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Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord

Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord

Titel: Bruder Cadfael Und Der Hochzeitsmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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zum erstenmal gesehen. Sie war damals ein junges Mädchen, eine Schönheit vom Lande - das muß jetzt zwanzig Jahre oder länger her sein. Ja, länger. Man nannte sie Avice von Thornbury, und es hieß, ihr Vater sei dort Wagner.
    Ich glaube mich zu erinnern, daß sie keine Leibeigenen, sondern freie Leute waren.« Das waren die Handwerker auf den Dörfern meistens, und dennoch durften sie ihre Werkstätten ebensowenig verlassen wie die Leibeigenen das Stück Land, das sie bearbeiteten. »Sehr wahrscheinlich leben ihre Verwandten immer noch dort«, sagte Arnulf. »Ist das weit entfernt? Ich kenne mich in dieser Gegend nicht aus.«
    »Nein«, sagte Cadfael, und sein Gesicht hellte sich auf, »das ist ganz in der Nähe. Ich kenne Thornbury. Dorthin könnte sie zu Fuß gegangen sein.«
    Viele Gedanken gingen ihm im Kopf herum, als er das Haus des Bischofs verließ. Diese verschwundene Dame begann ihn immer mehr zu interessieren. Wenn sie seit mehr als zwanzig Jahren Domvilles feste, geduldige Geliebte gewesen war und sie eine so dauerhafte Beziehung mit ihm verband, daß sie praktisch seine Ehefrau war, dann mußte sie mindestens vierzig Jahre alt sein, einige Jahre älter, als der junge Verwalter des Jagdhauses. Aber zweifellos verfügte sie immer noch über genug Charme, um ihn zu umgarnen, wenn sie wollte. Ja, vielleicht hatten ihn Verlangen und Eifersucht dazu getrieben, den alten, hartherzigen Mann zu beseitigen, der ihr Besitzer war und zwischen ihnen stand. Aber ihr Alter ließ noch andere Schlüsse zu. Eine Frau in mittleren Jahren würde wahrscheinlich jetzt, da Domville tot war, keinen Liebhaber mehr finden, der sie aushielt. Nach dieser Erkenntnis war sie vielleicht auf den Gedanken gekommen, sich bei ihren Verwandten, die kaum eine Meile weit entfernt wohnten, zu verstecken und dort so lange zu bleiben, wie sie es für nötig hielt.
    Aber warum, warum hatte sie ein wertvolles Pferd zurückgelassen? Schließlich gehörte es doch ihr - ihr Liebhaber hatte es ihr geschenkt. Sie hätte ebensogut nach Thornbury reiten können.
    Aber heute war keine Zeit mehr, diese Frage zu klären.
    Cadfael mußte zum Vespergottesdienst im Kloster sein und nachsehen, welche Zerstörungen oder Geniestreiche Bruder Oswin in seiner Abwesenheit gelungen waren.
    Aber morgen würde er sie finden!
    In Saint Giles waren zwei junge Männer damit beschäftigt, mit persönlichen Problemen fertig zu werden. Bruder Mark war inzwischen überzeugt, daß der große Aussätzige, der Lazarus, bis auf die Tatsache, daß seine Hände unversehrt waren, in allem glich, tatsächlich der Mann war, den der Sheriff mit allen verfügbaren Kräften suchte. Infolgedessen sah sich der Mönch einem recht komplizierten moralischen Dilemma gegenüber.
    Er hatte von dem angeblichen Diebstahl des Kolliers gehört, fand diese Geschichte jedoch ebenso fragwürdig wie Bruder Cadfael. Es war schon zu oft vorgekommen, daß man jemandem angeblich gestohlene Wertgegenstände untergeschoben und ihn so in den Ruin oder in den Tod getrieben hatte. Das war eine einfache Methode, sich eines Feindes zu entledigen, und Bruder Mark glaubte nicht an einen Diebstahl. Und nachdem er Huon de Domville gesehen hatte, war er nicht bereit, jemanden der möglicherweise tödlichen Rache dieses Mannes auszuliefern. Dieser Mord aber war etwas anderes. Er konnte sich gut vorstellen, daß ein junger Mann, dem, wenn die Anschuldigungen tatsächlich falsch gewesen sein sollten, Unrecht geschehen war, bereit war, gegen seine Natur bis zum Äußersten zu gehen. Wie sonst sollte ihm Recht werden? Dennoch empfand Bruder Mark Abscheu über diesen Hinterhalt, diesen Mord an einem bewußtlosen und damit hilflosen Mann. Eine solche Rache war durch nichts gerechtfertigt. Bruder Mark kämpfte mit sich um eine Entscheidung. Es gab niemanden, der ihm diese Last hätte abnehmen können. Er war der einzige, der wußte, daß der Gesuchte sich in Saint Giles verbarg.
    Er spielte mit dem Gedanken, den Mann direkt anzusprechen und um sein Vertrauen zu bitten, aber das erforderte eine Ungestörtheit, die unter den in dieser Gemeinschaft gegebenen Umständen nicht möglich war. Erst wenn er von der Schuld des Flüchtigen überzeugt war, würde er ihn ausliefern. Jeder Angeklagte mußte so lange als unschuldig gelten, bis man unumstößliche Beweise gegen ihn vorlegte, und dies galt um so mehr, wenn bereits sehr fragwürdige Beschuldigungen vorgebracht worden waren, die einen falschen Beiklang hatten.
    Wenn sich

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