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Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel

Titel: Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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längst vergangenen Tage gehört hatte, in denen die Sachsen in Blut und Feuer über das Land herzogen.
    »Nun, Ihr habt sie gerächt«, meinte er schließlich. »Der sächsische Wolf ist gezähmt.«
    »Vorerst«, pflichtete Artor ihm bei. »Solange wir stark bleiben. Aber in Gallien herrschen mittlerweile die Franken, Burgunder und Wisigoten, die dort zur Verteidigung des Landes angesiedelt wurden, über die Römer. Sie mögen wohl vorgeben, unsere Traditionen anzunehmen, aber sogar Oesc – « Kopfschüttelnd verstummte er mitten im Satz. Dann deutete er auf die Grabhügel. »Es braucht Zeit, um uns alle zu einem Volk zu einen. Wenn die Gebeine der Sachsen und Briten sich gemeinsam mit dem Staub dieses Landes vermischen, können wir ihnen vielleicht vertrauen. Aber es braucht Zeit.«
    Medrod musterte ihn skeptisch. Alte Männer, hatte er gehört, neigten dazu, in der Vergangenheit zu leben. Der Hochkönig wirkte stark, doch in seinem Bart zeigten sich bereits silbrige Strähnen. Wurde er allmählich alt?
    Der Wind blies heftiger. Von oben hörte er den heiseren Schrei eines Raben und blickte empor. Der Vogel umkreiste die Reiter einmal, dann zog er Richtung Westen fort. Medrod drehte sich nach, um dem Flug zu folgen und verharrte. Er starrte auf den Steinkreis, der aus dem Boden gewachsen zu sein schien. Zwar hatte er bereits wesentlich größere römische Bauwerke gesehen, doch noch nie solch mächtige Felsblöcke. Stolz wie sich zu einem Rat versammelnde Könige ragten sie empor; ihre kahle Schlichtheit ließ seine Seele frösteln.
    Seine Stille musste die Aufmerksamkeit des Königs erregt haben, denn Artor folgte seinem Blick und lächelte.
    »Das ist der Tanz der Riesen. Merlin brachte mich hierher, als ich noch ein Knabe war.«
    Beim Klang dieses Namens zuckte Medrod unwillkürlich zusammen. Der Druide war kurz nach ihm in Castra Legionis eingetroffen. Es gab keinen Grund anzunehmen, es hätte irgendetwas mit ihm zu tun. Gemeinhin hieß es, Merlin komme und gehe stets, wie es ihm beliebe – nicht einmal der Hochkönig vermochte ihm Befehle zu erteilen. Aber etwas an dem düster starrenden Blick unter den buschigen Brauen ließ Medrod sich nackt fühlen. Die gewaltige Erleichterung, die er verspürte, als der greise Mann wieder fortzog, hatte ihn zutiefst überrascht.
    »Wieso?«, fragte er unverblümt.
    Artor blickte ihn an und zog eine Augenbraue hoch. »Komm her und sieh selbst.« Nach einem kurzen Wort zu Gai lenkte der Hochkönig das Pferd auf den Steinkreis zu. Völlig verblüfft zögerte Medrod kurz, dann folgte er ihm.
    Als er sich dem Kreis näherte, schaute er über die Schulter. Der Rest der Kolonne zog über die Ebene weiter. Beunruhigt sah der Junge sich um. War der König zu dem Schluss gelangt, er stelle eine zu große Gefahr dar und nun wäre die Gelegenheit gekommen, ihn loszuwerden? Sein Verstand sagte ihm, dies sei unwahrscheinlich. In Londinium hätte Artor eine solche Tat wesentlich einfacher durchführen können als an diesem einsamen Ort hier, wo es jeder wissen würde.
    »Hab keine Angst«, beruhigte ihn Artor, der sein Zaudern richtig deutete, selbst wenn er, wie Medrod hoffte, den wahren Grund nicht kannte. Er hielt vor einem Stein inne, der gleich einem Wächter vor den anderen stand, schwang sich vom Pferd und bedeutete Medrod, es ihm gleichzutun. »Zu dieser Tages- und Jahreszeit ist der Kreis ungefährlich.«
    Medrod machte ein paar Schritte. Als er den äußeren Kreis der stehenden Steine durchschritt, fuhr er zusammen. Ein mehr gefühltes als gehörtes Summen pulsierte durch seine Knochen.
    »Spürt Ihr es denn nicht?«, fragte er, als Artor sich fragend zu ihm umdrehte. »Dieser Ort wird von einem Schutzzauber behütet.«
    »Nicht ganz – Merlin sagt, zwischen den Steinen fließe ein Strom der Macht. Ich habe gelernt, solche Dinge zu spüren, was ich in deinem Alter noch nicht konnte. Ist das eine natürliche Gabe, Medrod, oder sind es ihre Lehren?«
    Der Junge spürte, wie er rot anlief. Unnötig zu fragen, wen er meinte. Was hatte seine Mutter Artor angetan, dass er sie fürchtete? Er trat einen weiteren Schritt auf den Trilithen in der Mitte zu. Alles jenseits des Kreises schien zu verschwimmen, als betrachtete er es durch trübes Glas.
    »Warte.« Artor legte die Hand auf Medrods Schulter. Der Junge zuckte zusammen, doch die Berührung besänftigte ihn, und er versuchte nicht, sich ihr zu entwinden. Gemeinsam schritten sie zwischen den riesigen übereinander liegenden

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