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Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Titel: Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ames Carlin
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Rock’n’Roll-Band orientieren mussten.« Als er zum Vorspielen kam, hörte er zunächst zu, wie Bruce die Akkorde zu »She’s the One« spielte. Als man ihn bat, irgendetwas zu spielen, legte er sofort los. »Ich habe den Bo-Diddley-Beat herausgehört und darauf reagiert. Mir kam ein gewisser Part in den Sinn, und ich dachte: ›Mal sehen, vielleicht funktioniert es.‹« Dann nickte Bruce, der Rest der Band fiel mit ein, und los ging’s. Als Nächstes folgte »New York City Serenade«, ohne Intro, und dann kam Fats Dominos »Let the Four Winds Blow«. Bittan fand, dass es ganz gut geklappt hatte.
    Weinberg hatte Bruce noch nie spielen gehört oder gar live gesehen. Aber er hatte nur Gutes über ihn gehört, und die Worte »Kein Ginger Baker« in Appels Annonce hatten seine Aufmerksamkeit erregt. Er hatte zu jener Zeit ein Vollzeit-Engagement beim Musical Godspell und besuchte tagsüber die Seton Hall University. »Außerdem war mir klar, dass Bands einem immer das Herz brechen«, so Weinberg. Trotzdem bewarb er sich. Neugierig, aber zu unentschlossen, um großes Aufheben um seinen Vorspieltermin zu machen, kreuzte er nur mit einer Snare, einer Hi-Hat und einer Bassdrum bei SIR auf, dem großen amerikanischen Equipmentverleih in Manhattan, der auch über Proberäume verfügte. Angesichts des umfangreichen Drumsets mit etlichen funkelnden Becken und auf Hochglanz polierten Tomtoms, das ein anderer Schlagzeuger anschleppte, der vor ihm an der Reihe war, gab Weinberg mit seinem bescheidenen Drumkit ein – wie er sagt – »reichlich minimalistisches Statement« ab. Er spielte drei Stunden mit der Band; dabei arbeiteten sie sich durch rockige Rhythmen, typische Chicago- und New-Orleans-Shuffles und anderes mehr.
    Die Nagelprobe kam, als Bruce sich abrupt umdrehte und die Arme schwenkte. Ohne Vorwarnung, ohne Erklärung. Weinberg tat instinktiv das Richtige und hielt sofort inne. Bruce grinste und begann den Song noch einmal von vorn. Etwa eine halbe Stunde später, wieder mitten in einem Song, stieß Bruce plötzlich und ohne den geringsten Blick über die Schulter die rechte Hand in die Luft. Weinbergs Reaktion darauf gab den Ausschlag. »Du warst der Einzige, der den Rahmenschlag brachte«, erklärte Bruce Max viele Jahre später. »In dem Moment wusste ich, dass ich meinen Drummer gefunden hatte.«
    Mit Weinberg und Bittan an Bord probte die Band zehn Tage, um dann mit einigen unangekündigten (aber dennoch in Windeseile ausverkauften) Shows im Main Point Club in Bryn Mawr einen Testlauf zu starten. Danach gab es die E Street Band wieder in voller Besetzung.
    Bittan und Weinberg fügten sich gut in die Band ein und eröffneten ihr neue musikalische Möglichkeiten. Beide waren eher besonnene Typen, was der Gruppe viel von der Anspannung nahm, die sich in all den Jahren mit zahllosen Auftritten und tausenden von gemeinsam zurückgelegten Meilen angestaut hatte. »Wir mussten uns in vielerlei Hinsicht neu orientieren. Wir waren ja eine Art Familie, und mit einem Mal gehörten sie dazu«, erzählte Clemons. »Wir gewöhnten uns recht schnell an sie, denn sie waren wirklich gut. Außerdem schien die Band über Nacht erwachsen geworden zu sein.«
    Als die Tour ihn wieder in die Heimat führte, fühlte sich der vierundzwanzigjährige Bruce allerdings alles andere als erwachsen. Anfang 74 bestand seine Beziehung zu Diane Lozito nur noch aus Streits, Trennungen und nervenaufreibenden Neuanfängen, die zwangsläufig irgendwann wieder zu den sattsam bekannten Konflikten führten. Lozito war ungestüm und streitlustig, Bruce herrisch und stur. Lozito wollte ein wenig an seinem öffentlichen Leben teilhaben, doch Bruce war daran nicht im Geringsten interessiert. Gemeinsam war ihnen ihr leidenschaftliches Temperament, mit dem sie sich gegenseitig in den Wahnsinn trieben – vor allem in dem Moment, als ihre Beziehung endgültig zerbrach. Als Lozito versuchte, Bruce zu verlassen, jagte der ihr nach und holte sie wieder zurück. Sie bat ihn, sie in Ruhe zu lassen. Als es ihr gelang, durch Bruce’ Spionagenetzwerk (die Fangemeinde aus New Jersey konnte äußerst hilfreich sein) zu schlüpfen und heimlich nach Nantucket zu ziehen, kochte er vor Wut und Verzweiflung. Eines Tages, es war im Juli 74 , lief ihm im Central Park Lozitos Freundin Debbie Schwartz über den Weg. Um genau zu sein: Sie stand neben der Bühne, auf der er gerade im Rahmen des Schaefer Festival ein Konzert vor mehreren tausend Zuschauern gab – was ihn

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