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Broken Lands

Broken Lands

Titel: Broken Lands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Milford
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habe – und noch dazu mit gestohlenen Feuerwerkskörpern –, den könne man ruhig in die Lehre nehmen. Das Haus war nämlich in einem besonders schwierig herzustellenden Farbverlauf von Scharlachrot zu Gold hochgegangen, weißt du? Es war mir gelungen, mein Gefängnis mit Stil in die Luft zu sprengen. Und daher kommt auch mein Name: Jin bedeutet ‹Gold›, und mein Bühnenname, Xiaoming, war der Name einer Kaisertochter aus einer alten Legende. Er bedeutet ‹Leuchtet in der Nacht›.»
    Sie schüttelte die Pfanne mit der Mischung vorsichtig wie ein Goldwäscher, der nach dem begehrten gelben Metall sucht, und stellte sie dann behutsam auf einem flachen Stück Strand ab. «Als Allererstes löste er die Bandagen um meine Füße. Er meinte, ein anständiger Feuerwerker muss weglaufen können, wenn es brenzlig wird. Du kannst dir wohl denken, dass ich nichts dagegen hatte. Allerdings ließ sich einiges nicht mehr rückgängig machen; meine Füße hatten bereits Schaden genommen. Wir merkten, dass wir sie wieder binden mussten und nach und nach die Bandagen lockern, damit sie sich wieder an ihre Freiheit gewöhnen konnten. So ließen wir die Füße Stück für Stück wieder nach oben kommen. Es dauerte Jahre, bis ich wieder anfangen konnte zu rennen.»
    Jin entzündete die Mischung in der Pfanne mit ihrem Feuerzeug, und kleine, lustige Flammen züngelten empor. «Ein Signalfeuer», sagte Sam lächelnd.
    Jin nickte und setzte sich neben ihn, wobei sie die Hosenaufschläge so zurechtzupfte, dass sie über ihre Schuhe fielen.
    Das Feuer hatte einen silbrigen Schimmer, und in der Luft hing der Duft nach Zimt. Ein dumpfer Schmerz presste Sams Brust zusammen.
    Irgendwo hinter ihnen spielte ein Orchester im Hotel Broken Land einen Walzer, trotz der Ungeheuerlichkeit, die eben erst auf dem Gelände entdeckt worden war. Die Melodie tönte so klar und deutlich durch die Nacht, als ob sie nur wenige Meter vom Dirigentenpult entfernt sitzen würden.
    «Ich weiß, wie sich das für dich anhören muss», sagte Sam schließlich, «und es tut mir jetzt schon leid, dass ich das sage, aber ich glaube, ich habe recht.» Er holte tief Luft. «Ich denke, du solltest die Schuhe ausziehen.»
    Sie funkelte ihn an. «Wie bitte?»
    Er hatte nicht vorgeschlagen, sie solle ihre Kleider ablegen, aber weit davon entfernt war es nicht. «Ich weiß, es steht mir nicht zu, das zu sagen, aber ich finde, du solltest es tun. Jeder sollte so oft es geht den Sand zwischen den Zehen fühlen.»
    Er sah, wie sie eine geraume Weile mit dieser Vorstellung kämpfte, wobei ihr Gesicht die ganze Zeit grimmig verzogen blieb. Schließlich jedoch glättete sich ihre Stirn. «Also gut.»
    Sie griff nach unten und fummelte unter den weiten Hosenaufschlägen herum. Es dauerte nicht lang, da zog sie ein Paar bestickte rote Pantoffeln hervor, die sie ordentlich beiseite stellte.
    Sam wartete. «Und?»
    «Und was?»
    «Wie ist es?»
    Sie dachte nach. «Wirklich sehr angenehm.»
    «Das kannst du gar nicht beurteilen, wenn du bloß so dasitzt. Steh auf, lauf herum. Und würdest du bitte aufhören, dir Gedanken zu machen?», setzte er hinzu, als sie unruhig auf ihrem Platz hin und her rutschte. «Ich habe dir diesen Vorschlag nicht gemacht, damit ich deine Füße angaffen kann.»
    Sie murmelte etwas auf Chinesisch, stand auf, straffte die Schultern und machte ein paar Schritte. Trotz seiner Worte fragte sich Sam, ob sie es bemerken würde, wenn er einen Blick auf die Füße erhaschte, um die sie so besorgt war. Es war ja dunkel … aber er schaffte es, seine Augen nicht nach unten wandern zu lassen.
    «Es ist schön», sagte Jin nach einer Weile. Ihre Stimme klang weicher. Sie ging noch ein Stück. «Fühlt sich wirklich gut an. Du hattest recht.»
    Sam schaute zu, wie sie im Kreis um das Feuer ging. Er hatte den Verdacht, dass sie in den unbeholfenen Gang, der ihm auf der Culver Plaza aufgefallen war, unwillkürlich verfiel, wenn sie sich unsicher fühlte. Sie war so gegangen, als sie die Lobby des Hotels durchquert hatten, aber davor, als sie so glücklich über das Feuerwerk gewesen war, hatte sie ihre verkrüppelten Füße ganz vergessen. Und ihr Körper auch. Sam hielt jetzt Ausschau nach diesem Gang, aber ihre Schritte waren lediglich vorsichtig und genüsslich, während sie durch den Sand auf ihn zukam.
    Der Walzerklang tanzte auf der Brise, die sich in ihren Kleidern verfing, und auf ihrem Haar schimmerten Lichter vom Feuer. Der Schmerz in seiner Brust ließ ihn

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