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Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Titel: Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ames Carlin
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Dollar in der Tasche. »Wir konnten in keine Bar gehen, wir konnten uns kaum ein Sixpack leisten, von Drogen ganz zu schweigen«, sagt Tellone, dessen Wohnung an der Sewall Avenue (die er sich mit Van Zandt und Lyon teilte) damals ein Treffpunkt für die jungen, etwas gammelig wirkenden Langhaarigen war, vor allem, wenn hier die wöchentlichen Monopolyabende stattfanden. Bei der von ihnen als »Cutthroat-Monopoly« bezeichneten Spielvariante wurde nicht nur mit harten Bandagen gekämpft; die Spieler hatten auch derart absurde Regeln aufgestellt, die völlig überraschende Wendungen ermöglichten, dass sich das Spiel zu einer regelrechten Groteske über Kapitalismus, Autoritäten und willkürliche Gewalt entwickelt hatte. Mit handgeschriebenen Ergänzungen zu den Gemeinschafts- und Ereigniskarten bauten sie aktuelle Ereignisse aus den Schlagzeilen der Asbury Park Press in das Spielgeschehen ein. Zog jemand beispielsweise die Rassenunruhen-Karte, so gingen all seine kleinen grünen Häuschen und stattlichen roten Hotels in Flammen auf. Schlecht war auch derjenige dran, der im Zuge einer Razzia verhaftet wurde und Tausende von Dollar für Bußgeld und Anwaltskosten aufbringen musste. Glücklich schätzen konnte sich wiederum der Spieler, der die Middletown-Polizeichef-McCarthy-Karte gezogen hatte, die ihm die Macht verlieh, jederzeit einen beliebigen Spieler zu verhaften und ins Gefängnis zu stecken.
    Aber hier fing der Spaß eigentlich erst an, denn die entscheidenden Spielzüge fanden bei dieser »Halsabschneider«-Spielvariante nicht auf dem Spielbrett statt. Nur wenige Mitspieler waren Bruce’ Überredungskünsten gewachsen, und so gewann er mehr Spiele als irgendjemand sonst. Dabei könnte er seine Vorherrschaft im Monopoly-Universum einer Veranlagung zu verdanken gehabt haben, die John Lyon in einem Gespräch mit dem Time -Redakteur Jay Cocks 1975 auf den Punkt brachte: »[Bruce] hatte keine Skrupel.«
    Doch es war nicht nur das. Bruce bewies bei diesen Spielen immer auch seinen Sinn für schrägen Humor und sein Gespür für Dramatik. Ihm zufolge ähnelte ihre Monopoly-Runde dem Setting einer Komischen Oper, in der überlebensgroße Charaktere und Kämpfe auf Leben und Tod an der Tagesordnung waren. Jeder, dem Bruce bis dahin noch keinen Spitznamen verliehen hatte, war spätestens jetzt fällig. »Hier wurde einen Gruppenidentität erzeugt«, sagt Van Zandt. »Mit einem Mal waren wir ein Rock’n’Roll-Rat-Pack. Es passierte einfach, und ich habe es ganz bewusst unterstützt, weil ich nun mal ein Band-Typ bin. Ein Rat-Pack-Typ eben.«
    Das neue Zusammengehörigkeitsgefühl machte es für alle einfacher, in jeder erdenklichen Konstellation miteinander aufzutreten. Eine Zeit lang schien Bruce überall dabei zu sein: Er war der Star der Jamsessions, die im großen Saal des Upstage auf der zweiten Etage stattfanden, und er beteiligte sich an den Akustikjams in der etwas entspannteren Atmosphäre des Green Mermaid (wobei er meist in Albee Tellones Gruppe Hired Hands mitspielte). Van Zandt und Williams gründeten unterdessen eine Band, die wahlweise unter dem Namen Steve Van Zandt and Friends, Big Bad Bobby Williams Band oder Steve Van Zandt and Big Bad Bobby Williams Band firmierte. Doch wie immer sie sich gerade nannte, Garry Tallent spielte in dieser Formation den Bass, David Sancious saß am Keyboard und der Bluesenthusiast Johnny Lyon spielte die Mundharmonika und sang. Wenn Bruce sich gelegentlich zu ihnen gesellte, spielte er die zweite Gitarre und trug seinen Teil zum Backgroundgesang bei.
    Als Bruce mit seiner Idee von einer neuen Band ernst machte, wechselten allerdings fast alle Musiker aus Williams Band zu ihm über. Im Falle von Van Zandt wundert das kaum, waren die beiden doch schon seit Langem eng befreundet. Aber dann zog es auch Gary Tallent in die Surfbrettfabrik und Sancious folgte ihm quasi auf dem Fuße. Williams blieb niedergeschlagen allein zurück und wunderte sich, was aus seiner Band geworden war. »Er hing in dieser Bar rum und grummelte immer wieder ›Motherfucker‹ vor sich hin«, so Tellone. »Wenn ihn jemand fragte, was er spiele, antwortete er standardmäßig: ›Die zweite Geige!‹« Tatsache war, dass nach Steel Mill alle wussten, welcher von beiden Bandleadern die besten Aussichten hatte, irgendwann zu den ganz Großen zu gehören. Als es also darum ging, neue Musiker anzuheuern, bekam Bruce im Winter 71 genau die, die er haben wollte.
    West suchte per Anzeige in der Asbury Park

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