Brown, Dale - Feuerflug
»Aber so geht’s leichter.« Er betrachtete die Feldflasche misstrauisch.
»Keine Sorge – das Wasser ist keimfrei«, sagte Senussi. »Seit ich in den Staaten gelebt habe, bekommt mir das hiesige Wasser, vor allem das Oasenwasser nicht mehr. Ich mag das rächende Schwert der Sahara sein, aber Schlimmeres als Leitungswasser in L.A. verträgt mein Magen nicht. Meine Männer trinken aus jedem Brunnen, aber für mich ist das nichts. Mein Trinkwasser ist immer mit reichlich Entkeimungstabletten versetzt.« Patrick nahm einen großen Schluck, nickte dankend und gab die Feldflasche zurück. »Wie heißen Sie?«
»McLanahan. Patrick McLanahan.«
»Ein guter irischer Name«, meinte Senussi. »Wer seid ihr? Wo habt ihr so viel Feuerkraft her? U.S. Army Special Forces? Delta Force? Navy SEALs?«
»Nichts dergleichen.«
»Aha. Irgendein supergeheimes Kommandoteam, das für die CIA oder sonst jemanden arbeitet«, sagte Senussi und trank ebenfalls. Als Patrick keine Antwort gab, zuckte Senussi lediglich mit den Schultern. »Das bekommen meine Männer noch heraus. Wir haben überall Spione, und weder Ägypter noch Libyer können Geheimnisse für sich behalten – jeder glaubt, dass ihn draußen in der Wüste niemand belauschen kann. Ich habe gehört, dass die schöne Mrs. Salaam und General Baris in Marsá Matrũh mit einer Spezialeinheit zusammengetroffen sind – das müssen Sie und Ihre Leute gewesen sein. Nur gut, dass Sie rechtzeitig von dort abgehauen sind.«
»Einige unserer Jungs haben leider Pech gehabt.«
»Richtig, die Gefangenenübergabe«, sagte Senussi nickend. »Davon habe ich gehört. Das tut mir Leid, Patrick. Dann haben also Sie und Ihre Männer mit dem Überfall auf Samãh diese Kettenreaktion ausgelöst.«
»Wir haben nichts ausgelöst, aber wir haben vor, ganze Arbeit zu leisten«, sagte Patrick finster.
»Ihr Jungs seid bestimmt verdammt zäh, und das müsst ihr sein, um gegen Zuwayy und sein Militär bestehen zu können«, meinte Senussi. »Es hat plötzlich eine verdammt gute Ausrüstung – neue russische Waffen, Panzer, Raketen, Flugzeuge, einfach alles, hunderte von Millionen Dollar wert. Zuwayy muss mit einem Teil des Geldes, um das seine Komplizen und er das libysche Schatzamt erleichtert haben, auf dem internationalen Schwarzmarkt Waffen eingekauft haben. Oder er hat neuerdings einen reichen russischen Sponsor.«
Der letzte Kommentar löste in Patricks Kopf albtraumhafte Explosionen aus, aber er ignorierte diese Alarmsignale vorläufig. »Wir könnten Ihre Hilfe brauchen, um nach Kairo zurückzukommen.«
»Kairo?«, fragte Senussi überrascht. »Was zum Teufel wollen Sie dort? Ich dachte, Sie hätten gesagt, Sie seien aus Marsá Matrũh geflüchtet?«
»Man hat uns dort während der Gefangenenübergabe festgehalten, damit wir uns nicht einmischen konnten.«
»Ach, wirklich? Glauben Sie nicht eher, dass dadurch sichergestellt werden sollte, dass Sie gemeinsam mit Ihren Leuten umkommen würden?« Senussi beobachtete, wie Patricks Gesicht blass und hart wurde, und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Tut mir Leid, McLanahan. Ich weiß, dass Sie bei dem Angriff auf Marsá Matrũh einige Ihrer Männer verloren haben.«
Obwohl Patrick diesem Mann zu vertrauen begann, wollte er nicht weiter ins Detail gehen. »Ägypten wäre einem Angriff hilflos ausgeliefert. Wir können mithelfen, Zuwayy zu stoppen, bis die übrige Welt ihm das Handwerk legt.«
»Wie kommen Sie darauf, dass sie das tun wird?«, fragte Senussi. »Wer wird sie dabei anführen – etwa Thomas Nathaniel Thorn, der so genannte Führer der freien Welt? Der ist zu sehr damit beschäftigt, Seancen zu veranstalten, damit er mit dem Geist Thomas Jeffersons kommunizieren kann.
Patrick, niemand macht sich etwas aus Libyen oder Ägypten – alle interessiert nur das Erdöl«, sagte Senussi. »Das ist so, seit die Briten hier Öl entdeckt haben. Die Staatengemeinschaft macht Geschäfte mit jedem, der ihr Öl verkauft; ihr ist’s egal, ob das Salaam, Zuwayy, al-Khan oder Bozo der Clown ist. Und sind die Ölvorräte eines Tages erschöpft, wird sie diesem ganzen Kontinent den Rücken zukehren. Darüber sind alle Araber sich im Klaren, Patrick – mich wundert nur, dass Sie das nicht wissen. Wollen Sie mir weismachen, dass Sie hier kämpfen, um das Recht zu verteidigen oder die Schwachen zu schützen? Sie sind wegen des Öls hier, damit es auch in Zukunft fließt. Mir ist egal, wer Ihr Auftraggeber oder Kommandeur ist – Sie sind
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