Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord
vorüber. Die fünf gingen auseinander - Prior Robert wollte vor dem Abendessen ein kurzes Gebet für den Toten sprechen, Kanonikus Eudo ging zum Abt, und die beiden jungen Männer führten ihre erschöpften Pferde zurück zum Haus des Bischofs, um sie trockenzureiben und zu füttern, bevor sie selbst etwas zu sich nahmen und sich ausruhten.
Was Picard betraf, so verabschiedete er sich mit knappen Worten von ihnen und zog sich ins Gästehaus zurück, wo er sich mit Agnes in sein Zimmer begab, um dort unter vier Augen mit ihr zu sprechen. Er hatte ihr etwas Wichtiges mitzuteilen, etwas, das niemand sonst hören sollte.
Bran hatte so lange gebettelt, bis Bruder Mark ihm einige Streifen von dem Pergament abgeschnitten hatte, auf das der Junge mit noch ungelenker Hand seine Buchstaben malen konnte. Mark hatte sich über seinen Eifer gefreut, konnte aber nicht ahnen, daß Bran etwas anderes vorhatte, als Schreiben zu üben. Im Schlafsaal kroch er mit seiner Beute an Joscelins Seite und flüsterte ihm sein Geheimnis ins Ohr. »Du wolltest doch eine Nachricht schicken. Lazarus hat es mir erzählt.
Stimmt es, daß du wirklich Lesen und Schreiben kannst?« Er hatte Ehrfurcht vor jedem, der diese geheimnisvolle Kunst beherrschte. Er kuschelte sich noch dichter an Joscelin und flüsterte so leise, daß kein anderer ihn hören konnte. »Morgen früh, wenn Bruder Mark sich um die Wunden der anderen kümmert, könntest du sein Tintenfaß benutzen. Wenn du die Nachricht aufgeschrieben hast, könnte ich sie überbringen - du brauchst mir nur zu sagen, zu wem ich gehen muß. Auf mich wird niemand achten. Aber das beste Stück Pergament ist nicht sehr groß - es müßte eine kurze Nachricht sein.«
Joscelin zog den Jungen dichter an sich heran und schlug seinen Mantel um den mageren kleinen Körper, um ihn etwas zu wärmen. »Du bist ein sehr brauchbarer Helfer, und wenn ich jemals Ritter werden sollte, dann wirst du mein Knappe sein.
Und dann wirst du Latein und Rechnen lernen und noch viele andere Dinge, die ich nicht kann. Ja, ich kann ganz leidlich schreiben. Wo hast du das Pergament?« Er betastete das schmale, aber ausreichend lange Stück, das der Junge ihm in die Hand drückte. »Das ist groß genug. Mit zwanzig Worten kann man viel sagen. Du bist der schlaueste kleine Bursche, den es je gegeben hat!«
Der Kopf des Jungen, der dank Bruder Marks Salben keine Spur der nässenden Wunden mehr aufwies, die Unterernährung und Schmutz dort hatten entstehen lassen, schmiegte sich an Joscelins Schulter, und er empfand eine liebevolle Zärtlichkeit für den Jungen. »Wenn ich auf den Nebenwegen gehe«, sagte Bran schläfrig, »kann ich bis zur Brücke kommen. Und wenn ich eine Kappe hätte, könnte ich sogar in die Stadt gehen. Du brauchst mir nur zu sagen, wem ich die Botschaft bringen soll...«
»Solltest du nicht bei deiner Mutter sein?« flüsterte Joscelin.
Er wußte, daß die Frau allen Lebenswillen verloren hatte und nur darauf wartete, zu sterben. Selbst ihren Sohn hatte sie dankbar in die Obhut des heiligen Ägidius, des Schutzpatrons der Kranken und Ausgestoßenen, gegeben.
»Nein, sie schläft...« Und ihrem Kind, das jetzt ebenfalls fast schlief, eröffnete sich durch das Lernen und die Freundschaft zu einem anderen eine Welt, der sie bereits Lebewohl gesagt hatte.
»Dann komm - drück dich an mich und schlaf. Ich decke dich mit meinem Mantel zu, dann hast du es wärmer.« Der Junge bettete den Kopf in seine Armbeuge, und Joscelin war erstaunt, wieviel Freude ihm das Vertrauen bereitete, das das Kind ihm entgegenbrachte. Noch lange, nachdem Bran eingeschlafen war, lag er wach und wunderte sich darüber, daß er jetzt, da sein Leben in Gefahr war, so viel Interesse und Energie für anderes übrig hatte. Er zerbrach sich den Kopf darüber, wie er dieses kleine, vernachlässigte Kind vor den Gefahren bewahren könnte, die er selbst durch seine Torheit heraufbeschworen hatte. Ja, er würde schreiben, und er würde versuchen, diese Nachricht Simon zukommen zu lassen - aber nicht durch dieses unschuldige Kind, das in seinem Arm schlief.
Auch Joscelin schlief schließlich ein, und die ganze Nacht hindurch wärmte er seinen kleinen Gast. In einem Winkel des Schlafsaals lag Lazarus und starrte in die Dunkelheit. Er verspürte schon lange kein Bedürfnis nach Schlaf mehr.
8. Kapitel
Vor Morgengrauen erhob Joscelin sich von seinem Lager. Er gab sich große Mühe, Bran, der Arme und Beine von sich gestreckt hatte und
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