Broken (German Edition)
mal Folgen. Ich hab meine Karriere ruiniert, sie kaputtgesoffen. Ich dachte an Miki, an ihre Preise, ihren Wahnsinnserfolg. Bei ihr spielte es irgendwie keine Rolle, wie viel sie trank oder mit wie vielen Drogen sie herumspielte oder wie oft sie deshalb ihre Arbeit hatte unterbrechen müssen. Dank ihres unglaublichen Talents wurde sie immer wieder mit offenen Armen empfangen. Ich hatte meine Cousine sehr gern. Ich wünschte ihr nur das Beste. Ich wollte ihre Erfolge feiern … tief in meinem Innern. Aber an manchen Tagen war das eine sehr bittere Pille, die ich da zu schlucken hatte.
«Wie weit bist du mit Mikis Freunden?», fragte ich Neil und loggte mich in eines der Programme ein, die wir bei der Suche nach Personen benutzen. Ich gab den Namen Steven T. Wriggles ein, Tyrones Kautionsflüchtling, der Popeltyp. Vor zwei Monaten war ein Räumungsbeschluss gegen ihn ergangen, und er hatte aus einer Wohnung in der Nähe der Briarcliff Road ausziehen müssen, seiner letzten bekannten Adresse. Ich machte seine Mutter ausfindig, notierte mir ihre Adresse und alles andere, was zu Wriggles führen könnte, einschließlich eines Cousins ersten Grades.
«Soweit ich das sagen kann, käme logistisch gesehen nur einer von ihnen in Frage. Dieser Countrysänger, Cash Tilison. Er hat ein Haus am See.»
«Der See», so wird in Atlanta der Lake Lanier genannt. Er ist nicht nur die Hauptwasserquelle für den Ballungsraum rund um Atlanta, sondern auch ein wichtiges Erholungsgebiet. Reiche Leute bauen sich dort Häuser mit Seeblick und Anlegedocks für ihre Boote.
«Er hat gestern an einer Wohltätigkeitsveranstaltung im Kinderkrankenhaus teilgenommen. Die ging von sechs bis acht. Er hätte reichlich Zeit gehabt, zu Miki zu fahren, bevor sie nach Hause kam.»
«Er könnte auch von der Statur her der Typ hinterm Fenster gewesen sein», sagte ich. «Hey, ich schick dir Infos zu einem Typen namens Wriggles. Sieh mal zu, ob du eine aktuelle Adresse findest, ehe ich bei seiner Mutter anklopfe.»
Ich rief Miki an, um zu fragen, wie es ihr ging. Mailbox. Ich bezahlte ein paar Rechnungen und rief das Programm mit den Außenständen auf. Rechnungen schreiben. Todlangweilig, aber ein notwendiges Übel. Ich arbeitete ein Weilchen, versuchte es wieder bei Miki. Sie meldete sich nicht. Vielleicht schlief sie noch. Vielleicht schlief sie den ganzen Tag und feierte die ganze Nacht. Ich hatte keine Ahnung, wie sie normalerweise lebte. Ich wusste nur eines: Eigentlich wollte ich sie nicht sehen, wenn ich nach Hause kam.
«Treffer», sagte Neil und drehte sich grinsend zu mir um. «Er hat einen Scheck über achthundertsiebenundfünfzig Dollar für Sunshine Duplexes ausgestellt, eine Doppelhaussiedlung. Mit dem Vermerk Miete plus Säumnisgebühr .» Er nannte mir das Datum. Es war einen Tag nach Wriggles’ Überfall auf den Supermarkt mit etwas, na ja, sagen wir, DNA. Ich fragte Neil nicht, wie er an die Information rangekommen war. In unserem Büro gilt die Regel: «Wenn ich nicht frage, muss er mir nichts erklären».
Eine Arbeitsstelle schien Wriggles nicht zu haben. Wozu arbeiten, wenn du dir einfach nehmen kannst, was du haben willst? Ich hab kein Verständnis für Faulpelze und Leute, die ständig die Hand aufhalten. Ich habe immer für alles gearbeitet, und was ich mir nicht selbst erarbeitet habe, dafür haben meine Eltern geschuftet, um es mir bieten zu können. Ich dachte wieder an Miki und ihre blöden Preise. Leichte Zornesröte färbte meine Wangen. Ich war genau in der richtigen Stimmung, um Steven T. Wriggles einen Besuch abzustatten. Aber vorher musste ich nach Hause, die richtigen Klamotten anziehen und nachsehen, wie es meiner Cousine ging und was sie machte.
[zur Inhaltsübersicht]
5
D as Georgian Terrace Hotel entstand keine fünfzig Jahre, nachdem General Sherman während des Bürgerkrieges brandschatzend von Atlanta zum Meer marschiert war und unserer Architekturgeschichte den Garaus gemacht hatte. Es besteht aus buttergelben Ziegeln und Kalkstein und wurde im französischen Renaissance-Stil erbaut, der einer Stadt, die praktisch aus ihrer eigenen Asche auferstanden war, Pariser Flair geben sollte. Dass ich hier ein Domizil ergattert hatte, grenzte an ein Wunder. Der Manager der Frühschicht und sein griesgrämiger Concierge in dem kleinen schwarzen Sakko würden das sofort bestätigen. Die beiden sind die einzigen Angestellten hier, die sich einfach nicht für mich erwärmen wollen. Wer kann es ihnen verdenken? Ich
Weitere Kostenlose Bücher