Broken (German Edition)
kleine Probe von der Asche für unser Labor.» Ich hielt Zeigefinger und Daumen einen halben Zentimeter auseinander. «Eine winzige Probe würde schon reichen.»
Von der Veranda rief jemand herüber, er solle sich beeilen. «Hören Sie, Lady, meine Frau hat geschlagene zwei Wochen lang geheult. Ich will sie nicht wieder aufwühlen.» Huckaby kratzte sich am Kopf. «Tun wir so, als wären wir hier fertig, und in zwei Minuten entschuldige ich mich und gehe ins Haus und klaue etwas Asche für Sie.»
Ein langer Sabberfaden hing an einer Seite aus Tanks breitem Maul und dehnte sich Richtung Boden. Ich konnte ihn atmen hören. «Ich würde die Probe lieber selbst entnehmen, wenn Sie nichts dagegen haben.»
«Kommt nicht in Frage.»
«Es ist wichtig, dass die Probe nicht kontaminiert wird.»
«Mit Kontamination haben Sie’s aber, was?» Er blickte wieder über seine Schulter. «Warten Sie vor dem Haus.»
Neil hatte seinen Laptop auf dem Schoß, als ich zum Wagen kam. Er hatte sich über Huckabys WLAN ins Internet eingewählt, erklärte er mir. «Hast du die Asche?»
«Er bringt gleich eine Probe. Will nicht, dass seine Frau was merkt.»
«Wow. Ich hab ehrlich nicht geglaubt, dass du das hinkriegst.»
«Sein Rottweiler war ganz wild auf mich.»
Die Küchentür ging auf. Ich traf mich mit Huckaby am Carport. Er hatte eine kleine Papiertüte mit einem gräulich-weißen Pulver gefüllt. «Wenn Sie feststellen, dass mit der Urne irgendwas nicht stimmt, rufen Sie mich direkt an.» Er gab mir einen Zettel mit seiner Telefonnummer.
Ich tat die Probe in einen Plastikbeutel, den ich verschloss und in meine Aktentasche packte. Neil wendete meinen Straßenkreuzer und steuerte ihn langsam aus Huckabys Einfahrt. Seine Hände lagen nebeneinander oben auf dem Lenkrad. Er saß aufrecht und nah am Steuer, wie ein alter Mann mit schlechten Augen. Neil fuhr notorisch langsam. Er wirkte immer wie jemand auf Besichtigungstour, was ihn zum schlechtesten Fluchtfahrer der Welt machte. Ich schrieb das dem erhöhten THC-Pegel in seinem Blut zu.
«Ich hab Mikis Nachbarn überprüft, wie du wolltest. Inman Park scheint die blitzsauberste Gegend der ganzen Stadt zu sein. Ich meine, selbst in den sozialen Netzwerken. Da geht’s nur um Kinder und Kätzchen und so. Keine Kriminellen, keine Exhibitionisten, die gehen nicht mal bei Rot über die Fußgängerampel. Der Nachbarschaftsverein hat ein paar Mitteilungen in Sachen Haus und Grundstück an Miki geschickt. Der Zaun muss gestrichen und der Garten gepflegt werden, entsprechend ihren Vorgaben. Sie erinnern sie daran, dass sie beim Einzug eine Vereinbarung unterschrieben hat. Ich hab so gut wie alles an dich weitergeleitet, plus sämtliche Infos, die ich über die anderen Typen finden konnte, mit denen sie zusammen war.»
«Das hast du alles gemacht, während ich mit Huckaby geredet hab?»
«Ich hab das gemacht, seit du mir den ganzen Kram gestern Morgen aufgehalst hast. Denkst du, ich bin immer nur am Twittern oder so?»
«Oder stoned.»
«Ich habe wirklich Respekt davor, dass du deinen Drogenkonsum auf Unmengen Alkohol beschränkt hast. Du bist für mich eine Art Vorbild.»
Ich überging das. «Meinst du, du kriegst die Tachonadel auf über fünfunddreißig Meilen? Ich würde gern noch einen Blick auf das Krematorium werfen, bevor es dunkel wird.»
Mein Telefon klingelte. Ich sah aufs Display, eine Atlanta-Nummer. «Keye Street», meldete ich mich.
«Ms. Street. Hier ist Milo Stanton vom Georgian Terrace Hotel.»
O-oh. Milo. Concierge im schwarzen Blazer und mit Messingnamensschild. Milo – Speichellecker des Hotelmanagers, der mich nicht leiden kann.
«Ihre Katze ist bei uns im Büro.»
«Moment, Moment, Moment. Wieso haben Sie meine Katze?» Neil warf mir einen Blick zu. «Fahr rechts ran», sagte ich zu ihm. «Ruf Miki an.»
«Ein Gast hat sie auf dem Flur im zehnten Stock gefunden», sagte Milo. «Meines Wissens haben nur Sie eine Katze im Hotel. Und einige unserer Mitarbeiter haben sie erkannt.»
«Miki geht nicht ran», sagte Neil.
«Ich bin zwei Autostunden weit weg», sagte ich zu dem Concierge. «Ich rufe jemanden an, der sie abholt, und ich komme, so schnell ich kann.»
«Wir haben hier wirklich keinen Platz für eine Katze, Ms. Street. Ich habe Anweisung, im Tierheim anzurufen.»
«Jetzt hören Sie gut zu, Milo.» Heißer Zorn durchfuhr mich wie ein Blitz. Ich öffnete die Beifahrertür, stieg aus und ging um den Wagen herum. Neil stellte keine Fragen. Er stieg
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