Brockmann Suzanne
mir.“
„Die Wahrheit ist, dass Sie mich heute in der Übung tatsächlich abgelenkt haben. Mit Ihnen dort draußen zu sein, war für mich extrem verwirrend.“
Sie hatte ihre Arme vor der Brust verschränkt, eine Augenbraue leicht angezogen und sah ihn mit einer Mischung aus Ungeduld und Verachtung an. „Und das erzählen Sie mir, weil …?“
Er blickte sie aus schmalen Augen an. „Oh, verstehen Sie mich nicht falsch – das soll keine Anmache werden. Das würden Sie zweifelsfrei bemerken.“
Ihr Blick hielt seinem nicht länger stand; sie wandte die Augen ab. Wer hätte das gedacht? Sie war doch nicht so abgebrüht, wie sie tat.
Harvard nützte seine kurzfristige Oberhand. „Ich denke, Sie sollten wissen, dass ich nichts davon halte, Frauen in derartige militärische Risikoprojekte zu integrieren.“
P. J. schleuderte ihm ein „Sie sind ja komplett verrückt“Lachen entgegen. „Dann hatte ich ja Glück, dass Sie nicht im Auswahlkomitee der FInCOM saßen.“
„Ich habe kein Problem mit Frauen, die bei der FInCOM und beim Militär arbeiten. Ich finde nur, dass sie – dass Sie – risikoarmen, administrativen Aufgaben nachgehen sollten, statt am Kampfgeschehen teilzunehmen.“
„Verstehe.“ P. J. nickte. „Sie wollen mir also sagen, dass ich besser als Sekretärin aufgehoben wäre – unabhängig davon, dass ich einer der besten Schützen der FInCOM bin?“
Ihre Augen brannten vor Wut.
Harvard hielt ihnen stand. „Sie haben heute wirklich bewiesen, dass Sie ein hervorragender Schütze sind. Sie sind wirklich sehr gut, das muss ich zugeben. Aber es ist nun einmal Tatsache, dass Sie eine Frau sind. Und Sie da draußen in einer Kampfsituation im Team zu haben, würde mich und meine Männer nur ablenken.“
„Das ist Ihr Problem“, warf sie empört ein. „Wenn Sie Ihre Hose nicht anbehalten können …“
„Damit hat das nichts zu tun, und das wissen Sie genau. Es geht um den Beschützerinstinkt. Wie können wir unseren Job erledigen, wenn wir damit beschäftigt sind, uns um Sie zu sorgen?“
P. J. traute ihren Ohren nicht. „Wollen Sie mir etwa sagen, dass ich diejenige bin, die sich ändern muss? Nur, weil Sie mit einer derart vorsintflutlichen Einstellung herangehen? Sie sind derjenige mit dem Problem, und ich soll mich anpassen? Das glauben Sie ja wohl selbst nicht, Matrose. Hören Sie einfach auf, mich als Frau zu betrachten, dann werden wir prima miteinander auskommen.“
Diesmal war es an Harvard, ungläubig zu lachen. „Das wird nicht passieren.“
„Versuchen Sie’s doch mal mit einer Therapie, Senior Chief. Mich werden Sie jedenfalls nicht so einfach los.“
Sein Lächeln war nun komplett aus seinen Zügen gewichen. Plötzlich wirkte er hart und unerbittlich. „Sie sollten wissen, dass Sie höchstwahrscheinlich nur deshalb hier sind, um eine Quote zu erfüllen. Damit irgendein hohes Tier als politisch korrekt dasteht.“
P. J. blieb unbeeindruckt. „Das Kompliment könnte ich Ihnen genauso zurückgeben – das einzige farbige Mitglied der Alpha Squad.“
Er zeigte keine Regung. Er stand einfach da und starrte sie an.
Himmel, er war so groß! Er hatte sich ein sauberes T-Shirt übergezogen, trug aber nach wie vor die Camouflage-Hose von vorhin. Das T-Shirt umspannte seine breiten Schultern und seine muskulöse Brust. Mit seinem rasierten Kopf, der im schummrigen Licht der Bar glänzte, wirkte er unbeschreiblich gefährlich. Gefährlich, aber auch unglaublich gut aussehend und männlich.
Nein, Harvard Becker war nicht einfach nur ein hübscher Junge, so viel stand fest. Aber nichtsdestotrotz war er vielleicht der anziehendste Mann, dem P. J. jemals begegnet war. Sein Gesicht war kantig, mit hohen Wangenknochen und einem starken Kinn. Seine Nase war groß, aber sie hatte genau die richtige Größe für sein Gesicht; sie verlieh ihm ein majestätisches Aussehen. Und er hatte die hübschesten Ohren, die sie je gesehen hatte: Sie waren perfekt geformt und absolut symmetrisch. Vor der Übung hatte er den kleinen Brillantstecker herausgenommen, den er sonst immer trug. Inzwischen funkelte er wieder in seinem linken Ohr.
Aber es waren Harvards Augen, die P. J. von Anfang an aufgefallen waren: goldbraun, tiefgründig und dunkel bildeten sie den Schwerpunkt seines Gesichts, ja seiner gesamten Gestalt. Wenn die Augen tatsächlich das Fenster zur Seele sind, dann musste dieser Mann eine geradezu magische Seele haben.
Ja, er war eine waschechte Augenweide.
Und, um genau zu sein:
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