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Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Titel: Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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ist alles, was dazu zu sagen ist. In Gottes Namen, Mann, was verlangt Ihr von mir?«
    »Fürs erste ist das genug«, sagte Cadfael, »wenn Ihr mich begleiten und ihn Euch ansehen würdet. Denn er ist nicht wie die anderen. Er wurde nicht hingerichtet wie die anderen, seine Hände waren nicht gefesselt wie die der anderen – er ist in keiner Weise mit ihnen zu vergleichen, obwohl irgend jemand damit rechnete, daß wir alle denken würden wie Ihr und daß niemand nachzählen würde. Unter Euren Hingerichteten befindet sich ein Ermordeter, ein Blatt, das jemand in diesem Wald von Leichen versteckt hat. Und wenn Ihr es verwünscht, daß ich ihn gefunden habe, so hat Gott das Verbrechen doch schon lange gesehen. Und wenn Ihr meint, Ihr könntet mich zum Schweigen bringen, glaubt Ihr auch, daß Gott schweigen wird?«
    Prestcote sah ihn durchdringend an. »Ihr meint es ernst«, sagte er nachdenklich. »Aber wie kommt ein Mann dorthin, der auf andere Art zu Tode gekommen ist? Seid Ihr Euch wirklich sicher?«
    »Absolut. Kommt mit und überzeugt Euch selbst! Er lag bei den anderen, weil ein Verbrecher ihn dort hingelegt hat. Er wurde dort versteckt, damit keine Neugier aufkommt und keine Fragen gestellt würden.«
    »Dann hätte der Verbrecher wissen müssen, daß die anderen alle dort liegen würden.«
    »Bei Einbruch der Nacht wußten das die meisten Leute in der Stadt und alle Soldaten des Königs. Und die Tat wurde in der Nacht ausgeführt. Kommt mit und seht selbst!«
    Und Prestcote begleitete ihn und zeigte alle Anzeichen der Bestürzung und der Unruhe. Aber das würde der Schuldige auch tun, und wer hätte besser als er wissen können, was der Mörder wissen mußte, um sich zu schützen? Trotzdem kniete er in jenem zur Verfügung gestellten Raum, der sich mit modrigem Leichengeruch zu füllen begann, mit Cadfael neben der Leiche nieder.
    Es war ein junger Mann. Er trug keine Rüstung, aber natürlich hatte man auch allen übrigen abgenommen, was irgendwie von Wert war. Seine Kleidung deutete jedoch darauf hin, daß er weder ein Lederwams noch einen Brustpanzer getragen hatte.
    Er trug einen leichten, dunklen Umhang und Stiefel, die richtige Kleidung für eine Sommerreise, bei der man nicht zuviel Gepäck mitnehmen wollte. Bei Nacht hielt sie warm, und in der Hitze des Tages konnte er den Umhang abnehmen. Er war nicht älter als fünfundzwanzig Jahre, hatte rotbraunes Haar und ein rundes, hübsches Gesicht, soweit man das beurteilen konnte, denn der Tod hatte es entstellt.
    »Er ist durch Erwürgen gestorben«, sagte Prestcote mit einiger Erleichterung.
    «Das stimmt, aber nicht durch Erhängen. Und nicht mit gefesselten Händen wie die anderen. Seht doch!« Cadfael zog das Leichentuch vom Hals des Jünglings und zeigte auf einen dünnen Einschnitt, der den Kopf vom Körper zu trennen schien.
    »Seht Ihr, wie fein die Schnur war, mit der man ihn ermordete?
    An so dünnen Seilen wird niemand aufgehängt. Der Einschnitt verläuft waagerecht um seinen Hals und ist so dünn wie eine Angelschnur. Und eine Angelschnur könnte es auch gewesen sein. Seht Ihr, daß diese Rille in seinem Fleisch verfärbte, glänzende Ränder hat? Die Schnur muß gewachst gewesen sein, damit sie tief und sauber einschnitt. Und seht Ihr das hier hinten?« Er hob den leblosen Kopf sanft an und zeigte auf eine tiefe Druckstelle neben der Wirbelsäule, in deren Mitte ein schwarzer Fleck zu sehen war. »Das ist die Spur eines hölzernen Griffes – des Griffes, mit dem die Schlinge zugezogen wird, wenn sie sich um den Hals des Opfers gelegt hat. Würger gebrauchen solche gewachsten Schnüre mit einem Holzgriff an jedem Ende – Meuchelmörder und Wegelagerer.
    Wenn man nur etwas Kraft in den Händen hat, ist es ein leichtes, seine Feinde auf die Weise aus dieser Welt zu befördern. Und seht Ihr hier, Herr Prestcote, das getrocknete Blut an seinem Hals, dort, wo die Schlinge eingeschnitten hat?
    Und jetzt seine Hände – auch unter seinen Nägeln ist getrocknetes Blut. Er hat versucht, die Schnur, mit der er getötet wurde, wegzureißen. Seine Hände waren nicht gebunden. Habt Ihr irgendeinem bei den Hinrichtungen nicht die Hände gefesselt?«
    »Nein!« Prestcote war von den Einzelheiten, die Cadfael festgestellt hatte, so fasziniert, daß die Antwort ihm unabsichtlich entschlüpft war. Er richtete seinen Blick über den Körper des jungen Mannes hinweg auf den Mönch, und die Züge seines Gesichtes verhärteten sich feindselig. »Es ist nichts

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