Broken (German Edition)
Satellitenbilder von der Gegend, in der er wohnt. Die Sache muss wie am Schnürchen ablaufen. Das heißt, wir müssen die nähere Umgebung kennen und wissen, in welche Ecken sich die Ratte flüchten kann.»
«Die Gesichtserkennung liefert eine fünfundneunzigprozentige Wahrscheinlichkeit, dass Rabelo und Richards ein und derselbe sind», meldete Bevins.
Rauser ging zu Major Hicks, um ihn auf den neuesten Stand zu bringen. Als er zurückkam, sagte er uns, dass Hicks Julian Rabelos Foto sofort an die Medien geben würde.
«Angotti und Thomas fahren zusammen. Bevins, Sie kommen mit mir», befahl Rauser.
«Ich will auch mitkommen», sagte ich.
«Du kannst uns folgen», sagte Rauser. «Aber du bleibst draußen, bis die Situation unter Kontrolle ist.» Ich nickte. Mein Puls lag ungefähr bei hundertfünfzig. Ich brannte darauf, mit anzusehen, wie der Scheißkerl, der am Morgen mein Büro verwüstet hatte, gefasst wurde. Ich hoffte, sie würden dafür sorgen, dass er auf dem Weg ins Präsidium versehentlich gegen ein paar Türen lief.
Das Licht fiel wieder aus. Die Fahrstühle funktionierten nicht. Wir leuchteten uns mit Taschenlampen den Weg durch das stockfinstere Betontreppenhaus der City Hall East. In der Tiefgarage wurden die Kofferräume geöffnet, und wir zogen Schutzkleidung an – Westen mit Kevlar-Platten, die uns vor einem Schuss in den Torso schützen würden. Selbst mit den kugelsicheren Platten waren die Westen erstaunlich leicht. Aber sie waren warm. Rauser warf mir eine Regenjacke mit dem Aufdruck APD zu und stieg zusammen mit Bevins in seinen Wagen. Ich sprang in Neils blauen Knubbel von Auto. Thomas und Angotti fuhren hinter mir los.
Der Mietvertrag für das Haus lief immer nur für einen Monat und war viele Male auf den Namen Julian Rabelo verlängert worden. Der Besitzer war ein stadtbekannter Slumlord. Laut Bevins hatte die Polizei schon mehrfach mit dem Mann zu tun gehabt. Er verweigerte jede Kooperation, wenn Cops die Erlaubnis benötigten, ein Haus zu öffnen. Schließlich hörten sie auf zu fragen und verlegten sich meist auf die Version, sie hätten von drinnen Geräusche gehört, die vermuten ließen, dass Gefahr im Verzug war.
Wir bogen auf die McDonald Street und fuhren auf den Block zwischen Berean Avenue und Boulevard zu. Der Wind peitschte den strömenden Regen jetzt fast waagerecht. Die Straße begann mit frisch gestrichenen einstöckigen Holzhäusern, gemähten Rasenflächen und Blumenkästen vor den Fenstern. Doch schon bald sah man durchhängende Veranden, kaputte Zäune, abblätternde Farbe, mit Graffiti beschmierte Mauern und verwildertes Brachland, auf dem sich Reifen und Autowracks türmten. Wir hielten hinter Williams und Balaki vor einem Haus mit einer eingefallenen Verandaüberdachung. Ein Anhänger von einem großen Laster war in einer Ecke abgestellt worden. Er war mit kunstvollen Illustrationen bedeckt: Gang-Symbole und Graffiti, die schön und beängstigend zugleich waren. Drum herum wucherte Unkraut. Die Rückseite war offen, und drinnen lungerte eine Gruppe von Kids herum, vor dem Regen geschützt, rauchend, lachend. Überall am Straßenrand parkten Autos. Entweder die Anwohner arbeiteten alle Nachtschicht, oder sie arbeiteten überhaupt nicht. Die Armen waren in Atlanta schon eine ganze Weile immer ärmer geworden. Es war die perfekte Wohngegend, um unterzutauchen.
Bevor wir losfuhren, waren noch einige Informationen zu Rabelo reingekommen. Er hatte kurz vor dem Elften September seine Staatsbürgerschaft erhalten und immer entweder in der Gastronomie oder im Landschaftsbau gearbeitet. Er hatte offenbar keine Familie in den USA. Er war unverheiratet. Er hatte keine Kinder. Er war hellhäutig und wohnte in einer verwahrlosten Gegend, wo die Leute häufig umzogen. Seine Nachbarn kannten vermutlich nicht mal seinen Namen. In einem Viertel, in dem Häuser nur mit Monatsverträgen vermietet wurden, wer hätte da merken sollen, dass Rabelo durch jemand anderen ersetzt worden war?
Wir stiegen alle aus und duckten uns im Regen. Rauser sah mich böse an. «Ich bleibe draußen, bis die Situation unter Kontrolle ist», sagte ich zu ihm. Aber das hieß nicht, dass ich nicht versuchen würde, so nah ranzukommen wie nur eben möglich. Ich war schon groß, und das wussten sie.
Sie überprüften ihre Waffen und Westen und blickten dann auf ein Haus drei Türen weiter – ein flacher Holzbau, der halb hinter Wisteria-Ranken und bestimmt zweieinhalb Meter hohen Ligusterbüschen
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