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Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Titel: Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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anderen Gerechtigkeit unterstellt habe.«
    »Ich glaube nicht«, bemerkte Courcelle, »daß es mit mir einmal soweit kommen wird.«
    »Das habe ich damals auch gedacht. Aber jetzt bin ich, was ich bin, und ich möchte nicht mit Euch tauschen. Nun ja, wir alle versuchen, aus unserem Leben das Beste zu machen.« Und das Schlechteste mit dem Leben anderer, wenn es in unserer Macht steht, fügte er in Gedanken hinzu und betrachtete die vielen leblosen Körper, die in dem Raum aufgebahrt waren.
    Hier und da war eine Lücke in den Reihen entstanden. Etwa ein Dutzend der Hingerichteten war von Eltern oder Ehefrauen abgeholt worden. Immer noch traten Leute aus der Stadt zaghaft ein – Frauen, deren Gesichter von den Kopftüchern halb verborgen waren, alte Männer, die schicksalsergeben nach ihren Söhnen suchten. Kein Wunder, daß Courcelle, für den eine Totenwache wie diese wohl auch etwas Neues war, fast genauso unglücklich wie die trauernden Hinterbliebenen aussah.
    Mit gerunzelter Stirn und in düstere Gedanken versunken sah er zu Boden, als Aline an der Seite Hugh Beringars in der Tür erschien. Ihr Gesicht war weiß und angespannt, sie hatte die Augen weit aufgerissen und die Lippen zusammengepreßt und klammerte sich mit einer Hand an den Ärmel ihres Begleiters wie ein Ertrinkender an einen vorbeitreibenden Ast.
    Beringar versuchte nicht, ihre Aufmerksamkeit von dem schrecklichen Anblick, der sich ihnen bot, abzulenken, sondern warf ihr nur hin und wieder einen kurzen, forschenden Seitenblick zu. Es wäre auch ein entscheidender taktischer Fehler gewesen, überlegte Cadfael, ihr jene Art von Schutz anzubieten, die gleichzeitig einen Besitzanspruch darstellt; Aline mochte zwar jung und zart sein, aber sie war auch ein stolzes Mädchen aus einem alten Adelsgeschlecht, und die Kraft, die sie daraus schöpfte, durfte man nicht unterschätzen.
    Wie die anderen Bürger der Stadt, die unter den Toten nach einem Verwandten suchten, war sie in einer Familienangelegenheit hier, und jeder, der versuchte, ihr diese Arbeit abzunehmen, würde es zu bereuen haben.
    Nichtsdestoweniger mochte sie Beringar dankbar sein für seine stille und teilnahmsvolle Begleitung.
    Courcelle sah auf, als die beiden den Raum betraten. Die Nachmittagssonne schien durch die Fenster. »Lieber Gott!« rief er leise aus und stürzte ihnen entgegen, um sie auf der Schwelle aufzuhalten. »Aline! – Mein Fräulein, was habt denn Ihr hier zu suchen? Dies ist ein Ort des Schreckens. Ich muß mich wundern«, sagte er wütend zu Beringar, »daß Ihr sie hierhergebracht habt.«
    »Er hat mich nicht hergebracht«, unterbrach ihn Aline. »Ich habe darauf bestanden. Da er mich nicht davon abbringen konnte, war er so freundlich, mich zu begleiten.«
    »Es war töricht von Euch, diese Buße auf Euch zu nehmen«, sagte Courcelle aufgebracht. »Hier gibt es nichts für Euch zu tun. Keiner von denen, die hier liegen, ist ein Verwandter von Euch.«
    »Ich bete, daß Ihr recht habt«, sagte sie. »Aber ich muß Gewißheit haben! Wie alle diese anderen auch. Und Gewißheit kann ich mir nur auf eine Art verschaffen – das ist für mich nicht schlimmer als für diese. Ihr wißt, daß ich einen Bruder habe – Ihr wart dabei, als ich dem König erzählte...«
    »Aber er kann nicht unter diesen Toten sein. Ihr sagtet, er sei in die Normandie geflohen.«
    »Ich sagte, ich hätte entsprechende Gerüchte gehört – aber wie kann ich sicher sein? Vielleicht ist er in Frankreich, er könnte sich aber auch in dieser Gegend in die Dienste der Kaiserin gestellt haben. Wie kann ich das wissen? Möglicherweise war er hier in Shrewsbury.«
    Zum erstenmal ergriff Beringar das Wort. »In der Proklamation des Sheriffs war die Rede von einem, dessen Name und Herkunft nicht bekannt sind. Offenbar einer, der auf der offiziellen Liste nicht aufgeführt war.«
    »Ihr müßt mich selber sehen lassen«, sagte Aline sanft, aber bestimmt, »sonst werde ich keine Ruhe finden.«
    Trotz aller Sorge und Erregung sah Courcelle keine Möglichkeit, sie daran zu hindern. Wenigstens war die Leiche des Unbekannten gleich neben dem Eingang aufgebahrt. »Er liegt hier«, sagte er und wandte sich der Ecke zu, in der Bruder Cadfael stand. Bei seinem Anblick spielte ein kleines, überraschtes Lächeln um ihren Mund, das jedoch gleich darauf wieder verschwand. »Ich glaube, ich kenne Euch. Ich habe Euch im Kloster gesehen – Ihr seid Bruder Cadfael, der Botaniker.«
    »So ist es«, sagte Cadfael. »Woher Ihr

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