Brown, Dale - Patrick McLanahan - 09 - Mann gegen Mann
mir schon immer etwas eigenartig vorgekommen.«
»Luger ist ein Amerikaner, der … unfreiwillig Gast der Sowjetunion war«, erklärte Cheshire ihm. »Er wurde gezwungen, sein Fachwissen beim Bau sowjetischer Militärflugzeuge einzusetzen – dazu gehörte auch dieser Jagdbomber, der jetzt offenbar reaktiviert worden ist.«
»Unglaublich!«, rief Sivarek aus. »Und das alles, nur damit ein geldgieriger Gangster eine Pipeline quer durch den Balkan legen kann?«
»Was täten Sie alles für hundert Millionen Dollar pro Tag, Sir?«, fragte Cheshire. »So viel kann Kasakow nämlich verdienen, wenn er seine Pipeline baut. Aber noch gravierender ist, dass Russland den Balkan unter seine Kontrolle bekommt.«
»Und wer sollte Russland daran hindern, gegen weitere Staaten vorzugehen, damit es weitere Pipelines bauen und so seinen Machtbereich ausdehnen kann, wenn dieser Plan einmal Erfolg gehabt hat?«, fragte Smolij. »Sie wissen so gut wie ich, welche benachbarten Staaten die nächsten Ziele dieses Stealth-Flugzeugs und der russische Armee wären …«
»Die Türkei und die Ukraine«, antwortete Sivarek. »Sind diese beiden Staaten neutralisiert, gehört das Schwarze Meer wieder Russland – genau wie in der Sowjetära.« Sivarek verstummte, dachte aber offensichtlich angestrengt nach.
»Sie denken an Ihr Heimatland, nicht wahr, General?«, fragte Smolij. »Sie überlegen, wer der Türkei beistehen würde? Glauben Sie mir, Sir, ich habe in letzter Zeit in Bezug auf mein Heimatland an kaum etwas anderes gedacht. Uns steht niemand bei. Die Ukraine ist bereits von der Russischen Föderation abhängig, was Rohstoffe, Außenhandel, Kredite und politische Einflussnahme betrifft. Aber wer würde uns beistehen, wenn wir uns gegen das russische Vormachtstreben zur Wehr setzen wollten? Wir haben schon einmal schreckliche Verluste durch russische Luftangriffe erlitten und es noch nicht geschafft, in die NATO aufgenommen zu werden.«
»Warum tut Ihr Präsident uns das an?«, fauchte Sivarek Cheshire an, während er sich frustriert und verständnislos mit allen zehn Fingern durchs Haar fuhr. »Warum ist Amerika so schwach geworden? Genießt ihr euren Wohlstand so sehr, dass ihr bereit seid, untätig zuzusehen, wie Verrückte die Welt zerstören, bloß damit ihr euch nicht mehr engagieren müsst?«
»Sie wissen, dass das nicht der Fall ist, Sir«, widersprach Cheshire. »Ich glaube, dass unser Präsident der Welt zeigen will, wie stark unser Land ist – nicht durch die Stationierung von zehntausenden von Soldaten im Ausland, als seien wir die einzige Supermacht der Welt, sondern indem er unseren Freunden, Verbündeten und Feinden ihre eigene Identität ohne amerikanischen Druck, ganz ohne Einflussnahme Amerikas lässt.«
Sivarek schnaubte verächtlich. »Schöne Worte … um Isolationismus zu bemänteln. Oder Feigheit.«
»Man kann Präsident Thorn alles Mögliche nennen, aber ein Feigling ist er nicht«, sagte Cheshire. »Er ist seit über hundert Jahren der erste amerikanische Präsident, der darauf verzichtet, unsere außenpolitischen Interessen mit militärischen Mitteln durchzusetzen. Denken Sie einmal darüber nach, General: Einerseits beklagen Sie, dass Amerika sich zurückzieht, andererseits befürchten Sie eine Invasion durch ein anderes Land. Wollen Sie ausländische Truppen auf Ihrem Boden oder nicht?«
»Sie verstehen unsere besondere Lage nicht, Major«, antwortete Sivarek schroff. »Die Türkei ist von Feinden umgeben. Um überleben zu können, haben wir uns für eine Anlehnung an den Westen entschieden. Aber jetzt müssen wir fürchten, der Westen habe sich von uns abgewandt. Deutschland scheint sich mit Russland verbündet zu haben, um seinen Einfluss in Europa zu stärken – aber wer wird sich mit der Türkei verbünden?«
»Die Ukraine, General«, sagte Smolij. »Ich denke, Sie beurteilen Thorn falsch. Will er seine Soldaten heimholen, soll er’s in Gottes Namen tun – ich wäre auch dagegen, ukrainische Soldaten ständig auf ausländischem Boden zu stationieren. Aber wenn Sie einen Verbündeten wollen, der Ihnen im Gebiet ums Schwarze Meer zuverlässig gegen die Russische Föderation beisteht, können Sie auf die Ukraine setzen.«
Sivarek starrte ihn nachdenklich an. »Ein Bündnis … zwischen der Türkei und der Ukraine?«, fragte er. »Wäre das möglich? Können wir uns gemeinsam gegen die russische Militärmacht behaupten?«
»Ich habe in der sowjetischen Armee gedient, ich habe die russische
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