Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Titel: Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ames Carlin
Vom Netzwerk:
das übel, obwohl er schon verstand, warum das für Bruce wichtig war. »Es ist so ähnlich wie in einer Ehe. Man hat gewisse Erwartungen an den anderen, weil man ihn so sehr liebt. Aber dann passiert etwas, und ihm ist das vielleicht nicht einmal bewusst. Ich hatte das Gefühl, dass ich alles gab, aber nicht viel zurückbekam.« So fühlte sich Clemons den größten Teil der 90er-Jahre hindurch. Dann klingelte 1998 das Telefon, und es ging wieder los.
    »Bruce ist so voller Leidenschaft, wenn er an etwas glaubt. Man fühlt es, wenn man in seiner Nähe ist. Es wird zu deiner eigenen Leidenschaft«, sagte er. »Ich glaubte an ihn, so wie ich an Gott glaube. Er war immer so gradlinig und hat sich immer so eingesetzt, dass man in seiner Gegenwart selbst zum Gläubigen wurde. Wenn ihn die Leute sehen, denken sie: ›Genau so muss es sein. Genau das soll geschehen.‹ Du weihst dein Leben einer Sache. Dafür steht Bruce.«
    An der Schwelle zu seinem sechzigsten Geburtstag hatte Bruce praktisch alles erreicht, wovon er je geträumt hatte – und noch ein bisschen mehr. Bruce fühlte sich frei, seinen Instinkten zu folgen. »In dem Alter lässt man sich nicht mehr so leicht einreden, dass man etwas zu verteidigen hat«, sagt er. »Du musst keinem mehr etwas beweisen, du kannst wesentlich entspannter an die ganze Sache rangehen. Es ist dir immer noch genauso ernst, aber du machst dir keinen Kopf mehr darum, ob alles plötzlich vorbei sein wird. Du musst nicht mehr fürchten, dass sich alles einfach in Luft auflöst oder verschwindet.« Als ihm am Ende der Magic -Sessions noch neue Songs einfielen, bestellte er die Band wieder ein, um Basic Tracks aufzunehmen. An den konzertfreien Tagen auf Tour ging er vor Ort in irgendein Studio. Die neuen Songs wurden mit Streichern, Glocken und anderen klanglichen Finessen aufgepeppt. Konsequent führte Bruce den dichten Brian-Wilson-Produktionsstil des Vorgängeralbums fort. Hatte bei Magic die Hochglanzproduktion noch einen Kontrapunkt zu den düsteren Visionen des Albums gesetzt, wirkten die neuen Songs optimistisch oder sonderbar: Reflexionen über Supermärkte, Cowboy-Storys und die Freuden und Herausforderungen einer langjährigen Liebe. Einige der Songs hatten unleugbaren Charme. »What Love Can Do« ist voller scharfer Kanten und Mollakkorde; die Liebenden finden sich am Rand einer Apokalypse, wo »our memory lay corrupted and our city lay dry«. »Surprise, Surprise« klingt wie wunderbarster Sixties-Pop, mit einer dermaßen eingängigen und mitsummbaren Melodie, dass selbst Mike Appel beeindruckt war. »Das ist überraschend melodisch«, sagte er zu Bruce. »Ich hätte nicht gedacht, dass du das draufhast!« Sein einstiger Schützling lachte vergnügt. »Da bist du baff, was?«, antwortete er.
    In »Queen of the Supermarket« geht es um die Liebe zu einer Supermarktkassiererin. 2 Der knorrige Blueskern von »Good Eye« verschwindet fast unter aufwendigen Studiospielereien. Das eher gemächliche »Working on a Dream« 3 tritt in die Fußstapfen der früheren Springsteen’schen Malocher-Songs, nur dass die Geschichte diesmal nicht über den im Titel genannten Traum hinausführt.
    Aus der Danny-Federici-Hommage »The Last Carnival« 4 sprach so viel Liebe und Trauer, dass es einem Tränen in die Augen trieb. Und als wahre Perle des Albums entpuppte sich »The Wrestler«. Bruce hatte den elegischen Titelsong für den gleichnamigen Low-Budget-Film geschrieben und allein in seinem Heimstudio aufgenommen. Der großartige, wenn auch unberechenbare Mickey Rourke verkörperte in dem Streifen den heruntergekommenen Profi-Wrestler, der sein Leben riskiert, um wieder an den Ruhm vergangener Tage anzuknüpfen. Diese Geschichte fühlte sich für Bruce merkwürdig vertraut an. Der Kinobesucher folgte der Hauptfigur durch die trostlosen Ostküsten-Städtchen, die Bruce von klein auf kannte. Der Film zeigte den Albtraum, den auch Bruce hätte erleben können, wenn ihn die Wut aufgefressen hätte – er hätte allein und verbittert in einem Wohnwagen enden können, pleite und taub, die Telecaster längst beim Pfandleiher versetzt. Ihm war ein anderes Schicksal vergönnt gewesen, aber Bruce wusste, wie leicht man dahin geraten konnte und dass er möglicherweise sehr nah dran gewesen war. Seine Geschichte war zum Glück die des jungen Rockstars, der entschlossen war, sich durch seine Musik ein Heim und eine Art Familie zu schaffen, und nie lange stillsitzen konnte. »These things that have

Weitere Kostenlose Bücher