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Bring mich heim

Bring mich heim

Titel: Bring mich heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Wagner
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dünnen Haaren, wie du mir vorhin erzählt hast. Sie sind einfach nur ungleichmäßig. Komm mit.« Kriszta hüpfte von der Bank. Sie war bereits wackelig auf den Beinen.
    »Ich hätte wohl das eine oder andere Glas auslassen sollen«, murmelte sie, streckte ihre Hand aus und wartete, bis ich sie nahm. Mit einem Ruck zog sie mich hoch. »Aber ein paar Kilo mehr würden dir tatsächlich nicht schaden«, sagte sie besorgt. Ich atmete tief ein. Ja, das wusste ich, doch mein Appetit war noch immer nicht vollständig da. Traurig sah ich sie an.
    »Aber das wird auch«, versicherte sie mir mit aufheiternder Stimme. »Und jetzt folge mir.« Sie zerrte mich ins Badezimmer und setzte mich auf den Badewannenrand.
    »Bleib hier, bin gleich wieder da.« Ich sah sie verwundert an. Doch sie zuckte nur mit den Schultern. Zurück kam sie mit einer Schlafmaske. Kriszta band sie mir um.
    »Ähm ... was wird das?«, fragte ich nervös.
    »Lass dich einfach überraschen meine Liebe«, sagte sie freudig. »Vertrau mir.« Ich hörte, wie sie etwas aus ihren Taschen zog. Sie kramte am Badezimmertisch.
    »Entspann dich«, flüsterte sie mir ins Ohr. Sie bürstete mir meine Haare. Ein metallisches Geräusch und ratsch.
    »Kriszta!«, schrie ich. Sie schnitt mir die Haare. »Wieso? Hör auf.«
    Jedoch kicherte sie nur und schnitt weiter. »Pssst, ruhig bleiben«, gackerte sie.
    »Du kannst doch kaum noch geradestehen. Wie willst du da was schneiden?«, sagte ich ängstlich.
    »Das mach ich schon. Nur ruhig, Süße.« Also hielt ich still. Ich wartete geduldig, bis sie fertig war. Mehr konnte man bei diesen Haaren wohl nicht versauen.
    »Lass die Augen noch zu«, befahl sie mir, während sie die Lasche der Maske öffnete. »Aufstehen. Komm ein paar Schritte nach vorne.« Sie hielt mich am Ellenbogen und führte mich. »Augen auf«, sagte sie leise.
    Vorsichtig öffnete ich sie. Ich sah mich in dem Spiegelschrank. Mit meiner rechten Hand fuhr ich mir durch die Haare.
    »Und?«, fragte Kriszta ungeduldig.
    Ich drehte mich zu ihr und lächelte sie an. »Es sieht ... es sieht richtig gut aus.«
    »Sagte dir doch, dass dir kurze Haare stehen, sie brauchten nur einen ordentlichen Schnitt.« Sie grinste von Ohr zu Ohr.
    »Dankeschön«, sagte ich während des Gähnens.
    »Brauchst du ein Bett für heute«, fragte mich Kriszta. Ich nickte ihr zu.
    »Du kannst mein Bett haben. Ich muss in ein paar Stunden wieder auf. In meinem Zimmer kannst du dich wenigstens ausschlafen«, bot sie mir an.
    »Das ist lieb von dir, aber ich muss auch aufstehen. Um 7:10 geht mein Zug.«
    »Du fährst schon wieder«, sagte sie enttäuscht.
    »Ich kann nicht hierbleiben, Kriszta. Das Wichtigste habe ich erledigt. Dich wiederzusehen.« Ich lächelte sie an. Sie erwiderte es. »Aber ich muss weiter. Einen Ort finden, wo ich nicht an all das Alte erinnert werde, welches ich so stark zu verdrängen versuche.«
    »Wohin willst du?«
    »Ich dachte an Rom. War ich bisher nicht. Ich habe heute am Vormittag bereits einen Platz reserviert.«
    »Es wird dir gefallen«, plapperte sie los. »Ich war dort letzten Sommer in Urlaub.« Sie schob mich aus der Badezimmertür heraus, ging wieder in Richtung Wohnzimmer. Schnell holte sie aus ihrem Zimmer Kissen und Decke. Mit viel Schwung warf sie mir beides zu. »Aber jetzt ab ins Bett mit uns. Zwei Stunden Schlaf werden wir schon noch bekommen. Ich bring dich noch zum Bahnhof und dann ruft die Arbeit.«
    Ich grinste Kriszta nur an und sagte: »Ach, wie hab ich dich vermisst. Ich habe beinahe vergessen, wie viel du in einem Atemzug sprechen kannst.« Sie boxte mir leicht auf den Oberarm, drehte sich um, schickte mir noch einen Kuss zu und rief aus ihrem Schlafzimmer: »Gute Nacht, meine Liebe. Wir sehen uns gleich wieder!«

Kapitel 18
    Samuel – Wie es der Zufall will
    Budapest, Juni 2012
    Ich setzte mich, nachdem ich Mia aus den Augen verloren hatte, in ein kleines Café an der Ecke, wo ich nach dem Sprint zu stehen gekommen war. Ein junger Kellner kam vorbei und fragte mich auf Ungarisch, was ich gerne hätte. Zumindest vermutete ich, dass er das zu mir sagte. Jedoch sah ich ihn nur ahnungslos an. Er wiederholte seine Frage, dieses Mal auf Deutsch. Ich brauchte einfach nur Kaffee. Viel und stark. Sonst wäre ich eingeschlafen.
    Ich blieb in diesem Café eine Zeit lang sitzen und dachte das erste Mal darüber nach, wohin meine Reise wirklich gehen sollte. Ein Ziel hatte ich ins Auge gefasst, aber ob ich tatsächlich bereit war dort

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