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Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Titel: Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ames Carlin
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Springsteen lassen würde. Dem Journalisten, dem schon die ersten zwei Alben gefallen hatten und der in Born to Run einen Meilenstein der amerikanischen Rock’n’Roll-Geschichte sah, missfielen die Pläne der Newsweek . Weder gönnte er der Konkurrenz die Springsteen-Story, noch behagte ihm die Vorstellung, dass man Bruce allem Anschein nach durch den Kakao ziehen wollte. »Ich befürchtete wirklich, ihre Darstellung könne für einen so wichtigen amerikanischen Künstler vernichtend sein«, erklärt Cocks. »Ich fand, die Time sollte die Dinge geraderücken. Abgesehen davon wollte ich schon immer über ihn schreiben. So einfach ist das.« Also sprach Cocks mit seiner Redakteurin, Martha Duffy; er erklärte ihr, was man bei der Newsweek vorhatte, und schlug vor, in die Offensive zu gehen. Duffy war einverstanden und überzeugte die Chefredakteure davon, dass die Time ihre eigene Springsteen-Story brachte.
    Als Orth erfuhr, dass das Konkurrenzblatt ebenfalls einen großen Bericht über den Musiker plante, warnte sie Appel und Bruce davor, einen — wie sie meinte — großen Fehler zu begehen. »Bruce war nicht berühmt genug, um zwei Titelstorys von diesem Kaliber zu verkraften«, sagt sie. »Ich sagte ihnen: ›Ihr werdet das bereuen.‹«
    Für die verantwortlichen Redakteure geriet die Geschichte um die zeitgleichen Springsteen-Titelstorys zu einem Kräftemessen. Zwar sahen sie durchaus, wie absurd es war, dass ein vergleichsweise unbekannter Musiker in derselben Woche auf die Titelseiten zweier renommierter Nachrichtenmagazine kam, doch keiner wollte klein beigeben, vor allem nicht, nachdem das Gerücht um die konkurrierenden Titelgeschichten in der Medienlandschaft Manhattans die Runde gemacht hatte. »Ziemlich haarsträubend, nicht wahr?«, meint Appel, und seine blauen Augen blitzen belustigt auf. Bruce allerdings setzte die enorme Publicity arg zu. »Bisher habe ich immer alles unter Kontrolle gehabt«, erklärte er Andrew Tyler vom New Musical Express . »Doch inzwischen bin ich mir da nicht mehr so sicher.« Im Gespräch mit Cocks sagte Bruce, dass er gar nicht wisse, was die ganze »Aufregung« solle. »Ich habe den Eindruck, dass ich an der ganzen Sache gar nicht beteiligt bin, auch wenn ich natürlich mittendrin stecke.« Gegenüber Orth bezeichnete Bruce seine neue Berühmtheit als Ärgernis. »Was für ein Phänomen?«, fragte er. »Wir touren durchs Land, wir sind kein Phänomen. Der ganze Hype steht uns nur im Weg.« Aber wenn Bruce glaubte, dass der Rummel um Born to Run damit bereits irrwitzige Ausmaße angenommen hatte, hatte er sich getäuscht.
    Die auf den 27. Oktober datierten, in den Geschäften aber eine Woche früher erhältlichen Magazine Time und Newsweek brachten ihre Bruce-Titelstorys landesweit am gleichen Tag heraus. Keine Frage, dass dieses Ereignis in die Annalen der Mediengeschichte einging. Cocks’ Time -Artikel »Rock’s New Sensation« feiert Bruce’ Erfolge, gibt Einblicke in die Vergangenheit des Musikers (soweit Bruce sie dem Journalisten gewährt hatte) und in seinen Alltag. Orths Titelstory für die Newsweek (an der auch Janet Huck und Peter S. Greenberg mitgearbeitet hatten) trug die Headline »Making of a Pop Star«. Einer durchaus positiven Schilderung von Bruce’ Liveauftritten und seiner Musik folgen teilweise ätzende Analysen des New York Times -Kritikers Henry Edwards (der mit seinem Anti-Springsteen-Essay den ersten kritischen Ton anschlägt) und von Joe Smith, dem Chef von Warner Bros. Records, Columbias Hauptkonkurrenten. Letzterer vergleicht Bruce mit Elton John und dem bei Warner unter Vertrag stehenden James Taylor, wobei Bruce – welche Überraschung – eher schlecht abschneidet.
    Spricht man sie heute auf ihren Artikel an, erklärt Orth, dass es ihr vor allem um eine objektive Darstellung gegangen sei. »Ich wollte die Story von allen Seiten beleuchten«, erklärt sie. »Sie ist ausgewogen und kein einseitiger Fanbericht.« Wenn sie überhaupt etwas bloßstellen wollte, dann die Starmaschinerie – von Columbias PR-Abteilung bis hin zu Mike Appels Machenschaften –, die den jungen Musiker, von dessen Musik sie wirklich begeistert war, von allen Seiten manipuliert und verbogen hätte. »Ich habe bei meinen Recherchen Dinge herausgefunden, die mich davon überzeugten, dass man diesen jungen Mann nur herumschubste. Er war damals noch naiv und schüchtern und hatte sicher nicht in jeder Beziehung den Durchblick. Wem ging es denn damals wirklich um

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