Bring mich heim
hinzufahren, wusste ich nicht. Die Vorwürfe waren zu groß. In meinem Kopf spukte noch immer der Gedanke umher, was wäre, wenn ich sie besucht hätte . Eine Antwort darauf würde ich nie bekommen.
Nach meinem dritten Kaffee beschloss ich, nur einen Tag und nicht zwei in Budapest zu bleiben, wie ich eigentlich vorhatte. Auch, wenn mir diese Stadt sehr gut gefiel, wollte ich auf dem Weg zum Ziel ganz Europa mit dem Zug erkunden. Das in einem Monat unterzubekommen war ja recht viel. Auf meinem iPad sah ich mir die Interrailkarte an. Ich hatte keinen Plan, wohin ich wollte, also schloss ich meine Augen. Mit einem Finger tippte ich auf das Display. Er war ziemlich punktgenau an einem Ort gelandet. Meine nächste Reise ging nach Italien. Um genauer zu sein, Rom.
Ich checkte schnell einen Sitzplatz und packte meine Sachen wieder ein. Damit ich diesen einen Tag noch etwas auskosten konnte, bezahlte ich und ging mir etwas mehr von dieser Stadt ansehen. Frisch gestärkt trieb es mich zur Markthalle. Als Architekt musste man sie gesehen haben. Ein basilikenartiges Gebäude, an welchem die Fassade mit glasierten Ziegeln eingekleidet war. Diese Halle war genial mit drei Stockwerken. Nicht nur von außen kam ich ins Staunen. Drinnen wusste ich gar nicht, wo ich zuerst hingehen sollte. Ich konnte mich nicht sattsehen, geschweige denn sattriechen. Köstlicher Essensduft stieg mir in die Nase. Mein Magen zog sich sofort zusammen. Er knurrte laut vor sich hin. Ich kostete mich bei den einzelnen Ständen durch. Im Untergeschoss bestaunte ich die großen Aquarien und die unzähligen, mir unbekannten Fische. Natürlich gab es auch hier, wie in jeder Touristenstadt, die typischen Souvenirstände.
Ehe ich mich versah, war der Tag vorbei. Zu mehr, als diese große Einkaufshalle zu besichtigen, kam ich nicht. Es war es definitiv wert, den Nachmittag dort zu verbringen.
Draußen rief ich mir ein Taxi, um zurück in das Hotel zu kommen. Ich bestellte mir noch Abendessen auf das Zimmer. Danach ließ ich mich ins Bett fallen, damit ich am nächsten Tag bereit für eine ewig lange Zugfahrt war.
Um 5:00 Uhr in der Früh läutete der Wecker meines Smartphones. Verschlafen suchte ich das nervige Ding auf dem Nachttisch, drückte es aus und rollte mich auf den Bauch, den Kopf steckte ich unter das Kissen. Ich hasste es, um diese Uhrzeit aufzustehen. Während der Schulzeit schon, danach wegen der Arbeit und jetzt, weil ich mir einbildete, um 7:00 Uhr mit dem Zug durch Europa reisen zu müssen. Was für eine bescheuerte Idee. Fünf Minuten später läutete es ein weiteres Mal. Ja ja ... ich stehe schon auf. Mit den beinahe geschlossenen Augen setzte ich mich auf, streckte mich. Ich gähnte laut, rieb mir die Augen und fuhr mir durch die zerzausten Haare. Das Handy klingelte zum dritten Mal. Verdammtes Gerät. Ich war schon wach.
Ich ging ins Bad schnell waschen und war schon mit Sack und Pack aus dem Zimmer. Schließlich wollte ich den Zug nicht verpassen. Nach dem Frühstück machte ich mich auf den Weg. Eine gute Stunde zu früh war ich am Bahnhof. Aber was soll es. Ich holte mir von einem Stand einfach einen Kaffee. Die eine Stunde konnte ich mit Dösen auf einer der Bänke verbringen.
Mit dem heißen Becher in der einen Hand und in der anderen die Gitarre suchte ich nach dem richtigen Bahnsteig. Schnell gefunden blickte ich mich nach einer Sitzgelegenheit um.
Mit klopfendem Herz setzte ich mich hin.
»Guten Morgen, Mia.«
»Oh Shit ... musst du mich so erschrecken?«, sagte sie mit einer leicht verärgerten Stimme. Sie nahm die Kopfhörer aus ihren Ohren und sah mich mit einem Was-willst-du-schon-wieder-Blick an.
Ich sah entschuldigend zu ihr. »Sorry, war nicht mit Absicht.« Ich fuhr mir durch mein Haar. »Ich dachte, dass du es bemerkst, wenn ich mich dazusetze.«
Sie holte tief Luft, sah mir dann in die Augen. »Schon gut«, hauchte sie. Diese Stimme ... hauchend machte sie mich irgendwie verrückt.
»Machs nur nie wieder«, sagte sie ohne jegliche Emotion.
Sie drehte sich von mir weg, steckte sich erneut ihre Kopfhörer in die Ohren. Auf ihrem iPhone suchte sie nach Musik, fand scheinbar etwas und lehnte sich zurück. Die Augenlider schloss sie. Ihre Hände verschränkte sie vor ihrem Körper.
Kapitel 19
Mia – Du bist noch du
Budapest, Juni 2012
»Mia, komm, du musst auf.«
Kriszta stand neben mir. Bereits komplett angezogen und hergerichtet. Sogar eine Tasse Kaffee hatte sie schon in ihrer Hand.
Müde rieb ich meine
Weitere Kostenlose Bücher