren Hals zu verdrehen, um genauestens zu sehen, was geschehen war. Jedoch fragte niemand genauer nach. Der größte Teil drehte sich schulterzuckend um und widmeten sich wie gehabt ihren Gesprächen oder dem Buch, welches sie in der Hand hielten. Oder was auch immer sie davor gemacht hatten.
    Ja, so war unsere Gesellschaft. Keine Menschenseele interessierte sich mehr für den anderen Mitmenschen. Jeder lebte schlicht in seiner Welt. Nur für sich selbst. Wenn hier gerade jemand erschossen wurde, hätten

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