Bring mich heim
von Wien nach Budapest. Sie wollte mehr. Mia wollte Berührung. Ich schlief nicht, als sie mich im Zug angefasst hatte. Aber ich bewegte mich nicht, da sie sonst auf der Stelle wieder zurückgezuckt hätte. Und weil ich es genoss. Sie fuhr meinen Bart entlang. Ganz sanft. Ganz langsam. Teilweise war diese Berührung beinahe nicht fühlbar. Sie strich meine Lippen entlang. Das war es, wo ich am liebsten meine Augen geöffnet hätte. Ihren Kopf mit beiden Händen festhalten wollte. Nicht, um ihre Finger auf meinem Mund zu spüren, sondern ihre vollen, roten Lippen. Ich zuckte leicht. Ihre Wärme war verschwunden. Ich wollte mehr davon.
Vorhin am Teich war ich kurz davor, mich einfach auf sie zu stürzen. Ich hatte mir vorgenommen, sie in Ruhe zu lassen. Sie nicht anzufassen. Mia nicht so anzusehen, als ob ich sie ausziehen wollte. Aber verdammt, sie machte es einem auch schwer. Ich sah nur einen minimalen Moment in diese schimmernden Augen und war verloren. Mein Körper machte sich selbstständig. Ich rückte näher zu ihr ran. Ein sanfter Windstoß wirbelte wieder diesen süßen Duft nach Vanille in meine Richtung. Ich rückte näher. Sah in ihre Augen. Sah zu ihren Lippen. Zartrosa. Mia wich mir lange nicht aus. Und dann drehte sie sich einfach weg. Ich hätte es wissen müssen. Nur wurde ich von der Situation verleitet.
Mia überspielte alles perfekt. Sie setzte nach wenigen Minuten wieder ihre Fassade auf. Lächelte mich an und tat so, als ob das hier nie passiert wäre. Vielleicht wollte sie es tatsächlich nicht. Und ich hatte mich nur in ihrer Körpersprache getäuscht. Doch warum zog sie mich mit ihren Augen aus?
»Lass uns weitergehen«, sagte Mia, während sie aufstand. Nachdem sie einige Schritte weit weg war, drehte sie sich um. Deutete mir, dass ich mich bewegen sollte. Ich hatte nur noch eine Weile die Aussicht genossen.
Grinsend sagte ich: »Komm doch schon.«
Als ich neben ihr war, fragte ich: »Wohin möchtest du?«
Mia blickte zu mir und lächelte. »Ich wollte schon immer den Petersdom sehen.«
»Dein Wunsch sei mir Befehl«, zwinkerte ich ihr zu.
Wir gingen bereits eine Zeit lang nebeneinander her, als Mia abrupt stehenblieb. Sie sah mich verdutzt an. »Eigentlich dachte ich, du kennst dich gut in Rom aus. Zumindest hast du das fest behauptet.«
»Ich behaupte es nach wie vor«, sagte ich mit voller Überzeugung.
Mia verschränkte die Arme vor ihrem Körper. »Und wie kommt es dann, dass wir in die komplett falsche Richtung laufen?«
»Machen wir das?« Ich hob die Augenbrauen und kratzte mich am Kopf.
Sie deutete mit dem Daumen hinter sich. »Ich hab es nicht besonders mit Richtungen, Karten oder Ähnlichem. Doch ich bilde mir ein, dass der Petersdom nicht allzu weit von der Herberge war. Hier ist weder eine Herberge noch kommt es mir bekannt vor.« Etwas nervös stieg sie von einem Bein aufs andere.
Ich bückte mich, damit ich ihr in die Augen sehen konnte. »Hey, Kleine, keine Sorge. Ich zeige dir den Petersdom. Nur eine andere Sicht darauf. Ohne Anstellen. Oder fast ohne Anstellen.«
Sie fing wie immer an ihrer Lippe zu beißen an. Bevor mir wieder Gedanken in den Sinn kamen, welche ich im Moment besser nicht denken sollte, stellte ich mich aufrecht hin.
»Gut«, sagte sie leise. »Ich gehe dir einfach nach.«
»Es wird dir gefallen. Da bin ich mir sicher«, lächelte ich.
Wir gingen den Aventin-Hügel hoch bis zum Malteser-Kloster.
»Eine hohe Mauer?«, fragte sie.
»Ja.« Ich grinste sie an.
»Ich mein, es ist wunderschön hier. Vermutlich eine tolle Wohngegend. Aber was willst du mir zeigen?«
»Komm noch ein kleines Stück näher. Zum Glück ist niemand hier«, sagte ich und streckte automatisch meine Hand aus. Oh, Mist ...
Mia schreckte nicht zurück. Sondern sah sie genau an. Sie überlegte. Schließlich hob sie ihren Kopf und lächelte mich an. »Zeig schon her.« Griff jedoch nicht zu mir.
»Sieh zu dem großen Tor.« Wir gingen näher ran. »Blick einfach durch das Schlüsselloch.«
Mia sah mich irritiert an. »Ich soll durch ein Schlüsselloch sehen?«
»Gut hast du für deine Reise nicht recherchiert. Wenn du so bei deinem Verlag gearbeitet hast«, stichelte ich.
Mia lachte. »Dann wäre ich wohl nie auf das Winter-Geheimnis gekommen.«
»Autsch ...«
»Ich hab gar nichts recherchiert. Eigentlich hab ich nicht mal ordentlich geplant. Auch nicht wohin ich fahren möchte. Ich mach das eher spontan«, sagte sie etwas ernster.
»Okay, dann würde ich mich
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