Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See

Titel: Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
Vom Netzwerk:
Madrun mit ein paar der älteren Nonnen und drei Novizinnen hinaus, um Äpfel zu pflücken.
    »Hast du es schon gehört?«, meinte die kleine Felicia, während sie im hohen Gras nach vom Wind herabgeschüttelten Äpfeln suchten. »Ambrosius, der Kaiser, ist tot, und Vitalinus von Glevum hat sich zum Vor-Tigernus erklärt – zum Oberkönig!«
    »Und woher willst du das wissen?«, fragte Thea, die braunhäutige Tochter eines Legionärs aus Numidia, der eine britannische Frau geheiratet und sich in Demetia niedergelassen hatte, nachdem seine Dienstzeit beendet war. »Hat es dir ein Engel in einem Traum verkündet?« Die Folklore des Klosters war reich an Geschichten von übernatürlichen Besuchern.
    »Na, ich habe es in Maridunum erfahren«, gab Felicia zurück, »als ich Schwester Ildeg letzten Samstag zum Markt begleitet habe.«
    »Möge Gott ihn leiten«, warf das dritte Mädchen ein. »Denn Gott weiß nur allzu gut, wie sehr wir einen starken König brauchen. Aber ich glaube kaum, dass die Häuptlinge des Westens Vitalinus’ Herrschaft anerkennen werden.«
    Die anderen nickten. Sie alle entstammten angesehenen Familien, sofern sie nicht gar Töchter von Fürsten waren. Und im Westen vermeinten sogar die ärmsten Hügelbauern, die Taten derer bemäkeln zu dürfen, die Befehlsgewalt über sie beanspruchten.
    Thea lachte. »Selbstverständlich nicht – einzig Ambrosius Aurelianus steht es zu, Anspruch auf seines Vaters Ehren zu erheben.«
    »Aber er ist immer noch in Gallien bei seinem Bruder. Mein Vater sagt, wir brauchen einen König, der sich zuallererst um Britannien kümmert«, gab Felicia zurück. »Vitalinus will gar nicht Kaiser sein. In unserer Sprache bezeichnet er sich als ›Oberkönig‹.«
    Madrun nickte. »Ich habe ihn bei der Hochzeit meiner Base in Luguvalium kennen gelernt. Er schien mir ein überaus entschlossener Mann.«
    Überrascht blickten die anderen sie an, da sie kaum daran gewöhnt waren, sie sprechen zu hören. Nun fiel ihnen zudem ein, dass sie im Rang über ihnen allen stand.
    »Das muss er auch sein«, meinte Felicia schließlich. »Er versucht, eine Armee aufzustellen, und unsere Männer werden wohl kaum für jemanden am anderen Ende des Landes kämpfen wollen, wenn die dalriadischen Krieger vor unseren Toren stehen.«
    Madrun schauderte, als sie sich an die Angreifer erinnerte; die anderen verfielen jäh in Schweigen.
    »Es heißt, Vitalinus hätte deshalb Anspruch auf die Macht erhoben«, fügte Felicia kleinlaut hinzu, »na ja, wegen dem, was dir widerfahren ist. Er findet, es sei eine Schande, dass eine Prinzessin aus königlichem Hause nicht mehr sicher durch das Land reisen kann und dass Britannien einen Verteidiger brauche.«
    »Einen Verteidiger…«, sprach Madrun leise im Rhythmus der Prophezeiung, als sie sich an Bruchteile des Wissens erinnerte, das scheinbar vor einer Ewigkeit durch ihr Bewusstsein gezogen war. »Aber es wird nicht der Vor-Tigernus sein, sondern ein anderer, der nach ihm kommt.«
    »Was?«, fragte Thea, doch Madrun schüttelte nur den Kopf, da ihr die Erinnerung entfleucht war. Was ihr seit ihrer Tortur des Öfteren widerfuhr. Sie lebte in der Gegenwart; all ihre Erinnerungen glichen Traumfetzen und wirbelten ebenso leicht wieder davon.
    »Wir haben alle herabgefallenen Äpfel eingesammelt«, verkündete Felicia fröhlich in die Stille. »Und so sehr wir auch schütteln, es fallen keine mehr vom Baum. Aber an den oberen Ästen baumeln immer noch ein paar. Sie sind fast reif, und es scheint mir eine Schande, sie dort hängen zu lassen.«
    Madrun schaute empor, verschwommen gewahr, dass Bäume Sicherheit verhießen. »Ich hole sie. Ich bin die leichteste von euch allen.« Damit raffte sie den Rock hoch und begann zu klettern.
    Vom Baumwipfel aus konnte sie über die Mauern des Klosters blicken. Sie sah die Dächer Maridunums, dahinter einen Flickenteppich aus Feldern und Wäldern. Doch unvermeidlich wanderten ihre Augen nordwärts, wo das Land in einem blauen Dunstschleier verschwamm, und der Wind trocknete die Tränen, die unter ihren Lidern hervordrangen, bevor Madrun sie abwischen konnte.
    »Erreichst du die Äpfel?«, rief jemand von unten.
    In die Gegenwart zurückgeholt, streckte Madrun sich, um die Frucht zu ergreifen; der Wind presste ihr das Gewand gegen den Leib und fuhr ihr durchs Haar.
    Unter ihr ertönte ein erstickter Schrei. Madrun pflückte einen Apfel, lehnte sich zurück und schaute hinab. Felicia starrte mit tellergroßen Augen zu ihr

Weitere Kostenlose Bücher