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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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auf einen stämmigen Rappen mit thrakischem Blut. Unser Ferox war ein echter Spanier. Von der stolzen Kopfhaltung über die bebenden Nüstern bis hin zum hungrigen Glitzern in seinen Augen verriet alles an ihm Rasse.
    Als die Sklaven die Seile kappten und die Startgatter aufflogen, hatte der Mauretanier, kaum, daß die Pferde über die Startlinie setzten, bereits die Nase vorn. Ferox war nur eine Halslänge hinter ihm. Goldschatz war von einem Braunen mit weißer Fessel und tückisch-scheelem Blick abgedrängt worden und machte das Schlußlicht.
    »Ah!« entfuhr es Titus im Ton eines Mannes, der seine letzte Tunika dem Buchmacher verpfändet hat und sich fragt, ob sein Bruder ihm eine borgen wird. (Sein Bruder war der knausrige Domitian, also standen die Chancen schlecht.) »Ein Spätzünder, wie? Taktik, Falco?« Ich sah ihn an, grinste und lehnte mich dann zurück, um Ferox’ Triumph mitzuerleben.
    Sieben Runden bieten reichlich Gelegenheit zu verständiger Fachsimpelei. Wir waren uns einig, daß das Feld sich wacker behauptete, daß der graue Mauretanier in exzellenter Form sei, ohne Ansporn aber offenbar an Boden verlieren und sich auf Dauer nicht würde an der Spitze halten können. Scheelauge rannte in weitem Bogen um die Zielpfosten, und der kleine schwarze Thraker sah hinreißend aus, leichtfüßig und elegant.
    Als man das vierte der Holzeier, mit denen die Runden gezählt werden, von der Brüstung nahm, verstummte jeder Laut in der Präsidentschaftsloge. Allmählich hatte sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Ferox und dem Mauretanier herauskristallisiert. Ferox war gut bei der Sache und kanterte mit hochgerecktem Schweif übers Geläuf. Er hielt den Kopf hoch und war schneller als die anderen, aber es dauerte nicht lange, bis mir der Verdacht kam, daß unser schöner purpurner Hengst Freude daran hatte, jemanden vor sich zu sehen.
    »Mir scheint, Ihrer schiebt sich nach vorn«, bemerkte Titus halb aus Höflichkeit, halb hoffnungsvoll. »Vielleicht wird er jetzt aufholen.«
    »Da hätte er aber noch ein schweres Stück Arbeit vor sich«, erwiderte ich düster.
    Goldschatz war inzwischen tatsächlich nicht mehr an neunter, sondern an achter Stelle, aber nur, weil ein kapriziöser Rotfuchs gestrauchelt, gestürzt und ausgeschieden war.
    Ich besah mir mein Pferd einen Moment lang. Es war einfach grauenhaft. Vor soviel plumper Unbeholfenheit konnte man nur gnädig den Blick abwenden. Selbst ich, als sein Eigner, hatte den Eindruck, der arme Gaul habe einen Termin im Schlachthaus gemacht, bevor er an den Start ging. Den Kopf hielt er so, als hätte er Angst, sein Jockei wolle ihn erdrosseln, und seine Hinterläufe, die zu keinem rechten Rhythmus mit den Vorderläufen fanden, schwebten immer ein bißchen zaudernd über der Bahn.
    Immerhin wippte zumindest sein Schwanz recht keck auf und ab. Trotzdem war er so erbärmlich schlecht, daß ich fast wünschte, ich hätte aus reiner Barmherzigkeit (wir Verlierer müssen zusammenhalten!) auf ihn gesetzt.
    Zu Beginn der sechsten Runde behauptete Ferox immer noch den hart umkämpften zweiten Platz.
    Goldschatz hatte gerade erkannt, daß vor ihm das tückische Scheelauge rannte, das ihn beim Start so übel gerempelt hatte. Er revanchierte sich und überholte den unfairen Gegner. Dabei geriet er ein bißchen arg nahe an den Braunen heran, wurstelte sich aber mit knapper Not vorbei. Diesmal verkniff Titus sich jeglichen Kommentar. Der sechste Platz in einem Feld von sieben (nach einem Zusammenstoß hatte man einen schwerfälligen Falben disqualifiziert): kein Grund zum Jubeln. Besonders, wenn das Rennen nur noch anderthalb Runden dauert.
    Der Lärm auf den Tribünen schwoll an. Ich sah, wie dem Goldschatz die Ohren zuckten. An der Spitze kam Bewegung auf. Der Brandgraue auf dem dritten Platz trabte schon so lange allein vor sich hin, daß er fast eingeschlafen wäre. Ein Apfelschimmel, den bislang niemand ernst genommen hatte, überholte ihn und spornte damit Ferox an, der freilich seinen Lieblingsplatz, eine Halslänge hinter dem Mauretanier, eisern beibehielt. Ich bekam feuchte Hände. Ferox war Zweiter: Er würde in jedem Rennen Zweiter sein.
    Was ich auch anfing, alles schien schiefzugehen. All meine Ziele schienen unerreichbar. Keiner meiner Wünsche ging in Erfüllung. Wer hatte das doch gleich gesagt? … Helena! Helena, als sie glaubte, ich hätte sie verlassen, und zugleich wußte, daß sie unser Kind erwartete … Ich sehnte mich so sehr nach ihr, daß ich fast

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