Bruder Cadfaels Buße
Versammlung in Coventry, daß bereits auf beiden Seiten Geleitbriefe ausgestellt worden seien und erläuterte ihm, wie die Erfolgsaussichten seiner Ansicht nach aussahen.
»Gott allein weiß, ob eine der beiden Seiten auch nur einen Fußbreit nachgeben wird. König Stephen ist überglücklich, daß er ehester und dazu Gloucesters eigenen Sohn auf seine Seite hat ziehen können. Die Kaiserin aber weiß, daß sich die Männer, die für sie streiten, der Normandie versichert haben. Das wird einige der Barone auf ihre Seite bringen, die nicht nur hier Ländereien besitzen, sondern auch dort. Ich sehe, wie ein immer größerer Teil der Klügeren zwar nach wie vor Treuebekundungen von sich gibt, zugleich aber so wenig zum Krieg rüstet, wie es irgend möglich ist. Dennoch sollte man unbedingt den Versuch wagen. Roger de Clinton kann sehr überzeugend wirken, wenn es ihm mit etwas ernst ist, und das ist jetzt der Fall. Die Beute, auf die er es in Wahrheit abgesehen hat, ist der Atabeg Zenghi von Mossul, und sein eigentliches Ziel die Rückeroberung von Edessa. Wer weiß - sicherlich wird auch Heinrich von Winchester sein Gewicht in die Waagschale werfen. Ich habe dem Abt die Lage genau erklärt«, sagte Hugh und fuhr zweifelnd fort, »bin aber nicht sicher, ob die Bischöfe die Klöster hinzuziehen werden. Am liebsten behalten sie die Zügel selbst in der Hand.«
»Und inwiefern betrifft diese Angelegenheit mich, wie wünschenswert oder ungewiß auch immer all das sein mag?« wollte Cadfael wissen.
»Warte, noch habe ich nicht alles gesagt.« Hugh bemühte sich, seine Worte sorgfältig abzuwägen, denn Mitteilungen dieser Art treffen den Empfänger an einer empfindlichen Stelle. Besorgt sah er Cadfael an, während er fragte: »Erinnerst du dich, was im Sommer in Robert von Gloucesters neu erbauter Burg Faringdon geschah?
Als sich der Burgherr, Gloucesters jüngerer Sohn, auf König Stephens Seite schlug und ihm alles übergab?«
»Durchaus«, sagte Cadfael. »Den Kriegern blieb nichts anderes übrig, als mit ihm die Seite zu wechseln, da ihre Hauptleute die Übergabe unterzeichnet hatten. Dann hat sich Cricklade bis zum letzten Mann zusammen mit Philip dieser Entscheidung angeschlossen.«
»Aber viele der Ritter in Faringdon, die von dem Verrat nichts wissen wollten, wurden überwältigt und entwaffnet«, sagte Hugh gemessen. »Stephen hat sie einigen seiner alten und neuen Verbündeten ausgeliefert, wobei die neuen den fettesten Anteil bekommen haben dürften, damit sie nicht vergessen, auf wessen Seite sie stehen. Leicester hat mit Hilfe nahe Oxford und Malmesbury postierter Mittelsmänner in Erfahrung gebracht, wer die Gefangenen sind und wem man sie übergeben hat. Einige sind rasch freigekauft worden, bei anderen wartet man noch auf ein hinreichend hohes Gebot, um sie mit Profit loszuschlagen. Aber neben dem Namen eines Mannes, von dem man weiß, daß er sich ebenfalls in der Burg befunden hat, steht nicht verzeichnet, wem er übergeben wurde. Niemand hat seit dem Fall Faringdons etwas von ihm gehört oder gesehen. Ich bezweifle, daß er Robert Bossu mehr bedeutet als die anderen, aber mir ist er sehr wichtig.« Aufmerksam hörte Cadfael dem Freund zu; der gemessene Klang seiner Stimme wirkte auf ihn alles andere als beruhigend. »Und auch dir sagt er etwas.«
»Man verlangt kein Lösegeld«, sagte Cadfael ebenfalls mit gemessener Stimme. »Und niemand weiß, wo er sich aufhält. Das klingt nach mehr als gewöhnlicher Feindseligkeit. In diesem Fall wird der Preis sehr hoch sein, vorausgesetzt, man verlangt überhaupt einen.«
»Leicesters Mittelsmann hat mir versichert«, sagte Hugh, und es klang bedauernd, »daß Laurence d'Angers, der bereit ist, den verlangten Preis zu zahlen, überall ergebnislos nach diesem Mann gefragt hat. Seinen Namen müßte der Graf kennen, wenn er schon die Namen der jungen Männer seines Gefolges nicht kennt. Ich bedaure, dir eine solche Nachricht überbringen zu müssen. Olivier de Bretagne war in Faringdon und sitzt jetzt gefangen, Gott allein weiß, wo.«
Beide schwiegen lange, um Atem zu schöpfen, ihre Gedanken zu sammeln und über die unmittelbaren Folgen nachzudenken, die beiden Sorge bereiteten. Schließlich sagte Cadfael schlicht: »Er ist jung wie alle anderen und kennt die Gefahren. Er tritt ihnen mit offenem Blick entgegen. Was liegt an diesem einen mehr als an den übrigen?«
»Aber ich vermute, daß sich diese Gefahr nicht vorhersehen ließ. Gloucesters Sohn hat sich
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