Broken (German Edition)
«In zwei Kliniken wurden Jesse Owen Richards und Miki Ashton viermal zur selben Zeit stationär behandelt.»
«Okay, das wär’s dann wohl. Richards ist unser Mann. Spüren wir ihn auf.»
«Ich hab das Führerscheinfoto von Richards», sagte Bevins. «Es ist aber sechs Jahre alt. Er hat es nicht erneuert. Ich finde auch kein Fahrzeug, das auf seinen Namen zugelassen ist. Ich hole das Foto auf den Bildschirm.» Wir blickten alle zu dem großen Flachbildschirm an der Wand. Ein weißer, übergewichtiger Mann mit dickem Hals, Hängebacken, braunen Augen und braunem Haar schaute zu uns herunter. «Eins neunzig», sagte Bevins. «Hundertfünfundvierzig Kilo.»
«Er könnte in den sechs Jahren abgenommen haben», gab Balaki zu bedenken.
«Miki hat gesagt, er war ein massiger Typ, dicklich. Sein Pullover hat sich über dem Bauch gespannt», sagte ich.
«Wo ist er jetzt?», wollte Rauser wissen.
«Er gilt als vermisst», sagte Williams, und die Energie im Raum verpuffte. «Die Großeltern, Fred und Melinda Etheridge, haben ihn vor drei Jahren als vermisst gemeldet.»
«Finden Sie raus, wo sie wohnen, und lassen Sie das Haus überwachen. Vorne und hinten. Ich will nicht, dass jemand durch die Hintertür entwischt. Die Sache kommt mir ein bisschen sehr praktisch vor. Sobald die Leute vor Ort sind, werden Keye und ich mit den Großeltern ein Schwätzchen halten.»
«Keine Daten über ein Arbeitsverhältnis oder eine irgendwie geartete berufliche Tätigkeit. Nichts», sagte Williams. «Er ist nicht wieder aufgetaucht.»
«O doch, das ist er», sagte Rauser. «Und er hat angefangen, Leute umzubringen.»
«Wie sieht’s mit Bankdaten aus?», fragte ich.
«Sein Bankkonto wurde aufgelöst», sagte Bevins. «Eine Woche vor der Vermisstenmeldung. Zweihundertdreißig Dollar.»
«Dann wusste er also, dass er untertauchen würde», sagte ich.
«Hat damals schon verdächtig ausgesehen», sagte Bevins. «Eine Vorgeschichte von psychischen Erkrankungen und dann das Bankkonto leeren. Den Notizen der Detectives nach haben sie den Schluss gezogen, dass er aus freien Stücken verschwunden ist.»
Ich entdeckte eine Packung Kekse auf Balakis Schreibtisch und nahm sie mir. «Blutzuckernotfall», sagte ich. Meine Nerven spielten verrückt, und ich konnte mich nicht erinnern, wann ich zuletzt was gegessen hatte. Wodka wäre gut gewesen, aber ich hatte eben nur Kekse.
«Greifen Sie zu», sagte Balaki.
Ich riss die Packung auf. Die Kekse waren hart und trocken. Ich schob mir einen in den Mund. Mein Handy leuchtete auf, eine Alabama-Vorwahl. Ich hängte mir das Headset ans Ohr.
«Hal-wu», sagte ich. So klingt das nun mal, wenn du dich mit einem trockenen Schokokeks im Mund am Telefon meldest. Balaki kicherte.
«Hier ist das Regional Medical Center in Tuscaloosa, Alabama. Spreche ich mit Keye Street?»
«Ja.»
«Wir haben Miki Ashton bei uns unter Beobachtung.»
«Was ist passiert?» Rauser hatte mir wohl angehört, dass etwas nicht stimmte. Er sah mich besorgt an. «Geht es ihr gut?» Ich dachte an die Verwüstung, die der Sturm angerichtet hatte.
«Das kann sie Ihnen besser selbst sagen.»
«Keye, alles in Ordnung. Nur mein Bein nicht. Und ich hab mein neues Handy verloren.»
«Was ist passiert? Ist es schlimm?»
«Mehrfacher Bruch. Ich bin für eine Weile außer Gefecht.»
«O nein, Miki. Du Ärmste.» Ich blickte Rauser an und flüsterte ihm zu, dass Miki ein gebrochenes Bein hatte.
«Das war der totale Wahnsinn hier», erzählte Miki mir. «Hier sieht’s aus wie im Krieg. Ernsthaft. Ich war in Beirut nach einem Bombenangriff, und da hat es weniger Infrastrukturschäden und weniger Verletzte gegeben. Die Bilder hab ich schon an die Redaktion geschickt. Die sind atemberaubend, Keye. Einfach unbeschreiblich, was hier passiert ist. Der größte Tornado, den ich je gesehen habe. Ist gut drei Meilen unten geblieben. Wir waren direkt dahinter. Wir sind durch eine Wohnsiedlung gekommen, die in nur zwei Minuten plattgemacht worden war. Die Leute haben geweint und geschrien. Es war schrecklich. Nur ein einziges Haus stand noch. Das Dach war abrasiert, aber der Rest sah seltsam vollkommen und schön aus mitten in dieser Trümmerlandschaft. Ich hab eine Frau um Hilfe rufen hören. Ich bin rein und hab sie gefunden, und dann ist eine Wand eingestürzt.» Miki bat mich, kurz dranzubleiben, und ich hörte, wie sie die Schwester anfuhr. «Kann ich bitte endlich ein Schmerzmittel bekommen? Haben Sie eine Ahnung, wie scheißweh das
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