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Broken (German Edition)

Broken (German Edition)

Titel: Broken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Kyle Williams
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geschoben. Bald würde ein Therapeut vor Ort eintreffen, um bei der Bewältigung der Kollateralschäden zu helfen – posttraumatischer Stress, Depression und Fassungslosigkeit –, die jeden zerreißen würden, der den Jungen geliebt hatte. Auf die Eltern kam eine Flut von Fragen zu, Fragen, die sie wütend machen und verwirren würden. Die Detectives würden alles tun, um sie möglichst schnell als Verdächtige ausschließen zu können. Die Trauerbegleiter würden auftauchen und tun, was in ihrer Macht stand. Aber für die Familie dieses Jungen würde nichts je wieder so sein, wie es einmal war.
    Die Kamera schwenkte auf Rauser. Ich spürte Neils Hand auf meiner Schulter. Wir sahen, wie Rauser Detective Bevins dabei half, die Mutter vom Boden hochzuziehen und in ein Fahrzeug zu verfrachten, weg von den gnadenlosen TV-Scheinwerfern. Er versuchte, an den Kameras vorbeizukommen, doch der Reporter versperrte ihm den Weg. «Lieutenant Rauser, können Sie uns irgendetwas über das ermordete Kind sagen?»
    Mikrophone wurden ihm vors Gesicht gehalten. Seine kantige Wangenpartie spannte sich unter einem stoppeligen Bartschatten, graue Augen glitten über die Kamera. Wer irgendwas Verdächtiges in der Umgebung von Kings Court und Amsterdam Avenue gesehen oder gehört hatte, möge sich bitte melden. Er nannte die Nummer des Atlanta Police Department und duckte sich dann wieder unter dem Absperrband hindurch.

[zur Inhaltsübersicht]
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    I ch lieferte die wöchentlichen Berichte bei der Kindermädchenvermittlung Super Nannies On Call ab, schaute dann kurz bei Rapid Placement rein, einer Headhunteragentur im One Atlantic Center in Midtown, um meine routinemäßigen Hintergrundüberprüfungen abzuliefern. Es war keine besonders aufregende Arbeit, aber diese beiden Unternehmen, zusammen mit ein paar Anwaltskanzleien und zwei Versicherungsagenturen, die mich von Observierungen bis hin zu Gerichtszustellungen mit allem Möglichen betrauten, bezahlten jeden Monat meine grotesk hohen Kreditraten. Und dann war da noch Tyrones Kautionsbüro Quickbail.
    Seit ich beim FBI aufgehört habe, arbeite ich als amtlich registrierte Kopfgeldjägerin, das heißt, ich jage Kautionsflüchtlinge, und wie sich herausgestellt hat, hab ich ein Händchen dafür. Es ist ein lukratives Zubrot, und es ist weitaus interessanter als die meisten meiner Jobs, die in der Regel darin bestehen, auf irgendeiner Straße im Auto zu hocken und mir die Zeit damit zu vertreiben, die Farbe des nächsten Wagens zu erraten, Hörbücher zu hören und mit den Fingern aufs Lenkrad zu trommeln, um wach zu bleiben, bis irgendwer ohne seine Krücken aus dem Haus gelaufen kommt oder mit einer Prostituierten auftaucht. Die Jagd nach Kautionsflüchtlingen ist auch der Teil meiner Arbeit, den Rauser am meisten hasst. Aber er darf nichts dagegen sagen. Wir haben nämlich eine Abmachung. Ich jammere nicht darüber, dass er bei der Mordkommission ist, und er mischt sich nicht in meine beruflichen Dinge ein. Inzwischen hat jeder von uns schon das eine oder andere Mal die Abmachung gebrochen. Meistens aus Angst. Nachdem wir beide letztes Jahr so schwer verletzt wurden, fiel es mir nicht leicht, mich damit abzufinden, dass er wieder zum Atlanta Police Department zurückging. Und während er sich nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus noch eine Weile zu Hause erholte, machte er sich Sorgen, wann immer ich zur Arbeit ging. Er bestand darauf, dass ich meine Pistole überall dabeihatte. Ich war, nehme ich mal an, die einzige Frau im Supermarkt mit einer Mango, zwei Pfund Spargel und einer 10-mm-Glock. Wir haben uns arrangiert, weil wir mussten. Doch im Grunde ist, was den Beruf angeht, keiner von uns beiden gewillt, auch nur einen Deut nachzugeben.
    Tyrones Kautionsbüro ist auf der Mitchell Street in einem leicht verlotterten, gelb verputzten Haus, nicht weit vom Capitol, vom Gericht, von zig Ämtern, von zahllosen weiteren Kautionsfirmen und einigen ziemlich guten Soul-Food-Restaurants. Ich fand eine Parklücke mit Parkuhr gleich gegenüber von Tyrones Büro. Ich sah ihn durchs Fenster im dritten Stock am Schreibtisch sitzen. Ich stieg aus und fütterte die Parkuhr mit ein paar Vierteldollarmünzen. Dann holte ich die Tasche aus dem Wagen, weil ich sie nicht unbeaufsichtigt lassen wollte. Anderthalb Blocks entfernt von gefühlt einer Million Cops, die das Regierungsviertel sicherten – und es war noch immer gefährlich, hier einen Oldtimer zu parken. Ich wünschte, ich hätte daran

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