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Bruchlandung

Bruchlandung

Titel: Bruchlandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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vorsichtig und mit spitzen Fingern in die Innentasche seiner Daunenjacke und hielt die kleine Plastikkarte in die Höhe.
    »Kommen die Krankenwagen?«, wollte er von seinem Chef wissen, ohne sich weiter um die uniformierten Kollegen, die langsam aus ihrer Deckung kamen, zu kümmern.
    »Sind unterwegs«, bestätigte Lenz ein paar Sekunden später und wollte das Telefon zurück in die Jacke schieben, wurde jedoch vom Klingeln des Geräts gebremst.
    »Ja«, meldete er sich schnaufend.
    »Tag, Herr Kollege. Hier ist Jochen Sowa.«
    »Wer ist da?«
    »Jochen Sowa, der Leiter der Mordkommission Jena. Ich rufe an, weil ich bisher gar nichts aus Kassel gehört hab. Gibt’s bei euch was Neues zu den beiden Toten von der Neubaustrecke, oder laufen eure Ermittlungen genauso schleppend wie unsere?«
    Lenz hob den Kopf, betrachtete die Szenerie vor sich und legte dabei die Stirn in Falten.
    »Nee, Kollege, schleppend kann man das nun nicht gerade nennen.«

17
    Erich Zeislinger, der Oberbürgermeister der Stadt Kassel, trat fahrig von einem Bein aufs andere, während er dem Tanzen der Flocken vor dem Fenster seines Dienstzimmers zusah.
    Immerhin hat die Tussi Eier in der Hose , dachte er mit einem weiteren Blick auf seine Armbanduhr. Hat hier anzutanzen, weil nichts von dem, was sie angekündigt hat, läuft, und kommt dann einfach mal eine Viertelstunde zu spät .
    Zwei Minuten später ertönte ein leises Klopfen.
    »Ja«, rief der OB.
    Seine Sekretärin öffnete mit gesenktem Kopf die Tür, stellte sich an der Seite auf und machte eine einladende Handbewegung zu der Frau, die hinter ihr wartete.
    »Bitte, Frau Meyer. Der Herr Oberbürgermeister ist bereit für Sie.«
    »Danke«, erwiderte die stark geschminkte Endvierzigerin mit den pechschwarzen Haaren, drängte sich an der Vorzimmerdame vorbei und ging mit weit ausgebreiteten Armen auf den Ersten Mann der Stadt Kassel zu.
    »Herr Zeislinger!«, rief sie überschwänglich. »Was für eine Freude, Sie zu sehen.«
    Sie presste ihre rechte Wange an seine rechte Wange, wiederholte das Ganze mit der linken Gesichtsseite und umfasste dabei kräftig seinen Rücken.
    »Obwohl, wenn ich mich recht erinnere, sind wir seit der Weihnachtsfeier ja per Du.«
    Zeislinger, dem die Erwähnung dieses Abends mehr als peinlich war, weil er die Geschäftsführerin der Flughafengesellschaft an diesem Abend über alle Maßen, jedoch erfolglos angebaggert hatte, machte sich behutsam von ihr frei.
    »Wirklich?«, flötete er. »Daran kann ich mich gar nicht mehr so genau erinnern.«
    Er trat hinter seinen Schreibtisch, bot seiner Besucherin einen der Stühle davor an und ließ sich in den lederbezogenen Chefsessel fallen.
    »Danke, Frau Reuß, wir brauchen Sie nicht mehr«, beschied er seiner Sekretärin, die immer noch an der Tür wartete.
    »Na ja, macht ja nichts, dass ich mich daran nicht mehr erinnern kann«, wandte er sich wieder Paula Meyer zu, die Platz genommen hatte und ihren deutlich zu kurzen Rock mit ein paar geschickten Bewegungen auf Linie brachte.
    »Immerhin haben wir damit noch einmal die Chance, Brüderschaft zu trinken.«
    »Das heißt, wenn ich Sie richtig verstehe, dass wir wieder beim Sie angekommen sind?«
    »Im Augenblick, meine ich, dass es so besser ist, ja.«
    Der korpulente Mann hinter dem Schreibtisch räusperte sich steif.
    »Immerhin müssen wir, zumindest heute, ein paar wirklich unangenehme Dinge besprechen. Außerordentlich unangenehme Dinge sogar.«
    »Oh je, da kriege ich es ja fast mit der Angst zu tun, Herr Oberbürgermeister«, erwiderte sie förmlich, wobei es deutlich zu spüren war, dass die Zurückweisung bezüglich des Du sie ärgerte.
    »Nein, nein, Angst wäre hier sicher der falsche Ratgeber, Frau Meyer«, unternahm er den Versuch, sie ein wenig zu beschwichtigen, wobei ihm schon seit ein paar Tagen klar war, dass es an der Situation, die sie zu verantworten hatte, nicht das Geringste zu beschwichtigen gab.
    »Aber wir müssen einfach konstatieren, dass der Flughafen Kassel-Calden sich leider ganz und gar nicht so entwickelt, wie wir und vermutlich auch Sie, zumindest, wenn ich Ihren Worten Glauben schenken darf, es uns vorgestellt haben.. Eigentlich«, stellte er sarkastisch fest, »entwickelt sich da draußen überhaupt nichts.«
    »Also nein, Herr Oberbürgermeister, das ist doch nun wirklich übertrieben«, gab Paula Meyer mit anmutigem Lächeln zurück. »Wir sind, das gebe ich unumwunden zu, noch nicht dort, wo wir sein möchten, auch, was die

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