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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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den Kaiser mit einem Lieblingsausdruck meines Bruders, der leider nicht druckreif ist.
    »So ein Caesar hat’s wirklich gut«, sinnierte ich gutgelaunt. »Schicke Garderobe, freies Logis, immer den besten Platz im Circus – und so viele gesüßte Mandeln, wie das Herz begehrt!«
    »Warum hat Vespasian ausgerechnet dir diesen Job angehängt?«
    »Weil man mich leicht einschüchtern kann. Außerdem brauche ich Geld.«
    »Aha, na das ist wenigstens einleuchtend.«
    Ich bin Didius Falco, Marcus für meine Freunde. Als sich diese Geschichte zutrug, war ich dreißig Jahre alt und ein freier Bürger Roms. Was im Klartext bedeutet, daß ich in einem Slum zur Welt gekommen, bislang da hängengeblieben war und, von ein paar unvernünftigen Momenten abgesehen, auch damit rechnen mußte, dort zu sterben.
    Ich war ein Privatermittler, dessen Dienste gelegentlich vom Palast in Anspruch genommen wurden. Eine verweste Leiche von der Liste des Censors verschwinden zu lassen entsprach ganz den Anforderungen, die man an mich und meine Arbeit stellte. So ein Job war unhygienisch, illegal und raubte mir den Appetit.
    Meineidige, kleine Bankrotteure und Betrüger waren meine Kunden. Ich sagte vor Gericht als Zeuge aus, um hochgeborene Senatoren eines so ausschweifenden Lebenswandels zu überführen, daß er sich selbst unter Nero nicht vertuschen ließ. Ich holte reichen Eltern ihre entlaufenen Kinder zurück, die anderswo besser aufgehoben gewesen wären, und führte aussichtslose Prozesse für Witwen ohne Erbschaft, die schon in der Woche darauf ihre windigen Liebhaber heirateten – sowie ich ihnen ein paar Kröten gesichert hatte. Die meisten Männer versuchten, sich vor der Bezahlung zu drücken, während die meisten Frauen mich in Naturalien zu entlohnen trachteten. Was darunter zu verstehen ist, können Sie sich selber ausrechnen; ein knuspriger Kapaun oder ein schöner Fisch wurden mir jedenfalls nie angeboten.
    Nach meiner Militärzeit verdiente ich mir so fünf Jahre lang freiberuflich mein Geld. Dann stellte der Kaiser mir in Aussicht, mich, vorausgesetzt, ich würde künftig für ihn arbeiten, in einen höheren Rang zu erheben. Einen solchen sozialen Aufstieg aus eigener Tasche zu finanzieren war so gut wie unmöglich, andererseits würde eine Beförderung meine Familie stolz und meine Freunde neidisch machen und obendrein den übrigen Mittelstand gründlich verärgern. Deshalb redete alle Welt mir ein, daß dieses irre Wagnis schon einen kleinen Verstoß gegen meine republikanischen Prinzipien wert sei. Und so wurde ich kaiserlicher Agent – durchaus kein Honigschlecken. Ich war der Neue, folglich halste man mir die unangenehmsten Jobs auf. Wie diese Leiche zum Beispiel.
     
    Der Gewürzhof, zu dem ich Frontinus geführt hatte, lag im Gewerbegebiet und so nahe beim Forum, daß das emsige Treiben von dort bis zu uns herüberdröhnte. Die Sonne stand hoch; eine Schar Schwalben schraubte sich in den blauen Himmel. Eine magere Katze ohne Sinn für Diskretion spähte durchs offene Tor herein. Von den Nachbargrundstücken drang das Quietschen eines Flaschenzugs herüber, und man hörte einen Arbeiter pfeifen, ansonsten aber schien das Gelände menschenleer, wie üblich bei Lagerhäusern und Holzplätzen, besonders, wenn ich mal jemanden suche, der mir ein Brett billig verkauft.
    Endlich war es der Wache gelungen, das Schloß aufzubrechen. Frontinus und ich wickelten uns jeder einen Schal um den Mund, dann stießen wir einen der hohen Türflügel auf. Der dumpfige Gestank, der uns ins Gesicht schlug, ließ uns unwillkürlich zurückweichen; der feuchte Schwall schien einem direkt in die Kleider zu fahren, die im Nu klamm an der Haut klebten. Wir warteten, bis die Luft sich einigermaßen geklärt hatte, und traten ein. Doch schon nach den ersten Schritten stockten wir wieder. Nackte Angst lähmte uns.
    Über dem Raum hing eine geradezu unheimliche Stille – bis auf jenen Fleck, wo ein Fliegenschwarm unablässig surrend seine Kreise zog. Im oberen Teil des Speichers, wo durch trübe Fensterritzen spärliches Licht hereinsickerte, flirrten Sonnenstäubchen. Nach unten zu wurde das Licht immer schwächer. Nur undeutlich erkannten wir daher, was dort mitten auf dem Fußboden lag: die Leiche eines Mannes.
    Der Verwesungsgeruch ist schwächer, als man denkt, aber trotzdem unverwechselbar.
    Im Nähertreten verständigten Frontinus und ich uns mit einem Blick. Unschlüssig blieben wir vor dem Toten stehen. Dann lüpfte ich vorsichtig

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