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Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel

Titel: Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana L. Paxson
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bewegen, mich anzuerkennen…«
    Und dein aus Blutschande entstandener Bastard wäre eine Last, die du dir nicht aufbürden willst! Es wäre anders gewesen, hätte sein Vater ihn geliebt. Doch wieso sollte er? Medrod wusste nur zu gut, dass seine Zeugung ein Unfall, seine Geburt Rache gewesen war. Er sollte sich glücklich schätzen, dass der König sich überhaupt verantwortlich für ihn fühlte.
    Medrod kam überhaupt nicht in den Sinn, sich zu fragen, weshalb er Artors Liebe wollte. Er empfand nur den Schmerz des Begreifens und einen Zorn, den er gar nicht erst zu verstehen versuchte.
    »Also nimmst du mich nicht mit?«
    »Das kann ich nicht.« Hilflos breitete Artor die Hände aus, dann ließ er sie herabsinken. Er drehte sich um und schlenderte weiter. »Ich lege die Herrschaft über Britannien in die Hände meiner Königin. Wenn es hier Schwierigkeiten gibt, musst du dich an Gwendivar wenden.« Medrod nickte, merkte, dass sein Vater ihn nicht sehen konnte und murmelte etwas, das der König als Zustimmung auffassen mochte. Seine Augen brannten, und er redete sich ein, es sei der Wind. Doch als unsagbarer Schmerz in ihm hochstieg, schleuderte er den Apfel in seiner Hand mit voller Wucht von sich. In hohem Bogen stieg er auf, dann fiel er klatschend in den Fluss. Gemeinsam beobachteten er und Artor, wie die Strömung ihn erfasste und in Richtung des Meeres davontrug.

V
    Die Hochkoenigin
    A.D. 507-512
     
    In Camelot herrschte ein ständiges Kommen und Gehen. Man gewöhnte sich an den Lärm, besonders jetzt, da aufgrund einer Reihe heißer Tage Anfang Juni jedes Fenster, jede Tür offen stand. Doch die Stimmen vor dem kleinen Gebäude, in dem die Königin die Bücher führte, wurden zunehmend lauter. Als Ninive hereinkam, deren helles Haar sich in der schwülen Luft wild kräuselte, legte Gwendivar die Listen der in Rindfleisch oder Korn bezahlten Steuern beiseite.
    »Herrin – da ist ein Reiter mit Botschaften aus Gallien.«
    Das Herz der Königin pochte wild in der Brust, aber sie hatte gelernt, keine Regung zu zeigen. Plötzlich spürte sie, wie das feine Linnen ihrer Tunika an Brust und Rücken klebte und Schweißtropfen auf der Stirn standen. Mit angespannt gefalteten Händen wartete sie, bis der Bote hereinkam, dessen Kittel noch mit Salz von der Reise über das Meer befleckt war.
    »Dem König geht es gut«, begann er hastig, und ihr wurde klar, dass ihr Gesicht sie doch verraten hatte, aber das spielte jetzt keine Rolle. Sie erkannte Artors Siegel auf der Rolle aus ungegerbtem Leder, in der er seine Botschaften versandte, und streckte die Hand aus. Die flinke, eckige Handschrift, die ihr mittlerweile sehr vertraut war, verschwamm vor ihren Augen, dann verfestigte sie sich zu Worten.
    »… und so haben wir wieder bei Civitas Aquilonia das Lager aufgeschlagen. Heftiger Regen hat hier gewütet, und unter den Männern kursiert Krankheit, aber wir hoffen bald auf besseres Wetter.«
    Nur allzu gerne hätte sie den Sonnenschein mit ihm geteilt, den sie hier hatten. Doch wäre das Wetter auf beiden Seiten der Meerenge dasselbe, wäre das Land mittlerweile vom Austrocknen bedroht. Als Artor noch durch Britannien reiste, zählte es nicht zu seinen Gewohnheiten, ihr zu schreiben. Nun aber schien die Königin sein Bindeglied zur Heimat zu verkörpern. Artors Handschrift zu entziffern war nur eine der Fähigkeiten, die Gwendivar sich angeeignet hatte, seit der König sie zurückgelassen hatte, um in seinem Namen zu herrschen.
    »Die Neuigkeiten aus dem Süden Galliens sind weiterhin schlecht, zumindest für das Königreich Tolosa. Chlodowig hat sich entschlossen, gegen die Goten zu ziehen, und ich glaube, diesmal wird Alarich nicht in der Lage sein, ihn aufzuhalten. Für uns bedeutet das Frieden, bis die Franken ihre neue Eroberung in ihr Machtgefüge eingegliedert haben. Aber in ein, zwei Jahren werden sie sich umsehen und feststellen, dass diese letzte römische Bastion ihnen immer noch trotzt.
    So lange bleibt mir wohl, um zwischen den britischen Häuptlingen Armoricas Bündnisse zu schmieden, die dem Sturm widerstehen werden. Darf ich hoffen, das Kaiserreich des Westens wieder aufzurichten? Ich weiß es nicht mehr – einst sah ich ein Gallien, das es zurückzuerobern galt, doch nun sehe ich Menschen, die ihr Vertrauen in mich gesetzt haben und die ich nicht enttäuschen darf…«
    An dieser Stelle wies die Handschrift eine Unterbrechung auf. Der Rest des Briefes war mit der Tinte eines anderen Farbtons

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