Brown, Dale - Feuerflug
Chris Wohl.
»Ihrem Tonfall nach müssen Sie der für dieses Team verantwortliche Unteroffizier sein«, sagte der Unbekannte. Patrick fiel auf, wie jung der Mann unter seinem schwarzen Kevlarhelm war, den er mit einem weißen Turban umwickelt hatte und zu dem er einen amerikanischen Wüstentarnanzug, grüne Nomex-Pilotenhandschuhe und dick besohlte, schwere Springerstiefel trug. Bewegte er sich, konnte Patrick sehen, dass er unter seinem Kampfanzug ein schwarzes T-Shirt trug, unter dem ein weißes herausragte, sodass der Eindruck entstand, er trage einen Priesterkragen. »Aber schweigen Sie jetzt. Ich bin der Befehlshaber dieses Gebiets, und Sie sind Eindringlinge.« Er begutachtete Luger, dann schüttelte er den Kopf. «Und Sie, Sir, sind nicht der Kommandeur dieses Teams.« Er sah zu den anderen hinüber. »Ich möchte ihn jetzt sprechen.«
Patrick trat vor. »Wie können Sie der Befehlshaber dieses Gebiets sein? Wir sind in Ägypten.«
Der Mann wandte sich ihm zu. Auf seinem jugendlichen Gesicht stand ein Lächeln. »Ich vermute, dass ich mit dem berüchtigten Castor spreche. Endlich.«
»Sehr scharfsinnig, Sir«, sagte Patrick. »Wer sind Sie?«
»Da wir jetzt zumindest Decknamen austauschen ... ich werde Dubbar – Wespe – genannt«, sagte der Mann. »Gemeinsam heißen wir Hubub – Sandsturm. Und dies ist meine Wüste. Sie gehört seit fast zweihundert Jahren uns. Seit damals beschützen wir sie. Hier geht’s nicht um Linien auf einer Karte oder um Regierungen.«
»Ihr Nachrichtendienst ist sehr tüchtig ... Euer Hoheit.«
Der Mann lächelte wieder, wodurch er noch jünger wirkte. Er erteilte einen kurzen Befehl auf Arabisch, und seine Männer senkten ihre Waffen.
»Wer ist er, Muck?«, fragte Hal Briggs.
»Seine Königliche Hoheit Sayed Muhammad Ibn al-Hassan as-Senussi, der wahre König von Libyen«, sagte Patrick. Der junge Mann lächelte, steckte seine Pistole ins Schulterhalfter zurück und bedankte sich mit einer leichten Verbeugung dafür, dass Patrick ihn erkannt und richtig benannt hatte. »Das rächende Schwert der Sahara und der Anführer des ›Sandsturms‹, der Senussi-Bruderschaft.«
»Genau«, bestätigte Muhammad Senussi. »Und wer seid ihr – außer Leuten, die mir hier schon verdammt viel Unannehmlichkeiten gemacht haben?«
»Freunde – solange Sie sich nicht mit Jadallah Zuwayy verbünden.«
»Sie reden von meinem ›sechsten Bruder‹, Jadallah dem Tapferen, Beschützer des Islam und Erretter des libyschen Volkes?«, sagte Senussi angewidert. Er nahm seinen Helm ab und kippte sich aus einer Feldflasche einen Schuss Wasser übers Gesicht. Er hatte ein schmales hageres Gesicht mit weit auseinander stehenden Augen und lächelte gern, auch wenn er jemanden herabsetzte.
»Aber wirklich sauer bin ich darüber, dass das libysche Volk ihm diesen Bockmist abgenommen hat.« Er musterte Patrick, dann nickte er. »Sie kennen meinen guten ›Bruder‹ also? Dann sind Sie vermutlich der teuflische Roboter, der Jaghbũb fast in Trümmer gelegt und ihm den Schreck seines Lebens eingejagt hat?«
»Vielleicht. Was wissen Sie darüber?«
»Zuwayys Männer haben letzte Nacht auf allen Frequenzen darüber geschwatzt – man konnte sie überhaupt nicht abstellen«, antwortete Senussi. »Ihre improvisierte Nasenoperation hat sein Aussehen verbessert, denke ich. Und wir haben Ihr Feuerwerk natürlich aus dreißig Kilometern Entfernung beobachtet. Höchst eindrucksvoll. Einige meiner Radarvorposten haben schwache Echos eines Flugzeugs empfangen, das noch immer westlich von hier kreist – Ihre Luftunterstützung, nicht wahr?«
»Wir waren kurz davor, sie gegen Sie und Ihre Leute einzusetzen.«
»Das bezweifle ich, außer Sie hätten EMI-sichere Funkgeräte«, sagte Senussi trocken. »Als die Bombe hochgegangen ist, war die Verbindung zu unseren Patrouillen schlagartig weg. Großer Gott, ich habe schon immer vermutet, dass Zuwayy Atomsprengköpfe hat, aber ich hätte nie gedacht, dass er so dämlich sein würde, sie tatsächlich einzusetzen.«
»Sie reden gar nicht wie ein Araber, Euer Hoheit.«
»Oh, das kann ich auch, wenn’s sein muss«, versicherte Senussi ihm. »Aber ich habe lange genug in den Staaten gelebt und studiert, um ziemlich gut Amerikanisch zu lernen.« Er hielt Patrick die Feldflasche hin. »Können Sie durch dieses Ding trinken?«, fragte er und deutete auf den Helm.
»Ja«, sagte Patrick, doch dann löste er die Verschlüsse, nahm den Helm ab und griff nach der Flasche.
Weitere Kostenlose Bücher