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Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel

Titel: Bruder Cadfael und ein Leichnam zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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lehnte sich an ein Mauerstück zwischen zwei Schießscharten, als wollte er sich gegen einen Angriff verteidigen. Sein Gesicht verzerrte sich.
    »Ihr Bruder! Es gibt keinen Zweifel, ein anderer kann es nicht gewesen sein. Heimlich verließ er in der Nacht die Burg, sprach mit einem Offizier des Königs und kehrte zurück wie er gekommen war. Damit man keinen Verdacht schöpfte! Ach, es macht mich ganz krank!« rief Beringar wütend aus. »Und das alles für nichts! Er war ein Verräter, aber er wurde noch schmählicher verraten. Ihr wißt es noch nicht, Cadfael, Ihr wißt noch nicht alles! Und ausgerechnet ihr Bruder mußte es sein...!«
    »Es ist nicht zu ändern«, erwiderte Cadfael, »er war es. In seiner Todesangst bedauerte er die Wahl, die er getroffen hatte, und lief zu den Belagerern, um sich sein Leben zu erkaufen. Und womit? Mit etwas, das zum Vorteil des Königs sein würde! Am selben Abend hatte man in der Burg beratschlagt, was mit FitzAlans Gold geschehen sollte. Und so hat irgend jemand rechtzeitig von Nicholas Faintrees und Torolds Blunds Auftrag erfahren und wußte, welchen Weg sie nehmen würden. Jemand, der nichts davon verriet, auch nicht dem König, sondern selber handelte, und zu seinem eigenen Gewinn. Sonst hätte es nicht so geendet. Der junge Mann, sagt Osbern, hatte den Befehl erhalten, in die Burg zurückzukehren.
    Er schien erleichtert und beruhigt gewesen zu sein.«
    »Man hatte ihm sein Leben versprochen«, sagte Beringar verbittert. »Und wahrscheinlich auch die Gunst des Königs und einen Platz am Hofe – kein Wunder, daß er erleichtert war. Der wahre Grund, warum man ihn in die Burg zurückschickte, war jedoch der, daß er wie die anderen Soldaten gefangengenommen und getötet werden sollte, damit niemand erfuhr, was er verraten hatte. Ich habe von einem der Flamen erfahren, was bei der Hinrichtung geschah. Nachdem Arnulf von Hesdin gehängt worden war, sagte er, wies Ten Heyt auf einen jungen Mann, der, auf Befehl von oben, als nächster sterben sollte. Und so geschah es. Sie fanden es sehr spaßig, daß er sich nicht wehrte, zweifellos, weil er anfangs glaubte, sie wollten ihn unter einem Vorwand von den anderen Männern trennen. Erst als er sah, daß sie es ernst meinten, schrie er, dies sei ein Irrtum, man habe ihm sein Leben versprochen, und sie sollten sich erkundigen...«
    »Bei Adam Courcelle«, vollendete Bruder Cadfael den Satz.
    »Nein, ein Name wurde nicht genannt. Jedenfalls hat der Flame, der mir das alles erzählte, keinen gehört. Wie kommt Ihr auf Adam Courcelle? Er kam nur einmal, sagt mein Informant, und warf einen kurzen Blick auf die Leichen, die sie schon in den Burggraben geworfen hatten. Da lagen noch nicht viele dort, es war noch früh. Danach ging er in die Stadt und wurde nicht mehr gesehen.«
    »Und der Dolch? Trug Giles ihn noch, als sie ihn hängten?«
    »Ja, denn der Flame, den ich fragte, hatte selber ein Auge darauf geworfen. Aber dann wurde er für eine Weile abgelöst, und als er wieder zurückkam, um sich den Dolch zu holen, hatte ihn schon ein anderer genommen.«
    »Selbst einer, der es auf einen großen Schatz abgesehen hat, wird einen kleinen Gewinn am Rande nicht verachten«, sagte Cadfael traurig.
    Lange sahen sie sich schweigend an. »Aber warum seid Ihr Euch so sicher, daß Courcelle der Täter ist?«
    »Ich habe an das Entsetzen gedacht, das ihn befiel, als Aline kam, um ihren Bruder zu holen, und ihm klar wurde, was er getan hatte«, sagte Cadfael. »›Hätte ich das gewußt, dann hätte ich sein Leben um Euretwillen geschont! Lieber Gott, sei mir gnädig!‹ Das waren seine Worte, aber in Wirklichkeit wollte er sagen: Aline, vergib mir! Obwohl das aus tiefstem Herzen kam, würde ich es nicht Reue nennen. Und er gab ihr den Umhang zurück, wie Ihr Euch erinnert. Ich glaube, er hätte ihr auch den Dolch gegeben, wenn er es gewagt hätte. Aber das konnte er nicht, denn da war er schon beschädigt. Was hat er wohl damit gemacht? Einer, der einem Toten etwas wegnimmt, trennt sich nicht so leicht wieder davon, auch nicht für eine Frau.«
    Beringar hatte immer noch Zweifel. »Wenn Ihr Recht habt, brauchen wir den Dolch als Beweis. Und dennoch, Cadfael, was sollen wir jetzt tun, um Himmels willen? Ich kann, weiß Gott, nichts Gutes daran finden, wenn ein Mann versucht, sich sein Leben zu erkaufen, während seine Gefährten dem Tod ins Auge sehen. Aber weder Ihr noch ich können diese Sache aufklären, wenn dadurch einer unschuldigen und

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