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Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord

Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord

Titel: Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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beraten. Während des frühen Nachmittages widmete sich Cadfael so halbherzig seinen Aufgaben, daß er sogar vergaß, Bruder Oswin im Auge zu behalten, und zu seinem großen Erstaunen stellte er fest, daß sein Gehilfe diesmal nichts verschüttet, zerbrochen oder verbrannt, ja nicht einmal irrtümlich wertvolle Pflanzen ausgerissen hatte. Das mochte natürlich ein gnädiges Walten der Vorsehung sein, die dadurch Verständnis zeigte für Cadfaels anderweitige Sorgen - es konnte jedoch ebensogut ein milder Tadel dafür sein, daß er seinem Schüler zu scharf auf die Finger sah.
    Sein Problem war schnell dargelegt, aber schwer zu lösen.
    Sollte er zu Abt Radulfus gehen und ihm berichten, was er am vorangegangenen Abend gehört und gesehen hatte? Sich aufgrund so dürftiger Beweise in die Angelegenheiten wildfremder Menschen einzumischen war immer eine gefährliche Sache, auch wenn es in bester Absicht geschah.
    Der junge Mann mochte ebensogut ein Glücksritter sein, der aus niederen Beweggründen versucht hatte, Iveta zu überreden, mit ihm durchzubrennen; gewiß war er attraktiv genug, um ihr Herz zu gewinnen. Doch obwohl Cadfael sich jede erdenkliche Mühe gab, alle Beteiligten von allen möglichen Seiten und ohne Vorurteile zu betrachten, gelang es ihm nicht, in den Picards Gefühle von Wärme und Zärtlichkeit für das Mädchen zu entdecken.
    Das Problem löste sich von selbst, als Abt Radulfus während des Nachmittages nach ihm schickte. Leicht verwundert, aber nicht sehr besorgt, machte Cadfael sich auf den Weg, denn er war zu dem Schluß gekommen, daß Lügen, auch wenn sie gut gemeint waren, nicht immer leicht vergeben wurden. Außerdem wäre es unklug, Agnes Picard zu unterschätzen, auch wenn er, abgesehen davon, daß er Öl auf sehr stürmische Wogen gegossen hatte, bis jetzt nichts unternommen hatte, was ihre Kreise hätte stören können.
    »Man hat sich bei mir über Euch beschwert, Bruder Cadfael«, sagte der Abt und sah von seinem Schreibpult auf. Seine Stimme war wie immer kühl, klar und höflich, und auf seinem Gesicht lag eine unergründliche Ruhe. »Nein, Euer Name wurde nicht genannt, aber ich möchte vermuten, daß es sich bei dem Bruder, der gestern abend nach dem Essen noch im Kräutergarten zu tun hatte, um niemand anderen als Euch handeln kann.«
    Cadfael zögerte nicht mit der Antwort. »Ja, ich war dort.« Bei Radulfus war es immer am besten, offen und direkt zu sein.
    »In Gesellschaft von Lady Iveta und jenem jungen Mann, nach dem man jetzt den Wald am Fluß durchsucht? Vielleicht habt Ihr bei dieser gewiß etwas ungewöhnlichen Zusammenkunft gar Pläne geschmiedet?«
    »Weder das eine noch das andere«, erwiderte Cadfael. »Ich überraschte sie in meinem Schuppen - zu meinem wie zu ihrem Bedauern. Und einige Augenblicke später kam Lady Picard hinzu. Daß ich mein Bestes getan habe, eine harte Auseinandersetzung zu verhindern, will ich nicht leugnen. Es zog ein schwerer Sturm herauf. Laßt es mich so sagen: Ich habe ein oder zwei Pfeile abgeschossen, damit die Wolken platzten.«
    »Eine Version«, sagte der Abt gelassen, »habe ich von Sir Godfrid gehört, der sie zweifellos von seiner Gemahlin hatte.
    Jetzt laßt mich Eure hören.«
    Cadfael erzählte ihm alles, an das er sich erinnern konnte, erwähnte jedoch nicht, daß Joscelin gedroht hatte, er werde auch vor einem Mord nicht zurückschrecken. Hitzköpfige junge Männer mochten so etwas sagen, auch wenn ihre Gesichter und ihr Verhalten sie Lügen straften. Als er geendet hatte, runzelte Radulfus die Stirn, sah ihn lange an und dachte nach.
    »Was Euren Umgang mit der Wahrheit betrifft, Bruder Cadfael, so überlasse ich das Eurem Beichtvater. Aber glaubt Ihr tatsächlich, daß dieses Mädchen vor seinen Verwandten Angst hat? Daß sie zu einer Verbindung gezwungen wird, die sie selbst niemals eingehen würde? Ich habe selbst gehört, was der Beschuldigte gesagt hat. Aber er hätte großen Gewinn daraus ziehen können, wenn es ihm gelungen wäre, sie vor dieser Heirat zu entführen, und seine Motive mögen so schändlich sein, wie Gier eben immer ist. Ein schöner Mensch ist nicht unbedingt auch ein guter Mensch. Es kann sehr wohl sein, daß ihr Onkel nur das Beste für sie will, und dann wäre es eine Sünde, das verhindern zu wollen.«
    »Und doch gibt es einen Umstand«, gab Cadfael zu bedenken, »der mich mit Sorge erfüllt: Die junge Frau ist nie allein - immer wird sie von ihrem Onkel und ihrer Tante abgeschirmt. Sie hat kaum

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