Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Britannien-Zyklus 02 - Die Herrin der Raben

Titel: Britannien-Zyklus 02 - Die Herrin der Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
Vom Netzwerk:
Bedivers Hals schlang, um ihn zu küssen; der zögerte kurz, dann zog er die junge Frau an sich. Nach einer Weile löste sie sich lachend von ihm, ergriff seine Hand und nahm ihn mit sich fort. Verschwommen erinnerte Oesc sich, dass Cunorix kurz zuvor einem anderen Mädchen gefolgt war. Auch Gwalchmai war verschwunden.
    Oesc blickte zurück zur Plattform. Ein Teil der Schleier der Priesterin war von ihrem Körper geglitten; er erspähte wogende Brüste, lange, gerundete Schenkel und spürte eine quälende Regung in den Lenden. Frige, dachte er, die Begehrenswerte… Dann fiel ihm ein, dass die Herrin hier Brigantia genannt wurde. Doch wer immer sie sein mochte, sie war von jener Schönheit, die ein Mann nur in Träumen erlebt. Artor stand immer noch vor ihr und wiegte sich benommen im Gleichklang mit ihren Bewegungen; seine Augen wirkten groß und wirr.
    Eine zarte Hand schloss sich um Oescs; er schaute hinab und erblickte dunkle Augen, ein fröhliches Lächeln und lockiges, schwarzes Haar. Doch es tat nichts zur Sache, wie das Mädchen aussah. Er streckte die Arme nach ihr aus, stöhnte, als weiche Brüste sich an ihn schmiegten und seine Hände sich um ihre schlanke Taille legten. Über den Kopf des Mädchens hinweg beobachtete er, wie die verschleierte Göttin Artors Hand ergriff und ihn zum rückwärtigen Rand der Plattform führte. Einen Lidschlag später waren sie in der Dunkelheit verschwunden.
    Dann schlossen die Arme des Mädchens sich um seinen Hals. Stöhnend ließ er sich auf das Fell sinken, und nach kurzem Kampf mit den Kleidern sank er zwischen ihre einladenden Schenkel, wo er willkommen war.

VII
    Der Thron des Hengest
    A.D. 488
     
    Der Hochkönig kehrte in gemächlichen Reiseabschnitten nach Süden zurück. Mittlerweile begleitete ihn nur noch der Kern seiner Armee, alle anderen waren unmittelbar nach Hause zurückgekehrt, um bei der Ernte zu helfen. Das Lugus-Fest blieb in ihren Gedanken verankert, doch die Männer sprachen nicht darüber, weder um sich mit ihren Eroberungen zu brüsten, noch um sich zu fragen, ob einigen der lachenden Maiden, mit denen sie jene Nacht verbracht hatten, aus dem Fest mehr als nur eine Erinnerung erwachsen sein mochte.
    Jenen Winter verbrachten sie bei Peredur von Eboracum. Die nördlichen Sachsen verhielten sich ruhig, und Oesc war zutiefst dankbar darüber. Er empfand es als hart genug, sich der kurzen Zeit zu besinnen, die er mit seinem Vater in diesem Land verbrachte, auch ohne sich jenen Männern im Kampf stellen zu müssen, die ihn den Umgang mit dem Schwert gelehrt hatten.
    Denn er wusste, sollte Artor ihn fragen, er würde mit ihm reiten. Mittlerweile erkannten ihn die anderen Männer als einen der auserwählten Gefährten des Hochkönigs an. Des Nachts träumte er auf Britisch, und bei Tag stellte er fest, dass seine Erinnerungen an Cantuware immer mehr verblassten. Selbst wenn er dorthin zurückkehrte, würden die Menschen ihn anerkennen? Er war zu einem seltsamen Zwitterwesen geworden, nicht gänzlich britisch und ebenso wenig gänzlich sächsisch.
    Von Eboracum zogen sie nach Süden und Westen. Eine Weile waren sie Gäste von Bischof Dubricius in Isca. Auch zu Kampfhandlungen kam es, denn Cunorix’ Verwandtschaft in Demetia hatte Verstärkung aus Eriu erhalten und trachtete danach, ihr Gebiet zu erweitern. Sie zeigten sich hartnäckiger als erwartet, und der Feldzug dauerte den Sommer hindurch an. Und so kehrte der Hochkönig erst früh im nächsten Jahr nach Londinium zurück.
     
    Kurz nach dem Lichtmess-Fest kam ihnen das Gerücht zu Ohren, Hengest sei gestorben. Oesc erfuhr erstmals davon, als die Männer begannen, in seiner Gegenwart zu tuscheln und ihn mit merkwürdigen Blicken zu bedenken. Als er eine geflüsterte Bemerkung zufällig mit anhörte, erfuhr er den Grund, doch er verhielt sich weiterhin, als wüsste er nichts, und war dankbar, dass ihm Zeit blieb, seine Gefühle zu erforschen, ehe er gezwungen wurde, öffentlich Stellung zu nehmen.
    Mittlerweile lebte Oesc seit neun Jahren bei den Briten. Hätte er diese Nachricht in der ersten Zeit seiner Gefangenschaft erhalten, hätte ihn die Trauer gewiss überwältigt. Doch seine Erinnerungen an Cantuware waren für ihn allzu lange schmerzhaft gewesen, weshalb er sie an einem Ort verbannt hatte, an dem er sie nicht mehr erreichen konnte. Und so, redete er sich ein, war es wohl auch am besten. Zweifellos würde sich bald ein ehrgeiziger Jute Hengests verwaisten Herrscherthrons bemächtigen oder

Weitere Kostenlose Bücher