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Britannien-Zyklus 02 - Die Herrin der Raben

Titel: Britannien-Zyklus 02 - Die Herrin der Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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bedient habt?«
    Merlin unterdrückte ein Schaudern, als er sich an jenen Tag erinnerte. Dann erreichte ihn der Sinn dessen, was sie gesagt hatte.
    »Ihr wart das also mit den Raben, die sich mir in den Weg gestellt haben?«
    »Kurze Zeit – bis es eine Schlacht zwischen Eurer Göttin und meinem Gott wurde. Ihr solltet wissen, dass Woden schon lange ein Freund der Göttin ist und danach trachtet, ihre Weisheit zu erlangen.«
    »Und es besteht kein Grund«, antwortete er ernst, »dass sie seine Feindin bleibt. Sogar damals war nicht sie es, die ihn besiegte, sondern der Gott im Schwert.«
    Haedwig sah ihn scharf an. »Was ist mit diesem Schwert? Wird es seinen neuen Meister ebenso töten wie Euren König?«
    »Artor ist der vorherbestimmte Beherrscher der Klinge, der Verteidiger Britanniens. Wenn er es für eine gerechte Sache zieht, wird es ihm den Sieg bescheren.« Als er sich an jene besondere Schwingung der Macht erinnerte, die von dem Schwert ausging, wurde ihm jäh bewusst, dass er hier etwas Ähnliches spürte.
    Er drehte sich um und wandte seine Aufmerksamkeit einem langen Gebilde in der Ecke zu, das in Ledertücher und Zaubersprüche gehüllt war. Nun, da er sein Bewusstsein darauf bündelte, verdrängte die Macht des Gegenstandes jede andere Magie im Raum.
    Haedwig an seiner Seite war ausgesprochen still geworden. »Ich hätte wissen müssen, dass die Zauber, die es vor anderen Menschen verbergen, gegen Euch nutzlos sein würden…« Sie sprach langsam, so als lauschte sie gleichzeitig einer inneren Stimme. »Aber vielleicht war vorherbestimmt, dass Ihr es sehen sollt.«
    Bedächtig schritt sie auf die Ecke zu und begann den Gegenstand aus den Hüllen zu wickeln. Dabei erkannte Merlin, dass es sich um einen Speer handelte.
    Zunächst sah Merlin nur die äußere Form, den hölzernen, mit Runen verzierten Schaft und die Klinge aus milchigem Stein. Dann wirbelte die Macht des Speeres durch seine Sinne und überwältigte ihn mit einer Explosion von Offenbarungen; der Schaft glich einer Kette von Beschwörungen, die Klinge bohrte sich mit reinem, unverfälschtem Zauber mitten ins Herz. Seine veränderte Sicht ließ ihn die Waffe als von Licht umhüllt wahrnehmen, grell und strahlend wie das Wesen, das Merlin den Speer entgegenstreckte.
    »Ergreift ihn am Schaft.« Inmitten seiner Verwirrung wurde ihm bewusst, dass Haedwig mit ihm sprach.
    Mühevoll brachte er eine Antwort hervor. »Was geschieht, wenn ich es tue?«
    »Ihr werdet den Gott kennen lernen.«
    »Woden? Er ist keiner meiner Götter!«
    »Das mögt Ihr wohl behaupten, dennoch verbreitet Ihr einen Teil seiner Weisheit in dieser Welt. Ihr kennt ihn nicht, aber er kennt Euch, und dieser heilige Boden ist sein…«
    »Ist es eine Waffe?«, murmelte Merlin. »Werden Eure Könige sie gegen das Schwert einsetzen?«
    »Es ist eine Waffe, aber sie ist nicht für den Krieg bestimmt.«
    Ihm war nicht bewusst, ob er den Runenschaft wirklich berührt hatte oder nicht. In dem Sturm der Visionen vermeinte er Laute zu hören, Worte, die kamen und gingen. Er war sich ihrer Bedeutung nicht sicher, wusste nur, dass er sich gegen das verwehrte, was sie ihm sagten.
    Und dann verstummte die Macht. Seine magische Sicht endete, und er sah, dass die Wicce den Speer wieder in die Hüllen wickelte.
    »Ich habe dieses Land durch alle Jahreszeiten bereist, und Woden hat mich begleitet«, erklärte Haedwig. »Er mag dieses Land und will hier bleiben. Er sagt, dass auch Ihr ihm dienen werdet und dass es einfacher wäre, wenn es mit Eurem Willen geschieht.«
    Merlin schüttelte den Kopf. »Ich diene der Herrin dieses Landes und nicht Eurem Gott.«
    »Selbstverständlich«, erwiderte die Wicce, »aber zu gegebener Zeit könnte sich herausstellen, dass ihre Ziele ein und dieselben sind.«

IV
    Das Ostara-Opfer
    A.D. 477
     
    Im zweiten Jahr nach seiner Ernennung feierte der König von Britannien das Fest der Wiederauferstehung in Sorbiodunum an den Grenzen der Gebiete von Dumnonia. Die römische Stadt war während des ersten Sachsenaufstandes niedergebrannt und später nur zum Teil wieder aufgebaut worden. Merlin, der hinter Artors Hausgarde einherritt, hatte geglaubt, die mittlerweile verstrichenen Jahre hätten seine Erinnerungen verblassen lassen, doch stattdessen suchten ihn die Geister von Ambrosius und Uther nun gemeinsam mit jenen der Männer heim, die damals von Hengests Schergen gemeuchelt worden waren.
    Die kleine Kirche wies nur leichte Brandschäden auf. Während Artor

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