Broken (German Edition)
hier Richards’ Werk war. Seine widerwärtige Energie hatte alles in unseren Räumen besudelt.
«Wir haben die gesamte Nachbarschaft überprüft. Keine weiteren Einbrüche», erklärte die Polizistin. «Sieht so aus, als hätte jemand Sie auf dem Kieker, Ms. Street.»
Ich ging zu Neils Schreibtischsessel und stellte ihn wieder hin, wischte ihn mit der Hand sauber – eine winzige Insel der Ordnung in dem beängstigenden Chaos.
Rauser war an Williams’ Arbeitsplatz im Großraumbüro. Die Detectives Bevins, Angotti und Thomas saßen an ihren Schreibtischen, die anderen Tische waren leer. Das hieß, dass vierzehn Ermittler des Morddezernats irgendwo draußen unterwegs waren. Ich konnte mir denken, in welchem Fall sie ermittelten. Rauser winkte mich zu sich herüber. Ich hörte Andy Balakis schleppenden Südgeorgia-Tonfall aus dem Telefonlautsprecher. «Wir fahren jetzt zu der Baustelle. Mal sehen, ob er da ist.»
Rauser beendete das Gespräch und sah mich an. «Monica Roberts hat mich vorhin angerufen. Sie meinte, du hättest ihr ein Interview mit uns beiden zugesagt?»
Ich schielte zu Bevins hinüber. Sie versuchte das Grinsen zu verbergen, das ihre Lippen umspielte, und schaute nach unten auf ihre Tastatur. Ich vermutete, dass Rauser nach dem Telefonat mit der Reporterin ordentlich Dampf abgelassen hatte.
«Glaubst du ernsthaft, so was würde ich zusagen?», entgegnete ich. Ich versuchte nicht mal, meine beschissene Stimmung zu verbergen.
«Äh. Nein. Eigentlich nicht», sagte Rauser.
«Sie hat gefragt. Ich hab ausweichend geantwortet. Aber ich hab nicht zugesagt.»
«Hast du die Nachrichten gesehen?»
«Ich war ziemlich beschäftigt.» Ich ließ unerwähnt, dass ich die Presskonferenz verfolgt hatte.
«Im Fox-Frühstücksfernsehen gab’s eine große Diskussion über Sie», sagte Bevins.
«Na toll», murmelte ich. Angst überrollte mich wie ein Sattelschlepper. Für einen wirklich spaßigen Tag hätte nur noch White Trash in meine Schuhe kotzen müssen. Ich ging heute besser vom Schlimmsten aus.
Rauser starrte auf seinen Monitor, tippte mit zwei knorrigen Fingern, was ich normalerweise niedlich fand. Heute ging es mir auf die Nerven. «Entspann dich, Street», sagte er, ohne aufzublicken. «Wie ich schon sagte, die mögen ehrliche Antworten.»
«Anscheinend haben Sie mit Ihrer Bemerkung über Genesung von der Sucht mal eben das Stigma des Alkoholismus aufgehoben», sagte Bevins. Sie gab sich keine große Mühe, den sarkastischen Unterton zu überspielen. Bevins hatte ihre eigenen Probleme mit Alkohol. Das wusste ich von Rauser. Aber das war vertraulich. Mit mir hatte sie nie darüber gesprochen.
«Vor einigen Monaten wollten sie mich noch lynchen», sagte ich düster.
«Du weißt doch, wie so was läuft», sagte Rauser. «Wo hast du den ganzen Vormittag gesteckt?» Er sah mich an. «Alles in Ordnung?»
«Mein Büro wurde heute Morgen demoliert. Richards. Er hat auf meinem Schreibtisch eine Nachricht hinterlassen, die sich auf sein Lieblingswort beschränkt. Alles kurz und klein geschlagen. Ich musste Anzeige erstatten. Mit der Versicherungsgesellschaft reden, den Schlüsseldienst und den Vermieter anrufen. Und ich musste abwarten, bis die Tür repariert war, ehe ich wegkonnte.»
«Warum hast du mich nicht angerufen?»
«Der Schaden war angerichtet, Rauser. Die Polizei war da. Du hättest nichts machen können.»
«Er hat Sie vor dem Tatort mit der Presse reden sehen, und dann auch noch die Sache im Frühstücksfernsehen, das muss ihn richtig auf hundertachtzig gebracht haben.» Bevins runzelte die Stirn.
«Offensichtlich», pflichtete ich ihr bei. «Also? Wie sieht’s aus? Irgendwelche verwertbaren Anrufe?»
«Die Hälfte meiner Leute ist unterwegs und geht Hinweisen nach», sagte Rauser. «Und wir haben den Landschaftsbaubetrieb ausfindig gemacht, von dem die Großeltern erzählt haben. Starke Fluktuation bei der Belegschaft. Die Geschäftsführung hat nicht viel mit den Arbeitern zu tun. Keiner kann sich an unseren Mann erinnern. Aber sie haben Unterlagen über ihn. Es gibt da einen Vorarbeiter, der schon länger da ist. Balaki und Williams versuchen, ihn ausfindig zu machen. Mal sehen, woran der sich erinnert.»
Ein Blitz leuchtete so grell auf, dass wir alle zu den Fenstern schauten. Ich tat das, was ich schon mein Leben lang bei Gewitter tue. Ich zählte im Kopf die Sekunden, bis der Donner kam. Mit dieser Taktik hatte meine Mutter mich immer von meiner Gewitterangst abgelenkt. Eins,
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