Bruchlandung
Tatsache, dass Theo Stark als Nachtwächter auf dem neuen Flughafen eingesetzt war, im Augenblick deutlich mehr.«
Er startete den Motor und legte den ersten Gang ein.
»Wie hat Trosser gesagt? Wenn ihr nicht wollt, dass irgendwann hier in der Gegend 100 oder 200 Tote rumliegen, dann macht ihr euch am besten sofort auf den Weg . Die Baustelle in Berlin können wir abhaken, und eine Schnellbahntrasse in Thüringen liegt auch nicht hier bei uns in der Gegend. Also bliebe nur der Flughafen in Calden. Ich traue diesem Windbeutel zwar immer noch nicht für fünf Pfennige über den Weg, aber interessant ist es schon, dass der gute Theo am Airport Nachtschicht gefahren ist.«
»Das sehe ich genauso, aber was sollte da schon groß passieren? Immerhin hat Stark vor knapp einem Jahr aufgehört, dort zu arbeiten.«
»Gute Frage, auf die ich dir leider keine Antwort geben kann.«
Lenz zog den Gurt heran und schob die Lasche in das Schloss.
»Mir ist natürlich sofort ein Raub oder so etwas in den Sinn gekommen, als ich gehört habe, dass er dort eingesetzt war, aber wir sind doch hier nicht in Brüssel oder Antwerpen, wo Edelsteine und sonstiges Geschmeide in die Luft verfrachtet werden. In Calden können die Betreiber doch froh sein, wenn sie ihre Maschinen halbwegs vollkriegen, und die Menschen nicht mit dem Taxi nach Paderborn gekarrt werden müssen, weil es sich nun mal nicht rechnet, eine Boeing 737 mit sechs oder sieben verkauften Tickets loszujagen.«
»Jetzt wirst du aber unseriös, Paul. Immerhin hat Frau Meyer, die Vorturnerin der Betreibergesellschaft, erst letztens in einem Interview erklärt, dass es für das vergangene Geschäftsjahr zwar ein Minus zu vermelden gibt, das aber voll im Rahmen der Erwartungen liegen würde.«
»Ein erwartetes Minus also?«
»Sicher.«
»Feine Gesellschaft.«
»Und was machen wir jetzt? Wäre es nicht sinnvoll, zuerst mal bei dieser Baufirma vorbeizuschauen und mit denen zu sprechen? Vielleicht gab es ja auf der Baustelle irgendwelche Unregelmäßigkeiten, über die wir informiert sein sollten.«
Lenz dachte eine Weile nach.
»Das ist eigentlich keine schlechte Idee, Thilo, aber ich würde lieber zuerst noch einmal bei der Witwe von Theo Stark vorbeifahren. Damals waren die beiden doch noch ein bisschen dicker miteinander, und vielleicht hat sie ja eine Idee, was Trosser gemeint haben könnte.«
»Na, dann machen wir das doch. Nach der Nummer da drin könntest du heute vermutlich auch Fellatio von mir verlangen.«
Lenz drängte sich augenblicklich so weit nach rechts, wie es die Karosse des Kombis zuließ, und riss erschrocken die Augen weit auf.
»Gott bewahre, du Spinner, und jetzt fahr los.«
Auf dem Weg nach Bergshausen sinnierte der Hauptkommissar lange über die Worte von Stefan Trosser. Einerseits wehrte sich alles in ihm, diesem Mann, der am Abend zuvor eine Wohnung und vielleicht sogar ein ganzes Haus anzünden wollte, zu glauben, doch andererseits war er Kripomann genug, um auch in dieser aberwitzigen Behauptung einen Funken Wahrheit erkennen zu wollen. Es war nach den Regeln des gesunden Menschenverstands mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, dass Trosser von irgendetwas Kenntnis hatte, das mehrere, vielleicht sogar wirklich 100 oder 200 Menschen das Leben kosten könnte, und doch wollte er sich nicht damit zufriedengeben, dessen Worte einfach nur als Geschwätz abzutun.
Hain bog von der Hauptstraße in die ruhige Seitenstraße ab, in der das Haus der Starks lag, und nahm langsam den Fuß vom Gas.
»Da«, deutete er auf einen auffälligen, schwarzen Geländewagen mit dunkel getönten Scheiben im Fond und protzig aufgemotztem Äußeren, unter dessen Heckklappe ein Zulassungskennzeichen der Stadt Frankfurt zu erkennen war. »Frau Stark hat offenbar Besuch aus Südhessen.«
»Das steht zu befürchten«, erwiderte Lenz besorgt. »Und es stellt sich die Frage, ob es sich nicht um eher ungebetene Besucher handelt.«
Der Oberkommissar parkte an der gleichen Stelle wie bei ihrem ersten Besuch, stellte den Motor aus und sah nach rechts.
»Gleich mit Verstärkung, oder wollen wir es zunächst allein probieren?«
Sein Boss atmete schwer ein und ebenso schwer wieder aus.
»Ich weiß es nicht, Junge. Wir könnten einen Haufen Ärger kriegen, wenn wir das verkacken.«
»Stimmt. Aber wer sagt uns denn, dass es sich wirklich um ungebetene Gäste handelt? Vielleicht ist es einfach nur der neue Beschäler der Hausherrin, und wir drehen
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