Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord
Kollier nie auch nur angerührt!«
»Das habe ich auch nicht einen Augenblick lang geglaubt.
Leise, bleib in Deckung!« Simon trat näher an das Gebüsch heran, damit sie im Flüsterton sprechen konnten. »Ich bin allein, ich habe nach dir gesucht. So durchnäßt, wie du bist, kannst du heute nacht nicht hier draußen bleiben. Ich kann dir dein Pferd nicht bringen, der Stall ist abgesperrt. Und alle Straßen werden überwacht. Du mußt dich noch ein, zwei Tage verstecken, bis sich die ganze Aufregung etwas gelegt hat. Und nach der Hochzeit morgen wird er ohnehin nichts mehr von dir wollen.«
Die Blätter der Büsche bebten, als Joscelin voller Wut und Abscheu auf einen Ast schlug. Morgen war der Tag der Entscheidung. »Aber ich bin mit ihm noch lange nicht fertig«, stieß er mit zusammengebissenen Zähnen hervor. »Gott ist mein Zeuge: Wenn sie sie tatsächlich mit ihm verheiraten, kann ich sie immer noch zur Witwe machen.«
»Sei still, du Dummkopf! Paß auf, was du sagst! Wenn dich nun jemand hört! Ich werde dich nicht verraten, und ich werde dir helfen, wie ich nur kann, aber... Sei still und laß mich nachdenken!«
»Ich komme schon allein zurecht«, sagte Joscelin und kam vorsichtig aus seinem Versteck. Er war schmutzig und durchnäßt, und sein blondes Haar klebte an seinem Kopf. An den Schläfen war es schon getrocknet und stand in störrischen Wirbeln ab. »Du bist ein guter Freund, Simon, aber ich rate dir, wegen mir kein unnötiges Risiko auf dich zu nehmen.«
»Was soll ich denn tun?« Simon klang verzweifelt. »Soll ich etwa einfach warten, bis sie dich fangen? Paß auf: Im Augenblick ist der sicherste Schlupfwinkel, der einzige Ort, an dem sie dich nie vermuten werden, das Grundstück des Bischofs. Natürlich kannst du dich nicht im Haus oder in den Ställen verstecken, aber auch im Garten wärst du völlig sicher.
Alle anderen Scheunen und Schuppen werden sie durchsuchen. Am Ende des Grundstücks, neben der Tür, durch die ich mich hinausgeschlichen habe, steht eine Hütte, in der das Heu von der hinteren Wiese gelagert wird. Dort hättest du es warm und trocken, und ich könnte dir etwas zu essen bringen. Die Tür kann man von innen verriegeln, so daß niemand von außen in den Garten kommen kann. Und irgendwann könnte ich dir dann auch Briar bringen... Was hältst du davon?«
Es war ein guter Plan, und Joscelin war seinem Freund dankbar und zeigte sich sofort einverstanden. Er sagte allerdings nicht, daß es im Augenblick kaum etwas gab, das er weniger brauchte als ein Pferd, denn er hatte nicht die Absieht, irgendwohin zu gehen, bevor es ihm nicht gelungen war, Iveta zu retten. Und wenn sich das als unmöglich erweisen sollte, dann wollte er lieber alle Hoffnung und auch sein Leben verlieren, als sich durch Flucht entziehen.
»Du bist ein echter Freund, und ich werde es dir nicht vergessen. Aber paß auf dich auf - es reicht, wenn einer von uns in Gefahr ist. Hör zu!« Er packte Simon am Arm und schüttelte ihn leicht. »Wenn es sich zum Schlechten wendet und man mich aufstöbert und gefangennimmt, dann weißt du nichts davon. Ich habe mich allein durchgeschlagen, hast du verstanden? Du kannst alles abstreiten - ich werde es dir nicht übel nehmen. Wenn du Essen für mich beiseite geschafft hast, werde ich sagen, daß ich es gestohlen habe und daß du nichts damit zu tun hast. Du wirst nichts auf dich nehmen, hast du gehört? Versprich mir das! Ich müßte mich schämen, wenn ich dich in diese Sache hineinziehen würde.«
»Aber man wird dich nicht finden«, sagte Simon mit Nachdruck.
»Ich weiß, aber du mußt es mir versprechen.«
»Na gut, wenn du darauf bestehst. Dann werde ich dich also schmoren lassen - oder wenigstens nur heimlich versuchen, dir zu helfen. Ich bin, wie die meisten, nicht gerade versessen darauf, meine Haut zu Markte zu tragen. Ich werde schon aufpassen, so oder so. Also komm jetzt, solange noch alles ruhig ist und man mein Fehlen nicht bemerkt hat.«
Da sie keine Umwege machen mußten, war der Rückweg zur Gartenmauer kürzer, und es gab überall Deckung. Ein-oder zweimal begann Simon, der voranging, leise zu pfeifen und Joscelin versteckte sich im Gebüsch. Aber jeder Alarm war schnell wieder vorbei, und die Geräusche, die ihn ausgelöst hatten, stammten von Vögeln oder kleinen Tieren, die im trockenen Unterholz raschelten. Die Tür in der Mauer war offen, wie Simon sie zurückgelassen hatte. Er trat als erster in den Garten, sah sich vorsichtig um und gab
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