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Bring mich heim

Bring mich heim

Titel: Bring mich heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Wagner
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wäre ich nie mit in diese Firma eingestiegen«, fuhr ich ihn an.
    »Darum geht es hier also.« Ohne auch nur eine Emotion zu zeigen, stand er vor mir. Er zuckte noch nicht mal mit den Wimpern. Was für ein gefühlskalter Mensch.
    »Kannst du damit leben? Du nimmst verdammt noch mal das Zuhause von Hunderten Leuten weg. Leuten, die nirgendwo anders mehr hinkönnen, weil sie sich nicht mehr leisten können. Und was machst du?«
    Matthias verschränkte die Arme vor seinem Körper und hörte mir geduldig zu. Ich schrie ihn weiter an. »Kannst du damit leben?« Ich schüttelte meinen Kopf. »Ich kann es nicht. Wenn ich nur gewusst hätte, wie es hier abläuft«, sagte ich leiser.
    »Mein Sohn, das ist Business. Das ist unser Geschäft. Alte Gebäude werden abgerissen, neue werden aufgebaut. Und wenn in einem alten Haus noch jemand wohnt, dann müssen sie raus. Diese Wohnanlagen rentieren sich nicht mehr. Sie stehen halb leer. Nur mehr Greise darin. Wer will dort noch wohnen? Wir geben den anderen Leuten, was sie wollen. Einkaufszentren, Banken oder was es auch immer ist. Wir hauchen den verfallenen Vierteln wieder Leben ein auf der ganzen Welt. Das ist Business .«
    »Das nennst du Geschäft. Man könnte diese alten Gebäude renovieren. Es würde wieder wohnlich werden. Neue Familien würden dazuziehen. So kann man ein Viertel auch beleben. Ohne dass jemand sein Zuhause verlassen muss«, fauchte ich ihn an.
    »So funktioniert das hier nicht, mein Junge. Du wirst damit leben müssen«, sagte er nach wie vor unberührt.
    Ich schüttelte nur meinen Kopf, fuhr mir durch mein Haar. Ich konnte es nicht fassen, wie er dieses Geschäft führte. So hatte er es doch tatsächlich an die Spitze gebracht und war weltweit damit unterwegs. Den Armen alles entziehen und den Reichen das geben, was sie wollen.
    Ich atmete tief ein und massierte mir meine Schläfen. Stellte mich von einem Bein auf das andere.
    »Kein Wunder, dass dich hier alle hassen«, spottete ich. Keine Antwort. Keine Reaktion. Einfach nichts.
    Lange starrten wir uns nur an. Beide die Arme vor dem Körper verschränkt. Der Kiefer meines Vaters war angespannt. Die Adern an seinem Hals traten hervor und pochten wie wild.
    War es das, was ich wollte? Konnte ich so leben? Ich wollte Architekt sein, aber nicht um diesen Preis. Nicht für Menschenleben.
    Zornig riss ich an meiner schwarzen Krawatte, bis ich sie unten hatte. Ich warf sie vor seine Füße. »Ich bin raus hier. Du kannst ohne mich weitermachen. Such dir ein anderes Model für deine Werbekampagnen. Es reicht mir schon, dass ich so lange für so ein Unternehmen mein Gesicht hergab.«
    Matthias blinzelte nur und sagte kein einziges verdammtes Wort. Es war ihm völlig egal. Er stand nach wie vor nur mit verschränkten Armen vor mir.
    »Mit dem heutigen Tag brauchst du nicht mehr mit mir rechnen«, sagte ich beinahe ruhig.
    Seine Visage verfinsterte sich. Wütend ging er einen Schritt näher zu mir. Er war wenige Millimeter von mir entfernt. Durch seine Zähne zischte er: »Was glaubst du, wofür ich dich all diese Jahre gedrillt habe, damit du schnell mit deinem Studium fertig wirst? Für was hab ich dann alles bezahlt, wenn du jetzt aussteigst? Das macht kein Sohn. Ein Sohn würde mit seinem Vater im Unternehmen arbeiten. Ihn unterstützen. Ich habe diese Firma immer für dich geführt, damit du es eines Tages einfach haben kannst. Damit du ein Leben ohne Sorgen hast. Und du schmeißt das alles weg. Lächerlich!« Er fing lautstark zu lachen an.
    »Nein, Papa, ich meine es ernst. Ich bin weg. Such dir ein anderes Gesicht. Einen anderen Volltrottel, dem es nichts ausmacht. Oder du vertuschst diese Tatsache einfach. Dann kannst du ihm das Geld vererben. Ich bin raus hier.« Ich drehte mich um und ging.
    Matthias schrie mir noch nach: »Mit dem heutigen Tag brauchst du mit keiner Unterstützung meinerseits rechnen.« Ich hörte ihn leise seufzen. Ohne jegliche Emotion flüsterte er: »Du bist nicht mehr mein Sohn.«
    Einen kurzen Moment blieb ich stehen. Mein Verstand versuchte sich zusammenzureimen, was das bedeuten würde. Alleine zu sein. Aber ich ging weiter. Ich ging in ein neues Leben.

Kapitel 10
    Samuel – Bin ich ein Stalker?
    Richtung Budapest, Juni 2012
    Ich stand von meinem Sitz auf und ging die paar Schritte zum Gang. Ihr schwarzes Buch lag noch am Boden. Sie hatte es nicht einmal bemerkt, dass es ihr heruntergefallen war.
    Langsam hob ich es auf und wollte es ihr geben. Ging einige Schritte näher. Sie

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