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Bronzeschatten

Bronzeschatten

Titel: Bronzeschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Einzelheiten erkennbar: Frauen, die ihre Fußschemel zurechtrückten und sich die Stola über eine Schulter drapierten; Männer mit vom Essen geröteten Gesichtern, die gereizt in die Sonne blinzelten; Soldaten in Uniform; Kinder, die unruhig auf ihrem Sitz quengelten oder in den Gängen rauften.
    Die nächste Pause zwischen den Rennen füllten Akrobaten und Bodenturner. Ein Teil der Zuschauer erhob sich und wanderte umher. Vor dem Podium hockend begann ich, systematisch den zweiten Rang abzusuchen. Zwanzig Minuten dauerte es, dann hatte ich ihn gefunden. Mir war so, als hätte er mich im selben Moment entdeckt, aber er schaute gleich wieder weg. Jetzt, da ich ihn aufgespürt hatte, schien es unglaublich, daß mir diese Physiognomie zuvor so lange entgangen war.
    Ich blieb ganz ruhig und suchte weiter. Und richtig! Zwei Reihen tiefer und zehn Plätze nach links versetzt, entdeckte ich Anacrites. Ab und zu sah er sich nach Pertinax um, doch die meiste Zeit ließ er den Blick über die anderen Plätze schweifen. Nach wem er suchte, war nicht schwer zu erraten. Am Ende von Pertinax’ Reihe und in der nächsthöheren erkannte ich zwei Spione, die mit Anacrites zusammen ein Dreieck formten, in dem Pertinax eingeschlossen, zugleich aber vor mir sicher war. Keiner der Spitzel hatte einen Blick für die Arena übrig.
    Ich stand auf. Pertinax ebenfalls. Ich überquerte die Bahn in Richtung des vergoldeten Schutzschirms. Er zwängte sich an den Leuten in seiner Reihe vorbei. Er hatte mich also doch gesehen! Ich wußte es, und Anacrites wußte es auch, aber ihm war nicht klar, wo ich steckte. Nachdem Pertinax über etliche Füße gestolpert war, erreichte er den Aufgang. Selbst wenn ich über die Wand geklettert wäre, zu den empörten Aristokraten auf ihren Marmorthronen, hätte er sich längst durch das nächstgelegene Vomitarium verdrückt, bevor ich auch nur die Treppe erreicht hätte. Plötzlich machte Anacrites dem nächsten Ädilenaufgebot ein Zeichen und deutete unmißverständlich auf mich. Nicht nur war ich drauf und dran, Pertinax’ Spur abermals zu verlieren, sondern ich lief auch noch Gefahr, selbst verhaftet zu werden.
    Im nächsten Augenblick erzitterte der Boden vom Galopp donnernder Hufe. Entsetzt schaute ich hoch und geradewegs auf das gebleckte Gebiß eines schwarzen Hengstes, der direkt auf mich zusteuerte. Trickreiter: diesmal zwei Männer in Barbarenbeinkleidern, die Arm in Arm hochaufgerichtet auf einem Pferd standen. Mit einem teuflischen Schrei und rollenden Augen beugte sich einer von beiden zur Seite, während der andere ihn in der Balance hielt. Sie nahmen mich beim Schlafittchen wie eine leicht angefaulte Trophäe. Der eine Reiter sprang ab, und der andere preschte mit mir als lebendem Ballast weiter. Während ich in heller Panik mit meiner Schaufel ruderte, versuchte ich so zu tun, als sei dieser Wahnsinnsritt die schönste Lustbarkeit meines Lebens.
    Das Publikum war ganz aus dem Häuschen und Anacrites sauer. Da ich mich nicht für ein Reitergenie hielt, teilte ich seine Meinung.
    Wir kanterten um die drei konischen Zielpfosten und den Consusaltar am Ende der Spina, schwenkten haarscharf und schossen in unvermindertem Tempo auf der anderen Seite zurück, über die ganze Länge des Stadions bis zu den Startgattern. Hier nahm mich Famia in Empfang.
    »Beim Jupiter! Famia, war dieser Wahnsinnige etwa ein Freund von dir?«
    »Ich hab ihn gebeten, nach dir Ausschau zu halten … Wir sind nämlich gleich dran!«
    Mein Schwager schien ernsthaft anzunehmen, daß ich am Geschick meines schielenden Kleppers interessiert sei.
     
    Wir kamen als nächste. Auf einmal lag ein Knistern in der Luft; es hatte sich herumgesprochen, daß dieses Rennen sich lohnen würde. Famia sagte, die Wetten auf Ferox stünden schwindelerregend hoch. Und der Champion machte ja auch wirklich etwas her – die hohen, schlanken Fesseln, der kräftige Körperbau, das glänzende Fell. Er schien zu wissen, daß heute sein großer Tag war. Als Bryon dem Jockei beim Aufsitzen half, nickten er und ich einander höflich zu. Und dann entdeckte ich auf einmal jemanden, der nicht an Ferox interessiert schien, sondern statt dessen angespannt die Zuschauerreihen absuchte. Dieser Jemand war eine Frau und hielt Ausschau nach Pertinax, keine Frage.
    Hastig rief ich Famia zu: »Da drüben ist eine Bekannte von mir …«
    Dann drängte ich mich auch schon durch die Menge, während mein Schwager fand, daß ich bei so einem wichtigen Ereignis mir

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