Brown, Dale - Feuerflug
weiter ungeklärt, aber wahrscheinlich war sie ebenfalls tot. Wie sollte er das ihren Angehörigen erklären? Wie zum Teufel sollte er das ihrem Sohn erklären? Deine Mutter kommt nicht mehr heim, mein Junge. Sollte er ihm erzählen, sie sei im Himmel und beschütze ihn von dort aus? Sollte er ihm vom Krieg, von Kämpfen, vom Tod erzählen? Wie konnte man einem Vierjährigen davon erzählen?
Vor seinem inneren Auge lief ein Film seines Lebens mit Wendy Torck ab – mit dem Tag beginnend, als er sie auf der Barksdale Air Force Base in Louisiana bei einem vom Strategie Air Command der U.S. Air Force veranstalteten BomberSymposium kennen gelernt hatte. Sie war eine junge, talentierte Elektronikingenieurin; er war ein junger, talentierter Navigator einer B-52 Stratofortress, dem es mit zu verdanken war, dass seine Staffel nach vielen anderen Trophäen und Auszeichnungen gerade zum zweiten Mal nacheinander die begehrte Fairchild Trophy gewonnen hatte. Die alte Redensart »Gegensätze ziehen sich an« galt nur für Magnete – Patrick und Wendy waren sich so ähnlich wie nur möglich und ab diesem Augenblick praktisch unzertrennlich.
Sie waren beschossen, zerschossen und abgeschossen worden und hatten oft genug selbst geschossen. Sie waren auf der ganzen Welt mit Bombern unterwegs gewesen und hatten gemeinsam alle möglichen Abenteuer bestanden. Nach allen bestandenen Gefahren war die Geburt ihres Sohnes ihr gefährlichster – und freudigster – Augenblick gewesen. Aber selbst nachdem der kleine Bradley James McLanahan zur Welt gekommen war und Patrick sehr gegen seinen Willen aus der U.S. Air Force ausscheiden musste, blieb Wendy weiter an der Seite ihres Mannes, wenn er in den Kampf zog.
Diese aufopfernde Treue konnte sie jetzt das Leben gekostet haben.
Der vor Patricks innerem Auge ablaufende Film wechselte von Erinnerungen zu Zukunftsvorstellungen, von denen keine sehr verlockend war. Nach Patricks Überzeugung war die Realität nicht mehr als ein Bewusstseinszustand. Die Realität war stets so, wie er sie selbst gestaltete. Aber trotz aller Mühe wollte es ihm nicht gelingen, sich eine erfolgreiche Flucht oder Rettung vorzustellen. Zuerst sah er, wie Wendy grob angefasst, isoliert, eingesperrt, sogar gefoltert wurde; dann sah er sie in dem Feuerball in Marsá Matrũh verglühen. Grausige Vorstellungen, die ihn nicht mehr losließen ...
»Patrick?«
Er kehrte mit einem Ruck in die Gegenwart zurück. Seine Helmsensoren waren ausgefallen, aber er schätzte die Entfernung der anrollenden Panzer auf dreitausend Meter – also befanden sie sich längst in Schussweite ihrer Kanonen. »Haben wir Verbindung mit Headbanger?«, fragte Patrick.
»Nein«, antwortete Dave Luger. »Durch den EMI sind noch alle Verbindungen gestört.«
»Sieht die Besatzung nicht selbst, dass die Ägypter gefährlich nahe sind, und startet ein paar Wolverines?« fragte Hal Briggs.
»Das müsste sie – wenn ihre Elektronik bei der Detonation unbeschädigt geblieben ist, wir noch Verbindung mit ihr hätten und die Wolverines trotz des EMIs fliegen könnten«, sagte Patrick. »Eigentlich sollte alles funktionieren, aber das tut’s nicht. Ich habe eben mit Präsident Thorn gesprochen, aber wir können die Megafortress nicht erreichen – der EMI stört den gesamten Funkverkehr.«
»Was wollte Thorn?«
»Dass wir heimkommen und unsere Toten begraben«, antwortete Patrick. Leider würden sie vermutlich selbst bald tot sein. »Master Sergeant, was schlagen Sie vor?«
»Als Erstes schicken wir die Männer schnellstens von hier weg«, sagte Chris Wohl. »Dann schießen wir möglichst viele der großen Panzer ab und stellen uns den übrigen Gefahren, so gut wir können.«
»Also los!«, sagte Patrick. Wohl befahl den Night Stalkers sofort, sich nach Westen abzusetzen. Aber sie waren kaum unterwegs, als jemand meldete: »Sir! Panzer von vorn, kommen schnell näher!«
Patrick hatte das Gefühl, das Blut stocke ihm in den Adern – eine weitere Panzergruppe, kleiner als die von Osten anrollende, aber doppelt so schnell, war wie aus dem Nichts aufgetaucht. Ein mindestens kompaniestarker Verband musste es geschafft haben, sie weit ausholend zu umgehen und einzukesseln. Aber bevor Patrick reagieren konnte, eröffneten einige der aus Westen anrollenden Panzer das Feuer mit ihren Kanonen.
»Deckung!«, rief er. »Chris, Hal, ihr übernehmt die Panzer im Osten! Ich nehme mir die im Westen vor!« Aber während er seine elektromagnetische Rail Gun nach
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