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Bruchlandung

Bruchlandung

Titel: Bruchlandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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rechten Seite des Reifens vorbei und sah, wie der Mann, der ihm ein paar Sekunden zuvor noch seine Waffe an den Kopf gedrückt hatte, zuerst auf die Knie sank und dann in den Schnee fiel. Und er sah, dass dessen Kollege sich langsam und mit der Waffe im Anschlag in Richtung Haus in Bewegung setzte. Sorgfältig auf seine Deckung achtend richtete der Oberkommissar seinen Oberkörper auf, sah vorsichtig durch die Scheiben der hinteren Türen und erkannte, dass der Mann mit der auf das Ende der Backsteinwand zielenden Waffe keine sechs Meter mehr von der Hausecke entfernt war. Wenn sein Chef jetzt den Kopf auch nur ein paar Zentimeter aus der Deckung heraus bewegen würde, würde der Schütze ihn unweigerlich treffen.
    »Er kommt auf dich zu, Paul!«, schrie er deshalb hysterisch. »Er ist nur noch ein paar Meter von dir entfernt!«
    Der Mann mit dem Revolver in der Hand zielte weiterhin auf die Hausecke, seinen Kopf jedoch wandte er für einen Moment nach hinten, wo sein Kumpan in einer seltsam verdrehten Position zuckend am Boden lag. Dann sah er wieder für ein paar Augenblicke nach vorn, dem Lauf der Waffe entlang. Es hatte den Anschein, dass er sich nicht entscheiden konnte, was er tun sollte. Deutlich zu erkennen war auf jeden Fall, dass sein Verhalten sich grundlegend von seiner vorherigen Handlungsweise unterschied. Er wirkte nun keinesfalls mehr sicher und überlegen, sondern eher zögerlich und in gewisser Weise sogar ängstlich. Hain wusste, dass er trotzdem nicht zu unterschätzen und noch immer sehr gefährlich war. Außerdem breitete sich im Kopf des Polizisten immer mehr ein Gefühl der Angst um seinen Kollegen aus.
    Im gleichen Sekundenbruchteil, in dem er versuchte, dieser Emotion etwas entgegenzusetzen, hörte er ein leises Stöhnen. Ein Stöhnen, dessen Verursacherin im Schnee lag und die unbeholfen mit der rechten Hand in der Luft herumstocherte. Der Mann mit dem Revolver hatte ihren bevorstehenden Wiedereintritt ins bewusste Leben offenbar ebenfalls mitbekommen, denn er schwenkte langsam die Waffe und nahm nun die Frau ins Visier.
    »Mach keinen Scheiß«, brüllte Hain. »Mach jetzt bloß keinen Scheiß!«
    Er erkannte, dass sich der Hahn der Waffe etappenweise nach hinten bewegte, auf den Punkt zu, von dem es kein Zurück mehr gab, über den hinweg der Hammer die Patrone traf und aus dem Lauf katapultierte, und fragte sich, ob dieser Irre wirklich die auf dem Boden liegende, wehrlose Frau erschießen würde. Und wenn, ob es etwas gäbe, das er dagegen unternehmen könnte.
    All diese Gedanken wichen einem traurigen Zusammenzucken, als tatsächlich ein Schuss losbrach. Doch nicht die sich ebenfalls erschreckende Frau war getroffen, sondern der auf sie zielende Mann, dessen Finger nun die Kontrolle über die Waffe in seiner Hand verloren und der sich, die freie Hand an die Brust pressend, langsam, fast wie in Zeitlupe, zur Seite neigte.
    An der Mauerecke war für den Oberkommissar zunächst nur die rauchende Waffe seines Chefs zu erkennen.
    »Alles in Ordnung mit dir, Paul?«, rief er hinüber.
    »Ja, alles in Ordnung.«
    Als die großkalibrige Waffe aus der Hand des nun auf den Knien kauernden Mannes in den Schnee fiel, bewegte Lenz sich blitzartig aus seiner Deckung, sprang auf den röchelnden Gangster zu, trat mit einem beherzten Kick den Revolver zur Seite und beugte sich nach unten.
    »Hallo, hören Sie mich?«
    Hain, der ebenfalls, wenn auch etwas vorsichtiger, sein Versteck verlassen hatte, bugsierte die Waffe des anderen ebenfalls aus dessen Reichweite, warf einen Blick auf den im Schnee liegenden Mann und schluckte.
    »Verdammte Scheiße«, murmelte er, während seine linke Hand sich dem Hals des Verletzten näherte und nach einem Puls suchte.
    »Der hier braucht dringend einen Arzt«, rief er Lenz zu.
    »Der hier genauso«, kam es leise zurück.
    Als der junge Polizist sich umdrehte, hatte sein Kollege schon das Telefon in der Hand und wählte. Im gleichen Moment bogen die ersten beiden Streifenwagen in die Straße ein und stoppten neben dem schwarzen SUV.
    »Hände hoch und keine Bewegung!«, schrie der Uniformierte, der, nachdem er die Tür aufgerissen hatte, mit der Pistole in der Hand dahinter Schutz suchte und auf die beiden Kripobeamten zielte.
    »Wir sind Kollegen«, erwiderte Lenz so ruhig es ihm möglich war. »Und nehmen Sie bitte die Waffe runter.«
    »Zeigen Sie mir Ihren Dienstausweis!«
    Hain, dessen Heckler & Koch noch immer etwa zehn Meter entfernt im Schnee lag, griff

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