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Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord

Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord

Titel: Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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riß sich los und sprang über einen der am Boden liegenden Männer hinweg auf das Brückengeländer. Einer der Männer versuchte, seinen Fuß zu packen, aber Joscelin versetzte ihm einen so kräftigen Fußtritt, daß er zurücktaumelte. Bevor ihn irgend jemand festhalten konnte, sprang er mit einem kühnen Satz in den Fluß und war verschwunden.
    Er hatte mutig und überlegt gehandelt, und Bruder Cadfael, der alles gesehen hatte, konnte ihm dafür nur Bewunderung zollen. Obwohl er keinen Beweis hatte, war er plötzlich davon überzeugt, daß Joscelin Lucy nichts mit dem Verschwinden des Kolliers zu tun gehabt hatte. Wahrscheinlich hatte Agnes ihrem Mann von dem geheimen Treffen im Kräutergarten erzählt, und dieser wiederum hatte den Bräutigam von der Gefahr in Kenntnis gesetzt. Daraufhin hatte Domville den jungen Mann entlassen, und diese Entlassung hatte nur den Zweck gehabt, ihn mit einer falschen Anschuldigung verfolgen zu können, so daß man ihn ins Gefängnis werfen konnte, wo er den sorgfältig ausgearbeiteten Plänen nicht mehr im Weg sein würde. Sie konnten es sich nicht leisten, ihn frei herumlaufen zu lassen. Er mußte verschwinden.
    Und nun war er verschwunden, aber auf seine Weise, durch einen wagemutigen Sprung in den Fluß. Wie Dutzende anderer beugte sich auch Cadfael über das Brückengeländer und hielt atemlos flußabwärts nach dem Flüchtigen Ausschau. Einige von denen, die alles mitangesehen hatten, ergriffen für ihn Partei. Es würden sich immer zahlreiche gesetzestreue Bürger finden, die jeden Gefangenen bejubelten, dem es gelang, aus dem Gewahrsam des Sheriffs zu entkommen.
    Der Sergeant, der für diese Flucht zur Verantwortung gezogen werden würde, stieß einen Wutschrei aus und brüllte seinen Männern Befehle zu. Zwei von ihnen sollten das linke, drei andere das rechte Flußufer hinabreiten, um den Flüchtigen, ganz gleich, wohin er sich wendete, abzufangen. Beide Verfolgungstrupps mußten jedoch einen kleinen Umweg machen, während der reißende Severn, der schneller floß, als sie reiten konnten, den flüchtigen Gefangenen mit sich trug.
    Unter den Bewaffneten, die auf der Brücke geblieben waren, befanden sich zwei Bogenschützen, und auf den Befehl des Sergeant spannten sie eilig ihre Bogen und traten an die Brüstung, wo sie sich unter den Schaulustigen Platz schafften, um ungehindert schießen zu können.
    »Schießt, sobald er auftaucht!« rief der Sergeant.
    »Verwundet ihn, wenn es geht, aber wenn es sein muß, tötet ihn!«
    Es vergingen einige Minuten. Die Reiter hatten das Ufer erreicht und ritten am Fluß entlang, und immer noch war der entflohene Gefangene nicht zu sehen.
    »Er ist ertrunken!« meinte einer, und einige der Frauen, die stehengeblieben waren, stießen einen tiefen Seufzer aus.
    »Ist er nicht!« rief ein Gassenjunge, der mit dem Bauch über dem Brückengeländer hing. »Seht doch, dort! Er kann schwimmen wie ein Otter!«
    Weit flußabwärts war Joscelins hellblonder, nasser Kopf für einen Moment aufgetaucht. Eine kleine Fontäne spritzte auf, als ein Pfeil dicht neben ihm ins Wasser fuhr, aber da war er bereits wieder untergetaucht, und als er wieder zum Vorschein kam, um Luft zu holen, war er schon fast außer Schußweite.
    Ein zweiter Pfeil schlug weit hinter ihm ein, und er hielt sich, für alle sichtbar, in der Mitte des Stromes und ließ sich treiben. Er schien sich im Wasser ebenso gewandt zu bewegen wie an Land. Halbwüchsige Jungen machten aus sicherer Entfernung spöttische Bemerkungen über die Zielsicherheit der Bogenschützen, während der Anblick des hoch aus dem Wasser gereckten Armes, der den Zuschauern auf der Brücke zum Abschied zuwinkte, ein nur halb unterdrücktes Gelächter hervorrief.
    Die Reiter an beiden Ufern waren hoffnungslos zurückgefallen. Zwei ritten auf dem Weg, der am Fuß der Stadtmauer und am Weinberg des Abtes entlangführte, drei galoppierten auf dem Weg bei den Obst-und Gemüsegärten des Klosters, die zwischen dem Fluß und jenen Feldern lagen, die seit alters die ›Gaye‹ hießen. Es bestand keine Aussicht mehr, daß sie Joscelin Lucy einholten - die Reiter waren nicht einmal so schnell wie die Blätter, die in der Mitte des Flusses trieben. Der Severn floß lautlos, aber sehr schnell.
    Alles versuchte nun, noch einmal den Kopf des Flüchtigen auszumachen, der aus dieser Entfernung aussah wie eine Schaumblase über einer Untiefe. Er war jetzt kaum noch zu erkennen, und im nächsten Augenblick war er ganz

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