Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel

Titel: Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
Vom Netzwerk:
ritt, ebenfalls den Schild hochgerissen hatte.
    Ein Pfeil prallte von seinem eigenen Schild ab, und ihm wurde klar, dass der Feind die Schüsse vorwiegend auf den vorderen Teil der Kolonne richtete. Herrenlose Männer, die von Überfällen leben, dachte er. Diesmal hatten sie sich die falsche Beute ausgesucht.
    »Vorhut, absteigen!«, rief er. »Goriat, nimm deine Reiter und greif sie von hinten an!«
    Er glitt vom Sattel. Mit einem heftigen Schlag sandte er Corvus die Straße entlang. Zu Fuß stellten Artor und seine Männer kleinere Zielscheiben dar. Obwohl er sich nicht erinnern konnte, das Schwert gezogen zu haben, hielt er die Waffe in der Hand. Sie gleißte im Sonnenlicht, während er auf die Bäume zurannte.
    Zweige schlugen hin und her, kratzten über seinen Schild. Artor preschte durch sie hindurch, erspähte die Gestalt eines Mannes und stach zu. Die Klinge traf, jemand schrie gellend auf. Der König riss das Schwert frei und rannte weiter. Von vorn ertönte weiteres Geschrei. Er metzelte zwei weitere Feinde nieder, ehe er die Lichtung erreichte, auf der die Reiter die flüchtenden Männer gestellt hatten.
    Mehrere Körper lagen zusammengebrochen auf dem Gras. Die etwa fünfzehn verbliebenen Gesetzlosen funkelten die Reiter an, deren Kreis sie mit gezückten Lanzen in Schach hielt. Den Schild nach wie vor hoch gehalten, richtete der König sich auf und wartete, bis sein Herzschlag sich beruhigte. Es lag mehr als ein Jahr zurück, seit er das Schwert zuletzt im Zorn gezogen hatte; die verebbende Erregung der Kampfeswut rang mit dem Schmerz überbeanspruchter Muskeln und jener Stelle, an der ihm ein Zweig über die Stirn gepeitscht war.
    Das war ja ein tolles Gefühl, dachte er bitter. Wie der erste Krug Bier am Ende eines langen, heißen Tages. Sogleich begann er Freund und Feind zu zählen. Er erblickte Medrods rotbraunen Kopf und spürte, wie eine Anspannung, die er bislang nicht gekannt hatte, jäh nachließ. Weshalb? Es gab andere – Bediver oder Gwalchmai –, die er inniger liebte als diesen verdrießlichen Jungen, doch er war noch nie so vor Erleichterung zusammengesackt, wenn er seine Männer nach einer Schlacht lebend vorfand.
    Medrods Antlitz war blass vor Aufregung, seine Augen glühten wie Kohlen. Ein blutiger Verband war um seinen Arm gewickelt. Artor schluckte, als er das sah. Er musste dem Jungen eine Rüstung beschaffen. Die anderen waren seine Freunde, dieser Junge jedoch verkörperte seine Zukunft. Ich habe nun eine Geisel des Schicksals.
    Artor schüttelte sich und trat vor. »Gai, hol Stricke, um sie zu fesseln.«
    Die Gefangenen stellten einen jämmerlichen Haufen dar; sie stanken, waren unrasiert und trugen zerschlissene Wolle und schlecht gegerbtes Leder. Einem Mann fehlte ein Ohr. Doch die Waffen, die sie niedergeworfen hatten, machten einen häufig benutzten Eindruck.
    »Wir sind arme Leute, Herr«, wimmerte einer der Gefangenen. »Flüchtlinge aus den Sachsenkriegen.«
    »Tatsächlich? Mir scheint, du sprichst wie ein Mann aus Glevum.«
    »Mein Vater stammte aus Camulodunum«, fügte der Jammerer rasch hinzu. »Er war dort Sandalenmacher. Doch die Städte sterben, und wo soll ich nun das Handwerk ausüben, das er mir beigebracht hat? Gewiss geht Ihr nicht zu hart mit Menschen ins Gericht, die nur zu überleben versuchen!«
    »Dann arbeitet!«, entgegnete Artor scharf. »Britannien ist voll von verlassenen Höfen. Lernt gefälligst, euch Essen im Schweiße eures Angesichts zu verdienen, anstatt es von anständigen Menschen zu stehlen! Ihr beklagt euch, dass es keine Städte gibt!« Angewidert schüttelte er den Kopf. »Wenn ihr die Straßen für rechtschaffene Reisende unsicher gestaltet, wie im Namen der Herrin sollen die Städte dann überleben?«
    »Sollen wir sie gleich hier und jetzt aufknüpfen, Herr?«, rief einer der Reiter. Aus dem Gesicht des Räubers sprach Angst.
    Artor schüttelte den Kopf. »In Bremetennacum gibt es immer noch einen Friedensrichter. Dieses Diebsgesindel soll von jenen Menschen gerichtet werden, die es als Opfer missbraucht hat.«
    An seiner Klinge prangte Blut, aber es war ihm, als verspüre er ein zufriedenes Summen des Schwertes. Behutsam wischte er es ab und schob es zurück in die Scheide. Als er aufblickte, schaute er in Medrods abwägende Augen.
     
    Er behauptet, er würde mich nicht zu seinem Erben machen, dachte Medrod, während er beobachtete, wie der König auf der Bank Platz nahm, die von den Mönchen für ihn aufgestellt worden war. Aber

Weitere Kostenlose Bücher