Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)
Press nach Sängerinnen und Bläsern. Kurz darauf standen etliche Interessenten Schlange, unter ihnen auch eine junge Highschool-Schülerin aus Deal mit flammend rotem Haar, die sich bereits in ein paar Bars hereingemogelt hatte, um mit Bands aus der Region zu singen. Bruce und West fanden die junge Patti Scialfa durchaus talentiert, erteilten ihr letztendlich aber dennoch eine Absage mit der Begründung, dass sie noch etwas älter werden und vielleicht erst mal die Highschool abschließen solle, bevor sie mit ihnen auf Tour gehen könne.
Diejenigen, die in die engere Auswahl kamen, wurden Zeugen von Bruce’ leidenschaftlichen Plädoyers für Van Morrison. Dessen Kombination aus Rock, Blues, Jazz, keltischer Musik und Gospel sollte der musikalische Leitstern der Band werden. Der Saxofonist Bobby Feigenbaum musste sich durch Morrisons Songs spielen und die beiden Gospelsängerinnen Delores Holmes und Barbara Dinkins nahm Bruce in die Band auf, nachdem sie Backgroundgesangspartien zu einem Album von Van Morrision improvisiert hatten. Dennoch beeindruckten Dinkins vor allem Bruce’ Eigenkompositionen. »Ich war von den Songs, die er selbst geschrieben hatte, total begeistert«, sagt sie. »Er hatte wallendes Haar und diesen wüsten Backenbart, aber seine Songs kamen von Herzen und tief aus der Seele. Ich wusste sofort, dass er etwas Besonderes war.«
Bruce wollte sichergehen, dass die beiden Sängerinnen, die er für die Band gewonnen hatte, von seinen etwas zauseligen Bandkollegen mit dem gebührenden Respekt behandelt wurden. »Bruce hatte die Frauen in einer Kirche entdeckt, und als sie zum ersten Mal vorbeikamen, ermahnte er mich, darauf zu achten, was ich in ihrer Gegenwart sage«, erzählt Tom Cohen, der Leadgitarrist der von West gemanagten Band Odin. Er sagte: »Oh, diese Ladys, Mann. Lass dich nicht dabei erwischen, in ihrer Gegenwart zu fluchen. Das sind anständige Damen.«
Bruce sah sich noch ein paar andere Musiker an während seiner Jamsessions im Upstage und im Green Mermaid, die teils als Bruce Springsteen Jam Concert beworben wurden. Schließlich kam noch der Jazztrompeter Harvey Cherlin hinzu, der zusammen mit Feigenbaum die Bläsergruppe bildete. Nun konnten die Proben beginnen, zu denen die gesamte Band – bestehend aus Bruce, Van Zandt, Tallent, Sancious, Lopez, Feigenbaum, Dinkins, Holmes und gelegentlich West an den Congas –, vier- bis fünfmal pro Woche für mehrere Stunden zusammenkam. »Das war wie ein richtiger Job«, erklärt Feigenbaum. »Aber niemand war bei Liveauftritten besser aufeinander eingespielt als wir. Bei uns passte alles.«
Anfang März erhielt West einen Anruf vom Manager des Sunshine In, der Steel Mill für das Vorprogramm eines Allman-Brothers-Konzerts am 27. März buchen wollte. Völlig unbeeindruckt von der Nachricht, dass sich Steel Mill bereits im Januar aufgelöst hatten, erklärte er: »Besorg mir einfach nur diesen Springsteen, mit wem er spielt, ist mir völlig egal.«
Als Van Zandt, der ein großer Fan der Allman Brothers war, davon erfuhr, drängte er seinen Freund dazu, zuzusagen, selbst wenn sie eigentlich noch ein paar Monate proben mussten, bevor sie versuchen konnten, es mit Steel Mill aufzunehmen. Bruce dachte an die von Musikern überquellenden Bühnen auf Joe Cockers Mad Dogs & Englishmen -Tournee. Und dann sagte er sich, wenn den Leuten egal war, mit wem er auftrat, würde er alle mitnehmen, die er kannte, selbst die, die keine einzige Note spielen konnten.
Das war die Inspiration zu einer Band, die unter dem Namen Dr. Zoom and the Sonic Boom bekannt werden sollte. Springsteen komplettierte die Party Band – wie er das Projekt zunächst nannte –, deren fester Kern bereits gut aufeinander eingespielt war, mit einer Handvoll weiterer Musiker, die gut und gerne eine eigene Band abgegeben hätten (John Waasdrop am Keyboard, Williams am Schlagzeug, Tellone am nicht ganz souverän beherrschten Saxofon und West an den Congas), um verschiedene Instrumente doppelt zu besetzen.
Wie immer legte Bruce Wert auf regelmäßige Proben, damit die riesige Band ein gewisses Gefühl für die Songs und die Arrangements bekam. In der Hauptsache ging es allerdings darum, Spaß zu haben und etwas Kurioses auf die Bühne zu bringen. Um sicherzugehen, dass man ihnen das auch ansah, gingen einige der Musiker in Secondhand-Läden auf die Suche nach markanten Bühnenoutfits. Als Lyon mit einem in die Jahre gekommenen Nadelstreifenanzug und dem Fedora-Hut eines alten
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