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Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel

Titel: Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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nicht, dass ich mit dir zurückkommen muss, denn das werde ich nicht!« Der Lichtschein, der sie umgab, erbebte unter ihrem Gelächter.
    »Dann lass mich mit dir kommen!«
    »Dein Fleisch ist noch mit der Erde verwurzelt. Deine Zeit ist noch nicht gekommen…«
    »Die Jahre verstreichen, und doch wird mein Körper immer stärker. Das Einzige, was meinen Geist in der Welt der Menschen hielt, war meine Liebe zu dir!«
    »Wenn du auf Wanderschaft warst, habe ich vom See aus über dich gewacht…«, lautete ihre Antwort. »Nun werde ich dich vom Verborgenen Reich aus lieben. So weit entfernt ist es nicht – «
    Merlin spürte, dass sie die Wahrheit sprach, denn hinter dem Flackern ihres Geistes tat sich ein helles Tor auf. Er nahm wahr, dass Morgause zurückgekehrt war, doch im Augenblick konnte ihr Kummer ihn nicht erreichen. Aus scheinbar großer Ferne verrieten ihm seine Sinne, dass Igraines Atem heftig in der Brust rasselte. Der Gesang der Priesterinnen verstummte kurz, als jemand zu weinen begann, dann setzte er wieder ein.
    »Deine Kinder brauchen dich noch«, sandte er ihr ohne große Hoffnung zu.
    »Meine Kinder sind erwachsen! Bestimmt wissen sie, dass ich sie liebe. Merlin, du willst mich doch nicht dazu verdammen, in einem ausgebrannten Leib weiterzuleben! Hilf mir, mein Lieber! Lass mich gehen!«
    Merlin war sich dessen nicht so sicher, doch nicht wegen Morgause, sondern weil es ihm selbst ein Bedürfnis war, streckte er die Sinne und zog den Geist der jüngeren Frau in die Verbindung.
    »Da bist du ja, meine Tochter – siehst du – « Igraine bewegte sich näher zum Licht. »Das habe ich versucht dir zu erklären. Nur dieses letzte Stück ist ein wenig… schwierig, danach wird alles gut. Auch das ist Teil deiner Ausbildung. Hilf mir…«
    Merlin spürte, wie die Unruhe in Morgauses Geist nach und nach Erstaunen wich.
    »Man sieht, wie das Tor sich öffnet – « Die Worte, welche die jüngere Frau flüsterte, waren ritueller Art, aber nun erklangen sie voller Überzeugung, hallten in beiden Welten wider. »Die hellen Geister derer, die man liebt, erwarten uns, bereit, uns zu Hause willkommen zu heißen…«
    Und während sie sprach, wurde Merlin klar, dass es stimmte. Er sah, wie jene strahlenden Wesen sich näherten und erkannte mit einer Gewissheit, die alles irdische Begreifen überstieg, Uther, und hinter ihm ihre Eltern, Amlodius und Argante.
    »Geh durch das Tor. Lass dir unsere Liebe eine Stütze für dein Selbst-Urteil sein. Über dich soll die Finsternis keine Macht haben. Leb wohl – wir entlassen dich in die wartenden Arme der Herrin…«
    Irgendwo in weiter Ferne rang der versagende Körper nach Luft, seufzte und lag still. Doch es spielte kaum eine Rolle. Für einen kurzen Moment nahm Merlins Vision die Helligkeit in sich auf, und er sah Igraine deutlich, die immer jünger wurde, je weiter sie sich von ihnen entfernte, bis sie wieder die Maid mit goldenen Locken war, die er geliebt hatte. Dann trat sie durch das Tor. Das Licht verstärkte sich, bis es jede sterbliche Wahrnehmung überstieg, und Merlin wurde zurückstoßen in den fahlen Sonnenschein eines Erdentages.
     
    Die Oberfläche des Sees kräuselte sich, als Wind über das Wasser strich. Eine Vorhut von Wolken kroch gerade über die westlichen Hügel. Morgause fröstelte, obwohl es noch kaum kälter geworden war; die Kälte, die sie spürte, entsprang ihrer Seele. Merlin, neben ihr, bewegte sich, wie sie Männer halb benommen vom Schlachtfeld hatte taumeln sehen.
    »Es war ein guter Tod«, sprach sie laut aus. »Wieso bin ich so zornig?« Hinter ihnen schwoll das Wehklagen der Priesterinnen an und ab wie der aufkeimende Wind, doch Morgauses Kehle war wie zugeschnürt, ihre Muskeln waren verspannt, ihre Augen trocken.
    »Weil deine Mutter dich verlassen hat«, ertönte sein tiefes Brummen zur Antwort. »Auch ein weniger triumphierender Tod als dieser ist eine Erlösung für den Dahinscheidenden. Wir trauern um unseretwillen, weil man uns allein zurückgelassen hat.«
    Morgause starrte ihn an. Den Großteil ihres Lebens hatte sie diesen Mann gehasst, den sie für den Tod ihres Vaters und den ersten Verrat ihrer Mutter verantwortlich gemacht hatte. Von all den Menschen der Welt hätte sie gerade von ihm nicht erwartet, dass er sie verstünde.
    »Ich erinnere mich noch, wie meine Großmutter starb«, sagte sie. »Meine Mutter hat geweint, während ich verständnislos am Ufer spielte. Argante hat vorhergesagt, dass ich eines Tages die

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